Die Innenstadt - Wie der Einzelhandel lebendig bleibt in der Krise | stores+shops

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Das Endstück der Kölner Schildergasse in Richtung Hohe Straße. Beide Straßen gelten als beliebte Einkaufsstraßen
Foto: EdNurg/stock.adobe.com

Die Innenstadt – Wie der Einzelhandel lebendig bleibt in der Krise

Die deutschen Innenstädte kämpfen gegen Leerstände und Gesichtslosigkeit. Wenn alle Akteure an einem Strang ziehen, können die Zentren attraktive Orte bleiben.

Spätestens seit der Coronapandemie stehen die deutschen Innenstädte unter hohem Druck. Energiekrise und Inflation stellen die Zentren und den Einzelhandel vor weitere Herausforderungen. Wie sehr die Innenstädte an Attraktivität eingebüßt haben, zeigte der „cima.monitor – Deutschlandstudie Innenstadt 2022“. Der repräsentativen Umfrage zufolge besuchen 20 Prozent der Deutschen die Innenstädte weniger oder gar nicht mehr.

Gerade Mittelstädte trifft es besonders: 18 Prozent der Befragten gaben an, dass sie künftig „eher mehr online einkaufen werden“. Dennoch bleibt der Einzelhandel der wichtigste Indikator für die Attraktivität. Für 56 Prozent der Menschen ist der Handel der Grund für einen Besuch. Gastronomie und Grünflächen machen lediglich für 17 Prozent den Kern der Attraktivität aus.

Populäre Shopping-Destination Köln

Populäre Shopping-Destination Köln
Foto: P e t e r H e r r m a n n / U n s p l a s h

Storytelling

Nach Schätzungen zahlreicher Kommunen wird sich der Leerstand in den Innenstädten bei 14 bis 15 Prozent einpendeln. Vor Corona lag er bei circa zehn Prozent. Der Handelsverband Deutschland prognostiziert, dass deutschlandweit bis zu 120.000 Geschäfte verschwinden. Dieser Krise lässt sich aus Sicht von Ariane Breuer nur begegnen, wenn die Akteure in den Städten an einem Strang ziehen. „Alle müssen frühzeitig in einen Dialog treten“, sagt die Einzelhandelsexpertin. Sie ist Geschäftsführerin der Leerstandslotsen. Darüber hinaus war sie 2020 Mitgründerin der Initiative „Die Stadtretter“ – ein Netzwerk, das sich der Rettung der Innenstädte verschrieben hat.

Das klassische Vermietungsgeschäft ist kein Selbstläufer mehr.

Stefan Postert

Planungsagentur „Stadt + Handel"

Eine Herausforderung liegt für Breuer darin, dass Interessen oft voneinander abweichen. Der Eigentümer einer Immobilie will im Fall von Leerstand schnell neu vermieten und eine hohe Miete durchsetzen. Die Städte wollen, dass die Zentren lebendig und attraktiv bleiben. Mieter, die bereit sind, das Maximum zu zahlen, tragen allerdings nicht immer zu einem attraktiven Mix bei.

Weitsicht ist gefragt: „Ein Trading-Down senkt das Mietniveau dauerhaft. Alle Beteiligten müssen sich fragen, was ist gut für die Entwicklung des gesamten Quartiers.“ Es reiche nicht, nur eine Fläche anzubieten. „Die ganze Innenstadt muss man mit einer gemeinsamen Story vermarkten“, sagt sie. Bei- spiele seien Düsseldorf und Köln. Während die NRW-Landeshauptstadt für Mode und Premium-Shopping steht, hat Köln den Ruf einer diversen Stadt mit Herz und Kultur. „Das ist ihre Unique Selling Proposition“, so Breuer.

