Vorbereiten, Kochen, Essen, Trinken und Backen – so lauten die fünf„Momente“, die der Marke WMF zukünftig Struktur verleihen und dem Kunden Orientierung bieten sollen. War WMF nach Erarbeitung des letzten Konzepts im Jahre 2003 nach Kategorien wie „Messer“, „Töpfe“etc. aufgestellt, setzt das neue Konzept mit der „Momente-Struktur“ den Kunden in den Mittelpunkt. Auch das überarbeitete Ladendesign orientiert sich an den „Momenten“ und greift damit den typischen Ablaufvon der Zubereitung einer Mahlzeit bis hin zum Verzehr auf. Auf diese Weise will sich das Label der Lebenswelt der Kunden annähern bzw. sie adaptieren.
Um zugleich eine emotionale Präsentation der Waren zu ermöglichen, werden die einzelnen „Momente“ im Store um Flächen ergänzt,die den Konsumenten zum Ausprobieren der Waren einladen. Zu den Highlights des im September und Oktober 2015 neu gestalteten und im Mai 2016 nochmals optimierten Stores in der Schildergasse in Köln zählt zum Beispiel eine Schneide-Insel, an der Kunden Küchenhelfer und Messer testen können. Im Bereich „Zubereiten“ gibt es eine kleine Küche, in der Mitarbeiter vor den Augen der Kunden Gerichte herstellen. Auf diese Weise führen sie gleichzeitig die WMF-Produkte vor. Eine „gedeckte Tafel“ im Eingangsbereich macht auf das firmeneigene Besteck-Sortiment aufmerksam und soll als Impulsgeber für diese Warengruppe fungieren, die aufgrund der schlauchförmigen Ladenfläche in Köln erst im hinteren Bereich gezeigt wird. Wie viele Präsentationsflächen in einem WMF-Store vorhanden sind, richtet sich nach der Größe der Verkaufsfläche.
Der Hersteller von Haushaltsgeräten mit Hauptsitz in Geislingen an der Steige in Baden-Württemberg unterscheidet zwischen S-, M-, L- und XL-Filialen. Je größer die Filialen sind, desto mehr Präsentationsflächen können realisiert werden, um die Produkte erlebbar zu machen. Fester Bestandteil aller Filialen ist eine Küche, deren Größe sich wiederum an der Verkaufsfläche orientiert. M-Filialen, die in neuem Ladendesign realisiert wurden, enthalten zudem eine Schneide-Insel und eine gedeckteTafel. In L- und XL-Filialen sollen Erlebniszonen im Backbereich oder eine Bar im Bereich „Trinken“ weitere Inspirationen bieten.
Plankäufer und Impulskäufer ansprechen
Die Abfolge der „Momente“ und Sortimente orientiert sich am Grundriss einer Verkaufsfläche. Schnell drehende Warengruppen bzw. „Momente“ werden in typischen WMF-Filialen im Eingangsbereich positioniert, zum Beispiel der Moment „Kochen“. Ausgangspunkt der neuen strategischen Ausrichtung und folglich der Ladengestaltung war u.a. eine Kundenanalyse. Diese ergab, dass WMF zu fast gleichen Teilen Käufer anzieht, die geplant oder impulsiv einkaufen. „Unsere Kunden sind zu 55 Prozent Plankäufer, die mit einem bestimmten Kaufziel in unsere Filialen kommen, und 45 Prozent sind Spontankäufer“, erläutert Jutta Meyer, Vice President Merchandising & Sales Innovation bei WMF.
