Geschäftsführer und Ladenbauverantwortliche aus dem Handel zeigen sich hinsichtlich der Auswirkungen eines wachsenden E-Commerce-Anteils auf ihre Ladengeschäfte derzeit noch sehr entspannt. Allerdings wollen sie ihre Aktivitäten im Bereich der digitalen Services und damit in Richtung Omnichannel weiter ausbauen. Das ergab die EHI-Studie zum „Store im Omnichannel-Zeitalter“, für die im August 2015 Leiter der Bau- und Einrichtungsabteilungen aus Handel und Ladenbauunternehmen sowie Architektur- und Planungsbüros in D-A-CH befragt wurden. Zu ausgewählten Fragestellungen wurden die Geschäftsführer führender Handelsunternehmen aus unterschiedlichen Branchen befragt.
Das „Omnichannel-Service-Set“, das Händler ihren Kunden anbieten, besteht im Kern aus fünf Services. Diese werden je nach Unternehmen noch sehr unterschiedlich umgesetzt.
Die wichtigsten Serviceleistungen stationärer Geschäfte im Rahmen von Omnichannel-Konzepten sind Instore-Return, Instore-Order und Click&Collect. Click&Collect bietet zudem die Möglichkeit, den Kunden beim Abholen der Ware im Laden zu weiteren Käufen zu inspirieren. So berichten rund 60 Prozent der befragten Handelsunternehmen von Zusatzumsätzen durch entsprechende Impulskäufe, die bis zu 20 Prozent des online bestellten Warenwerts erreichen können.
Neue Serviceleistungen
Diese neuen Serviceleistungen in Verbindung mit einem wachsenden Onlinehandel haben bisher allerdings kaum zu konzeptionellen Änderungen in Läden der befragten Händler geführt. Zwar wird das Angebot dank „digitaler Regalverlängerung“ für Kunden größer, verändert sich aber aus Sicht der befragten Händler, Ladenplaner und Geschäftsführer am POS nicht. Verkaufsflächen verringern sich demnach zunächst nicht, es entstehen auch vorerst keine neuen Servicebereiche. Bevorzugter Ort für das Abholen und die Rückgabe von Ware bleibt vorerst die Kasse, selbst in Handelsunternehmen, bei denen nach eigenen Angaben bis zu 50 Prozent aller Online-Bestellungen im Store abgeholt werden.
Omnichannel-Konzepte haben aus Sicht der befragten Händler bisher keine unmittelbaren Auswirkungen auf Formate, Standorte oder das Filialportfolio. Wenn vom Handel neue Läden eröffnet werden, erfolgt dies zwar zunehmend an ausgewählten, frequenzstarken Standorten. Doch besteht aus Sicht des Handels keine Tendenz, vorzugsweise in großflächige Flagshipstores mit einer besonderen Qualität des Storedesigns zu investieren. Ohnehin geht man zusehends selektiver bei der Standortwahl vor, es werden auch bestehende Filialen regelmäßig auf den Prüfstand gestellt, eine Entwicklung, die sich in dieser Form allerdings schon seit einigen Jahren unabhängig von Omnichannel-Services abzeichnet.
Storedesign wichtiger
Die befragten Architekten und Ladenbauunternehmen allerdings erwarten dagegen eine sehr viel differenziertere Standort- und Formatpolitik des Handels mit Konzentration auf frequenzstarke Standorte sowie einer Tendenz zu mehr Flagships und attestieren auch mehr Mut zu Nischenkonzepten und neuen Formaten wie Pop-ups und Showrooms, denn Läden werden aus ihrer Sicht kleiner. Beide Gruppen – Handel und Ladenbauer – sehen einen wachsenden Wettbewerb durch mehr stationäre Stores von Online-Retailern. Dementsprechend wächst die Bedeutung des Storedesigns und der Einrichtung, denn das besondere Kauferlebnis am POS wird wettbewerbsentscheidend.
Die Investitionsbereitschaft des Handels in die Gestaltung und Ausstattung seiner Läden ist unverändert hoch und übertrifft noch die Erwartungen der Dienstleister. Wenn digitale Elemente und Omnichannel-Services als Investitionsschwerpunkte definiert werden, handelt es sich dabei bisher vorzugsweise um technische Erfordernisse, die an die Planungsabteilung herangetragen werden.
Die Verantwortung für die Konzeption und Umsetzung von Omnichannel-Services am POS liegt bisher nur in wenigen Handelsunternehmen bei der Bau- und Einrichtungsabteilung. Die Studienergebnisse lassen den Schluss zu, dass diese Abteilung von der Geschäftsführung als nicht ausreichend kompetent dafür wahrgenommen wird. Die Omnichannel-Herausforderung wird gegenwärtig von anderen Abteilungen angenommen, allen voran Vertrieb, Marketing oder Spezialabteilungen im Unternehmen, sofern dies nicht ohnehin als Chefsache gilt. Um künftig bei diesem Zukunftsthema nicht weiter übergangen zu werden, müssen Planungsabteilungen sich hier statt als Dienstleister sehr viel stärker als Konzeptführer positionieren, der frühzeitig in die Planung und Umsetzung von Omnichannel-Konzepten am POS eingebunden ist. Unterstützung könnte hier durchaus von Ladenbauern und Planern erfolgen, die schon jetzt größere konzeptionelle Änderungen auf die Branche zukommen sehen und sich zunehmend als Mittler dieses Transformationsprozesses sehen. Das Geschäftsmodell stationärer Einzelhandel wird sich grundlegend ändern. Erfolgreich werden jene Unternehmen sein, denen es frühzeitig gelingt, ihren Kunden ein ganzheitliches, nahtloses Einkaufserlebnis zu bieten.
Foto: Fotolia / Creativa Images
Grafiken (3): EHI
Die vollständigen Ergebnisse sind in dem Whitepaper „Der Store im Omnichannel-Zeitalter“ zusammengefasst. Die Möglichkeit zum kostenlosen Download besteht unter: www.ehi-shop.de