
Der „LaufScheck“ bei Sport Scheck in München ist mit zahlreichen digitalen Anwendungen ausgestattet. (Foto: Netvico)
Die Studie „Shopping Environments 3.0“ des Media Economics Institut, Köln, liefert ähnliche Resultate und gibt folgende Handlungsempfehlungen: „Das Smartphone des Konsumenten darf nicht als Schnittstelle zu Konkurrenzanbietern, sondern sollte von Handelsunternehmen als wichtiges Instrument zur Kundenbindung verstanden werden.“ Konsumenten können auf diesem Weg mit Mobile Apps angesprochen werden, oder man kann das stationär zur Verfügung gestellte Internet mit einer eigenen App des Handelsunternehmens koppeln und mit Features wie Indoor-Maps, täglichen Angeboten oder Mobile Coupons ausstatten. Bei der Textilkette Urban Outfitters in New York gibt es inzwischen Akku-Ladestationen. Diese sind gesichert, sodass die Kunden in der Zwischenzeit im Store bummeln gehen können.
Die Plätze drei und vier des Verbraucherinteresses belegen in der ECC-Studie Aspekte der Verknüpfung von On- und Offline. Die Bestellung von Ware bei Nicht-Verfügbarkeit soll möglich sein, ebenso die Abholung von Online-Bestellungen im Geschäft. Das macht Sinn, können die Produkte bei Nichtgefallen oder Nichtpassen direkt im Store zurückgegeben werden. Die Elektronikkette Saturn gibt an, dass rd. 40 Prozent der Kunden ihre online bestellten Teile in einer Filiale in ihrer Nähe abholen. Was für das Unternehmen natürlich die Chance weiterer Käufe vor Ort bedeutet. Beim Modefilialisten Ernsting’s Family, so war kürzlich in einem Branchenmagazin zu lesen, geht bei fast jeder zweiten Abholung einer online bestellten Ware noch ein weiterer Artikel über den Ladentisch.
Virtuelle Anproben oder digitale Shopping-Walls, jene Elemente, die medial hohe Aufmerksamkeit erhalten, stehen in der ECC-Verbraucher-Studie an hinterer Stelle. Unabhängig von Geschlecht oder Einkommensgruppen beurteilen die Befragten in der Erhebung die digitalen Services im Grunde ähnlich. Jüngere Menschen stehen dem Thema aufgeschlossener gegenüber als ältere, was nicht überrascht.
Was bewegt zum Betreten eines Geschäfts? Laut der Studie „Shopping Environments 3.0“ ist die Gestaltung des Schaufensters nach wie vor der wichtigste Faktor. Das Osnabrücker Modehaus Lengermann + Trieschmann setzte im Frühjahr in allen Fenstern Augmented Reality-Anwendungen ein. Bei Redaktionsschluss hatten sich 1.522 Interessenten die App des Modehauses heruntergeladen, um nach dem Fotografieren der jeweiligen Fenster darauf abgestimmte Animationsfilme auf dem Smartphone oder Tablet abzurufen. Am Ende der Spots wurde mitgeteilt, auf welcher Etage die gezeigten Produkte zu finden sind. „Wir waren mit der Resonanz auf die Aktion sehr zufrieden“, resümiert Visual-Merchandising-Leiterin Nicole Werner.
Interaktion ist entscheidend
„Nur wenn Interaktion stattfindet, kann ich den Kunden faszinieren, ihn binden. Nur dann können digitale Maßnahmen verkaufsfördernd sein“, sagt Aline Käfer, Senior Visual Merchandiser der Stuttgarter Agentur Liganova. Christopher Colshorn, Geschäftsführung von Netvico, Anbieter digitaler Kommunikation aus Stuttgart, verweist zudem auf die Vorteile des Bewegtbildes. Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge gelinge dem menschlichen Auge das Erkennen und Sehen eines statischen Bildes nur mithilfe eines „Tricks“. Tiere empfangen wahrscheinlich visuelle Reize überhaupt nur in Form von Bewegungen und sind statischen Objekten gegenüber mehr oder weniger blind. Colshorn: „Digitale Medien erregen daher grundsätzlich durch das Bewegtbild Aufmerksamkeit. Und wir stehen erst am Anfang einer Entwicklung, die zu einer immer individuelleren Vermittlung von Bewegtbild führen wird.“
Liganova hält Installationen mit einer Kombination aus digitalen und analogen Komponenten für besonders spannend. Sandy Heinzmann von Online Software gibt den Hinweis: „Soll eine digitale Lösung die Menschen in den Laden ziehen, dann sollten große Bildschirme im Eingangsbereich und im Schaufenster eingesetzt werden, die aktuelle Angebote, Neuheiten und besondere Services emotional und unterhaltsam vermitteln – beispielsweise in Form einer Modenschau.“ Der Online-Verfügbarkeits-Check zeigt, dass es wichtig sein kann, auch im Netz Impulse zu setzen, um Konsumenten in die Stores zu locken.
Günter Nowodworski, Agentur Now, macht mit seinen Handelskunden gute Erfahrungen mit E-Communication, vor allem über Facebook. Wichtig sei, dabei auf Benefits und Dialog zu setzen: „Werbung wünscht keiner.“ Nowodworski legt Aktionen so an, dass Reaktionen sehr naheliegend sind. Bei Gewinnspielen beispielsweise müssen die Teilnehmer ins Kommentarfeld bei Facebook schreiben. „Dann sehen es auch die Freunde.“ Online ausgelobte Give-aways oder angekündigte Events sollen direkt in die Stores führen. Aline Käfer von Liganova meint: „Frequenz und Bekanntheit im Netz stehen zunehmend mit der Frequenz im Store im Zusammenhang.“
Fotos: Liganova (2), Netvico (1)