Die Quereinsteigerin Laura Koerver ist Shooting Star und Role Model einer neuen Generation Gastronomen, die mit alternativen Herangehensweisen die hiesige Food- und Gastro-Branche reformieren. Ihr Restaurant „Laura’s Deli“ in Düsseldorf ist Paradebeispiel für eine moderne, lifestyle-orientierte Version der Außer-Haus-Nahrungsaufnahme, deren Charakter augenscheinlich Einfluss auf die gesamte Gastro-Branche hat. Ob Startups und Pioniere wie Koerver dabei die Wegbereiter der neuen Food-Trends sind oder diejenigen, die die in der Luft liegenden Strömungen zum richtigen Zeitpunkt einfangen und umsetzen, ist dabei nicht so sehr von Belang. Fest steht, dass sich die Gastronomie in Deutschland ähnlich wie der Einzelhandel in einem Transformationsprozess befindet. Anders als im Einzelhandel allerdings steigen die Ausgaben der Konsumenten für gastronomische Angebote bedeutend, und das Bewusstsein für Qualität und Nachhaltigkeit wächst messbar.
Feelgood-Food
Laura’s Deli bietet „Urban Natural Food & Drinks“. Koervers Anliegen war, das Image gesunder Ernährung im Kontext eines urbanen Lebensstils darzustellen, in dem sie international längst rangiert – visuell und inhaltlich. Die Speisekarte ihres Feelgood-Foods enthält Salate und Gemüse in Zubereitungen mit Teryaki-Sauce, Sesamdressing und Chilli-Flakes, darunter auch glutenfreie Low-Carb-Pasta, Superfoods, Chia-Saaten und Matcha-Powder, Wildkräuter und Sprossen. Fleisch kommt dosiert und nur in Bio-Qualität auf die Karte. Alles gibt’s bei ihr auch als To-Go-Variante.
„Gesunde Ernährung hatte in Deutschland immer mit Verzicht zu tun. Ich will gesunde Ernährung sexy machen“, meinte die früher in der Modebranche tätige Gastronomin auf dem internationalen Foodservice-Forum im Vorfeld der Gastro-Fachmesse Internorga in Hamburg, wo sie Anfang März ihr Konzept präsentierte. Geschmack, Ambiente, Genuss und Glaubwürdigkeit stehen im 55 qm kleinen Gastraum mit seinen 25 Sitzplätzen von Laura’s Deli im Vordergrund. Koervers Kennzahlen, 180 Personen täglich mit einem Durchschnittsbon von 18 Euro, erzeugen bei manchem gestandenen Gastronom Bewunderung. Sie zeigen: Mit Lifestyle-Konzepten geht noch etwas. Das zeigten aber auch die Bilanzen das Vorjahrs, die auf dem großen Branchentreff gezogen wurden: Das Jahr 2015 war für die Gastronomie ein gutes. Der Umsatz der Gastronomie in allen Betriebsformen konnte laut der unterschiedlichen Statistiken um über 4 Prozent zulegen, die Handelsgastronomie sogar um knapp 6 Prozent. Die Ausgaben des Außer-Haus-Konsums wuchsen in Deutschland um 3,4 Prozent laut Crestonline Deutschland, „npdgroup“. Damit verzeichnet er hierzulande das größte Wachstum vor Großbritannien, Spanien und anderen Märkten. Fürs angelaufene Jahr wird ein erneutes Plus von 3 Prozent prognostiziert. Die bewusste Entscheidung für Höherpreisiges ist nicht von der Hand zu weisen.
Nischenstars
Ehemalige Nischenstars im Food-Sektor haben Mainstream-Charakter angenommen, allen voran „Frei von“-Produkte und die sogenannten Superfoods. Das Aufreger-Wörtchen ‚vegan‘ etablierte sich in Markt und Verbraucher-Gedächtnis. Ikea bringt inzwischen seine Fleischbällchen in vegetarischer Variante. Und auch die Entscheidungsträger von Großküchen – Betriebsrestaurants, Mensen, Kantinen etc. – stellen eine anhaltend starke Nachfrage nach vegetarischen und veganen Gerichten fest. Vermehrt kommen auch dort regionale und saisonale Zutaten zum Einsatz.