Profil schärfen

Mit Köln hat sich auch die Planungsagentur „Stadt + Handel“ bei einem Leitbildprozess befasst. Jens Nußbaum war mit seinem Team in der stark frequentierten Hohe Straße und der Schildergasse unterwegs. „Kunden wollen auch dort mehr als nur Einkauf haben“, sagt der Projektleiter. In den hippen Quartieren gebe es zwar einen guten Nutzungsmix. „Aber in den großen Einkaufsstraßen herrscht Handlungsbedarf“, sagt Nußbaum. Deshalb hat „Stadt + Handel“ mit Immobilienbesitzern, Gewerbetreibenden und Institutionen vor Ort ein Leitbild entwickelt. Die Ergebnisse haben die Beteiligten im Herbst 2022 vorgestellt.

Alle Beteiligten müssen frühzeitig in einen Dialog treten.

Ariane Breuer

Mitgründerin der Initiative "Die Stadtretter"

Ein Ziel lautet, dass die Kölner Handelslagen ihre Strahlkraft hinsichtlich des spezialisierten Einzelhandels, diverser gastronomischer Angebote sowie in Bezug auf öffentliche, kulturelle und freizeitorientierte Einrichtungen erhöhen. Sein Kollege Stefan Postert hat sich in der Vergangenheit mit Düsseldorf beschäftigt. Noch stimmen die Frequenzen auf der Königsallee und den umliegenden Straßen. „Aber das klassische Vermietungsgeschäft ist auch hier kein Selbstläufer mehr“, betont Postert. „Es ist nicht mehr so, dass das Erdgeschoss und der erste Stock so auskömmlich vermietet werden können, um die Nutzung in den weiteren Obergeschossen rentabel zu betreiben.“

Er hat erlebt, dass die Eigentümer eine viel höhere Bereitschaft zu Kooperationen haben und offener für Innovationen sind. „Das ist eine große Chance, die Städte nutzen sollen“, sagt Postert, der seine Rolle als Moderator sieht. Die Konzepte lassen sich nicht auf jede Stadt übertragen – vor allem nicht auf Mittelstädte. „Es ist klar, dass nicht jede Mittelstadt eine Konsumstadt sein kann“, sagt Breuer. Wichtig sei deswegen, dass die Kommunen Leerstand mit einem strukturierten Ansiedlungsmanagement begegneten und auf digitale Tools setzten.

Alternative Konzepte

Im Projekt „Stadtlabore für Deutschland“ haben 14 Modellstädte und mehr als 15 weitere Partner ein solches Tool als Open-Source-Lösung entwickelt. „LeAn“ heißt die Plattform, die einen Überblick über den Immobilienbestand und mögliche Mieter erlaubt und beide zusammenbringt. Auch Köln ist dabei.

Dort setzen die Wirtschaftsförderung Köln-Business und der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein bereits auf einen digitalen Leerstandmelder. Er soll Immobilienbesitzern helfen, geeignete Mieter zu finden. „Als attraktive Metropole herrscht in Köln eine große Nachfrage, aber ein sehr begrenztes Angebot“, sagte Manfred Janssen, Geschäftsführer von Köln-Business, im Gespräch mit dem Kölner Stadtanzeiger.

„LeAn ist allerdings nur ein Werkzeug“, sagt Boris Hedde, Geschäftsführer des IFH Köln. Sein Institut war für die Projektkoordination bei den „Stadtlaboren“ verantwortlich. „Die Akteure vor Ort müssen sich für neue Perspektiven öffnen“, so Hedde. In der Nürnberger Innenstadt experimentiert man deswegen etwa mit Pop-up-Stores, um ein neues, kuratiertes Angebot für Handel, Kunst, Fashion und innovative Produkte zu schaffen. Hinter solchen Vorhaben müsse aber laut Hedde immer ein Konzept stehen – und Personen, die es mit Engagement umsetzen.

In vielen Städten ist ein Citymanager das Bindeglied zwischen Planungsamt, Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing. In Karlsruhe hat man Arbeitsgruppen zwischen diesen Bereichen geschaffen. In Bielefeld übernimmt ein Cityteam diese Aufgabe. „Die Kommunen, in denen die Innenstadtentwicklung gut funktioniert, haben das Glück, dass sie echte Macher vor Ort haben“, betont auch Ariane Breuer.

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