Versuch macht klug. Diese Binsenweisheit gilt auch für Filialunternehmen, die Umbauten planen. Doch statt „Try & Error“ empfiehlt Dirk Ettlinger, Vice President von APT Applied Predictive Technologies mit Sitz in Frankfurt/Main, die Methode „Test & Learn“. So heißt zugleich auch die Software, die das Unternehmen auf Lizenzbasis vertreibt. Mittels patentierter Algorithmen und Workflows ermöglicht diese unter Einbeziehung umfangreicher Datenbanken eine sehr komplexe Ursache-Wirkungs-Analytik. „Auf diese Weise gelangen Unternehmen von intuitions- zu datengestützten Entscheidungen.“
Ob mit oder ohne Software: Bevor ein neues Storekonzept flächendeckend ausgerollt wird, ist es generell sinnvoll, es in ausgewählten Filialen zu testen und die Kennzahlen mit denen anderer Standorte zu vergleichen. Mehr Umsatz in der Testfiliale, größere Warenkörbe, neue Kunden: All das sind in jedem Fall Erfolgsindikatoren. Doch gehen sie auf den gerade durchgeführten Umbau zurück oder haben sie andere Gründe, zum Beispiel den, dass ein Wettbewerber in der Nähe seinen Store geschlossen hat? Welche der neuen Ladenbau-Elemente wirken sich wirklich positiv aus, welche lohnen sich hingegen nicht? Und an welchen Standorten ist ihr Roll-out Erfolg versprechend? All das sind Fragen, die sich mittels Software-Einsatz beantworten lassen. Wobei die digitale Unterstützung bereits damit beginnt, die richtigen Test- und Kontrollfilialen auszuwählen – so viele wie nötig, so wenig wie möglich, um auf effiziente Weise zu verlässlichen Entscheidungshilfen zu gelangen.
„Wenn ein Komplett-Umbau geplant ist, reichen in der Regel fünf bis acht Testfilialen. Werden lediglich Elemente ausgetauscht, die weniger starken Umsatzeinfluss haben, sind 15 bis 20 Filialen erforderlich, um zu einem signifikanten Ergebnis zu gelangen“, nennt Dirk Ettlinger Anhaltspunkte und fügt einen weiteren hinzu: „Es sollte mindestens sechs Monate lang getestet werden.“ Die besten Kontrollfilialen sind dabei die, die im Vorfeld der Maßnahmen annähernd deckungsgleich mit den Teststandorten „performen“. Anschließende Abweichungen sind dann mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die aktuellen Aktivitäten zurückzuführen.
Eindeutige Testergebnisse und Prognosen
Im ersten Schritt müssen Handelsunternehmen die Zielsetzung ihrer angestrebten Tests formulieren. Daraus leiten sich dann die Daten ab, mit denen die Open-Data-Software zusätzlich zu dem, was bereits in ihr steckt – unter anderem Demographie- und Wetterdaten –, „gefüttert“ werden sollte. Dazu zählen zum Beispiel die Kassentransaktionen sowie Filial-Charakteristiken wie Größe, Lage oder Anzahl der Schaufenster. Anfangs übernimmt APT die Analysen. „Parallel dazu trainieren wir die User so, dass sie nach einer kurzen Einarbeitungszeit selbstständig mit der Software agieren können“, erklärt Dirk Ettlinger.
Ein APT-Kunde aus dem Bau- und Heimwerkerbereich plante, eine neue Elektrowerkzeug-Abteilung sowie ein neues Regal- und Beschilderungssystem einzuführen. Die Software ermittelte, dass sich erstere Investition lohnt, die letzteren nicht. Zwar lag auch hier der Umsatzanstieg in den Test-Filialen über dem der Kontrollstandorte – doch kostendeckend war dieser nicht. Außerdem wurde deutlich, dass vor allem die größeren Filialen von den Umbaumaßnahmen profitieren. Exakt prognostizierte die Software anhand der Testergebnisse, in welchen Filialen die Umstellung in welchem Maße zu einer Gewinnsteigerung führen würde und in welchen Häusern man auf die Maßnahme verzichten sollte.
Seit drei Jahren zählt auch McDonald’s Deutschland zu den APT-Kunden. Die Restaurantkette kooperiert aktuell mit 238 Franchisenehmern, mit denen hierzulande insgesamt 1.478 teils sehr unterschiedliche Standorte – von der Lage an der Autobahn bis zur Innenstadt – betrieben werden. Die Franchisenehmer müssen von Investitionen überzeugt werden. „Da leisten die konkreten Daten gute Arbeit“, bestätigt Franz Waltl, Senior Department Head Strategy & Insights (siehe Interview).
Fotos (2): McDonald’s
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„Richtige Investitionen am richtigen Standort“
Franz Waltl, Senior Department Head Strategy & Insights bei McDonald’s Deutschland gibt Einblicke in den Umgang des Unternehmens mit Innovationen und Testläufen.
Wie hat man sich den Ablauf vorzustellen, wenn Sie bei McDonald’s neue Gestaltungsideen testen?
„Wir beginnen mit einer Filiale, schauen uns regelmäßig die Entwicklung an, reagieren und modifizieren. Dabei können Tests bis zu zwei Jahre dauern. Unser Ziel sind die richtigen Investitionen am richtigen Standort. In unserem Flagship am Frankfurter Flughafen zeigen wir übrigens einer breiten Öffentlichkeit alle neuen Elemente für das Restaurant der Zukunft.
Was war Ihr erstes software-gestütztes Testprojekt?
Das waren die digitalen Menütafeln. Diese haben wir an verschiedenen Standorten ausgiebig auf die Akzeptanz und ihre Auswirkung auf das Auswahl- und Kaufverhalten unserer Gäste geprüft. Dabei hat die „Test & Learn“-Software mit ihren komplexen Analysen gute Dienste geleistet und zum Beispiel belegt, welche Animationen die Ausgaben pro Besuch steigern. Wir mussten erst den richtigen Dreh finden, um die gewünschten Resultate zu erzielen. Bei den digitalen Bestellterminals, wir nennen sie „Easy Order Kiosks“, als weiteres Beispiel war besonders interessant, welche Zielgruppen darauf ansprechen. Es sind unter anderem Familien mit Kindern, die ihre Bestellung gerne am Display selbst zusammenstellen und bei denen es auf diese Weise gelingt, den Bon zu steigern.
Bei welchen Fragestellungen greifen Sie auf Software-Unterstützung zurück?
Da gibt es eine ganze Menge. An welchen Standorten empfiehlt sich ein McCafé? Wo sind hingegen vielleicht eher mehr Sitzplätze oder Kinderspielflächen wichtiger? Wie groß sollte das McCafé sein? Wie groß die Vitrine? Neben ladenbaulichen Aspekten sind es aber ebenso auch Sortimentsentscheidungen oder logistische Abläufe, die wir auf diese Weise testen und absichern.