Typische Trendprodukte im Außer-Haus-Verzehr sind Gourmet-Burger, Premium-Fleisch, heiße Bakery-Snacks, vegetarische Rezepturen und in Metropolen nach wie vor Sushi. Die Transformation im Food-Markt macht Bilderbuch-Karrieren möglich: Die expandierende Restaurant-Kette „Hans im Glück“, die Burger- und Cocktail-Genuss im Märchenwald-Ambiente präsentiert, ist in der Umsatz-Rangliste der Fullservice-System-Restaurants binnen eines Jahres von Platz 31 auf Platz 5 hochgeschossen. Auch die Craft-Biere, deren Macher und Anhänger immer mehr zu einer international vernetzten Bewegung heranwachsen, ernten nach wie vor größte Aufmerksamkeit. Und, die Konstante in vielen Betriebsformen in der Gastronomie, ist „alles, was den Namen Pizza trägt“, weiß die Food-Expertin Gretel Weiß.
Die großen Quickservice-Ketten arbeiten massiv daran, ihr Junk-Food-Image loszuwerden und positionieren sich teilweise komplett neu, immer mit Zeitgeist-Appeal. Das neue Flagship von McDonalds, das im vergangenen Jahr als digitalisierte, durchgestylte Gastro-Fläche am Frankfurter Flughafen eröffnete, erinnert an keiner Stelle an die alten McD-Filialen.
Die plakativsten Aufsteiger sind Food Trucks und Streetfood-Festivals, bei denen neben dem Essen die soziale Bedeutung eine große Rolle spielt. Zu den besonderen Eröffnungen im Gastro-Bereich zählten im letzten Jahr der Start des italienischen Feinkost-Konzepts Eataly in München und die Eröffnung des ECE-Shopping-Centers mit 19 Gastro-Einheiten. In diesem Jahr ziehen Starbucks-Filialen bei Rewe ein. Rewe seinerseits will sein To-Go-Konzept bei bis zu 1.000 Aral-Tankstellen ausrollen. Und auch Laura Koerver betreibt in ihrem Deli inzwischen zusätzlich einen kleinen Handel mit ihren unverarbeiteten Produkten. Das zeigt: Hybride Konzepte aus Einzelhandel und kulinarischen Angeboten, also Food, Shopping und soziale Komponenten, bedingen sich immer mehr. „Der Foodservice soll die emotionale Bindung zum Kunden absichern“, sagt Gretel Weiß. Und in den sieben gastronomischen Trend-Thesen des Gottlieb-Duttweiler-Instituts heißt es: „Die Grenzen zwischen Retail und Gastronomie sowie zwischen On- und Offline verschwimmen.“ Weiß ergänzt: „Und in der Übergangszone zwischen Einzelhandel und Gastronomie befinden sich viele Millionen….“
Fotos (6): Katrin Neuhauser / Internorga (1), Laura’s Deli (1), Nicolas Maack / Internorga (2) und Michael Zapf / Internorga (2)
Weitere Informationen: www.internorga.com
ECE-Studie: Gastro ist Place-to-be
Bereits 40 Prozent der Besucher suchen ein Shopping-Center heute primär aufgrund des vorhandenen Gastronomie-Angebots aus. 60 Prozent der Befragten nutzen die gastronomischen Angebote im Center fast bei jedem Besuch. Das ergab eine aktuelle Studie der ECE zur Gastronomie in Shopping-Centern. Die Ergebnisse belegen, dass die in den Einzelhandel eingebettete Gastronomie zu einem wesentlichen differenzierenden Merkmal gegenüber dem Online-Handel geworden ist. Zu den beliebtesten Angeboten der Kunden gehören Kaffeespezialitäten mit 44 Prozent der Nennungen auf dem ersten Platz, gefolgt von asiatischen Gerichten mit 37 Prozent. Danach kommen Fast Food mit 35 Prozent, Sandwiches mit 27 Prozent und die italienische Küche mit 26 Prozent. Die Zahl der Gastronomienutzer hat sich in den Shopping-Centern der ECE zwischen den Jahren 2004 und 2014 verdoppelt. Der Anteil der Gastronomieflächen ist um ca. 5 Prozent auf bis zu 10 bis 12 Prozent in kürzlich eröffneten Centern geklettert. Seit 2010 ist die Gesamtfläche der Gastronomie in deutschen ECE-Centern um 38 Prozent gestiegen.
Weitere Informationen: www.ece.de