WMF Group
Filialen D-A-CH:: 170 (Deutschland 148, Österreich 17, Schweiz 5), 1 Filiale in Bulgarien
Outlet-Center D-A-CH:: 25, 3 weitere in Bulgarien, Frankreich, Niederlande
Shop-in-Shops:: rund 2.500 weltweit (1.400 in Deutschland)
Adresse Filiale Köln:: Schildergasse 106, 50667 Köln
Vkf:: 360 qm
Umbau:: September/Oktober 2015, Aktualisierung: Mai 2016
Ladenplanung:: The Store Designers
Ladenbau:: Tenbrink
Beleuchtung:: u.a. Lecar, DWD
Bodenbelag:: Forbo Flooring
Ziel war es, mit der neuen Ladenstruktur beiden Kundengruppen gerecht zu werden: Der so genannte Fachmarkt umfasst die beratungsintensiven Bereiche, in denen Produkte erklärt und ausprobiert werden können. Diese befinden sich primär an den Rückwänden und richten sich an Kunden, die geplante Käufe vorsehen. Im Mittelbereich eines WMF-Stores ist der als „Boulevard“ benannte Bereich angesiedelt, der Spontankäufer ansprechen soll. Der „Boulevard“ zeichnet sich durch Promotionaufbauten aus, die im 6-wöchigen Wechsel saisonale Themen bespielen und inszeniert Artikel, deren Fokus auf Konsumenten mit Preis-Interessen liegt.
Wärme und Gemütlichkeit
Allen WMF-Filialen gemein ist ein standardisierter Ladenbau. Für eine bessere Energieeffizienz sorgt die vollständige Umstellung auf LED-Beleuchtung. Das in den früheren Geschäften dominierende Material Glas wird im neuen Konzept durch Eichenholz ersetzt. „Wir haben den Glas-Anteil in den WMF-Stores durchgängig reduziert, um über den Einsatz von Holz mehr Wärme und Gemütlichkeit in das Konzept zu bringen. Die Kombination mit Schwarz für die Blenden und Sockel der Warenträger sowie die Metallteile setzen Akzente“, sagt Matthias Dudium, Head of Architecture & Shopdesign bei WMF. Anstelle eines grauen Bodens mit kühler Wirkung kommt Eichenboden zum Einsatz. Der globale Rollout setzt auf eine einheitliche Material- und Formensprache, auch bei der Farbwahl. „Mit dem neuen ‚Modern Classic‘-Stil, der in Zukunft noch stärker mit ‚Industrial‘-Elementen versetzt werden wird, möchte WMFals Premium-Marke im Handel auftreten“, so Meyer.
Eine Rückbesinnung auf den Qualitätsanspruch der Marke bringt die Herausforderung mit sich, eine neue Zielgruppe aktivieren zu müssen. „In der Vergangenheit hat WMF Spontankäufe fast ausschließlich über Preisaktionen motiviert. Mit dem neuen Storedesign und dem neuen Visual Merchandising wollen wir Impulse verstärkt über kulinarische Themen und Markenerlebnis, durchmischt mit attraktiven Preisen setzen. Das bedeutet, dass wir neue Kundengruppen verstärkt akquirieren wollen“, sagt Meyer. Saisonal wechselnde Themen in der Schaufenstergestaltung sollen Frequenz in die Stores bringen. Wichtig sei dabei, durch die Schaufenster ausreichend Einblicke in den Store zu gewähren, um einladend zu wirken.
Auch digitale Services werden in den WMF-Filialen angeboten. Der Einsatz erfolgt jedoch standortbezogen. In großen Städten haben asiatische Touristen – die einen großen Anteil am Gesamtumsatz des WMF-Geschäfts haben – die Möglichkeit, ihre Ware über iPads in der Filiale zusammenzustellen. Die Zollabwicklung und der Versand zum Beispiel nach China erfolgen über das firmeneigene Lager. In München, Hamburg und Stuttgart agieren Mitarbeiter mit iPads, um potenziellen Kunden Artikel anzuzeigen, die nicht in der Filiale verfügbar sind und online bestellt werden können. Click & Collect steht den Konsumenten ebenfalls als Service zur Verfügung.
Aktuell forciert die WMF Group den Rollout des neuen Konzepts. Ende Juni waren 36 Filialen umgebaut, bis Ende dieses Jahres werden insgesamt 51 Filialen in der Region D-A-CH finalisiert. Für 2017 sind weitere 20 bis 25 Um- oder Neubauten geplant sowie der Umbau von ca.300 Shop-in-Shop-Filialen. Zudem plant der Haushaltsgeräte-Hersteller, für verschiedene Flaggschiffe „Experience-Stores“ mit einer Größe von 600-700 qm zu realisieren.
Fotos (4): WMF
Kontakt: sieweke@ehi.org