Im luxuriösen Breuninger-Haus in Düsseldorf ist man vorbereitet: Wird die Mitarbeiterin am Info-Point nach Click&Collect gefragt, verweist sie auf die 2. Etage und den dortigen Bereich Kunden-Service. Die Info-Tafel am Fuß der Rolltreppen weist den Click&Collect-Punkt in der 2. Etage ebenfalls aus. Also nicht im Eingangsbereich oder in einer Ecke des EG, sondern in der 2. Etage bei der Womenswear ist die Abholstation für online bestellte Ware eingerichtet. Wer sich vorab informieren will, kann das alles auch schon auf der Website in Erfahrung bringen.
In der 2. Etage liegt räumlich separiert von der Verkaufsfläche der Kundenservice-Bereich: ein großzügiger, ruhiger Raum mit verschiedenen Schaltern, einem Wartebereich mit Sitzgelegenheiten sowie dem extra ausgewiesenen Click&Collect-Counter. Wenn ein Kunde bestellte Ware abholt, bekommt er sie im Karton ausgehändigt mit der Möglichkeit, ihn an Ort und Stelle zu öffnen, den Inhalt zu prüfen und anzuprobieren. Will er anprobieren, ist ihm eine Fachberaterin dabei behilflich, die Ware in den Umkleidetrakt der Etage zu bringen. In seinem neuen Haus im Rheinland konnte Breuninger die Click&Collect-Station mit einplanen. Aber auch an allen seinen weiteren Standorten bietet das Bekleidungshaus seit 2013 eigens eingerichtete C&C-Counter. Ein Standard-Service-Tool, so scheint es, und so wird es dort behandelt. Um für Händler und Kunde einen reibungslosen Ablauf von Click&Collect zu bieten, stellen sich in der Planungsphase und bei laufendem Betrieb firmen- und filialspezifische Aufgaben. Systemtechnische Herausforderung ist das korrekte Verbuchen abgeholter Ware und retournierter Bestellungen. Die Prozesse von Webshop und Fläche müssen harmonisiert sein. Bei K+L Ruppert, wo der Service „K&L bringt’s“ heißt, gewährt eine kanalübergreifende Kassensoftware den Zugriff und die kreuzweise Bestandsführung in allen Spielarten. Eine im Webshop aufgegebene und in die Zielfiliale gelieferte Bestellung kann im Store jederzeit durch Zusatzkäufe, Retouren oder Umtausch ergänzt werden. POS- und Warenwirtschaftssystem handeln die unterschiedlichen Warenströme korrekt und für den Kunden transparent.
Ein wirklicher Service
Ähnlich ist es bei Ernsting’s Family. Stephanie Wölfel, Bereichsleiterin eCommerce, sagt: „Beim Zahlvorgang in der Filiale kann die Kundin sowohl online gekaufte Ware als auch stationäre Ware parallel über einen Kassiervorgang bzw. einen Bon bezahlen. Das ist systemtechnisch kompliziert – und für die Kundin ein wirklicher Service, da einfach und schnell.“
Abholstationen in Servicestationen ausbauen.
Andrea Ferger-HeiterSchwierigkeiten bereiten kann der zusätzliche stationäre Platzbedarf. „Nicht zu unterschätzen ist die Frage des Lagers. Die Thematik der erforderlichen Nebenflächen, um die Pakete unterzubringen stellt sich spätestens, wenn Click&Collect vom Kunden gut angenommen wird“, erläutert Knut Brüggemann von C&A Online. Die Nebenflächen sollten vom Lkw gut belieferbar als auch nicht zu weit von der Ausgabestelle sein, um dem Kunden Wartezeiten zu ersparen. Als einer der Pioniere in Sachen Click&Collect bietet C&A seit 2012 die kostenfreie Lieferung der online bestellten Ware in eine beliebige Filiale.
„Bei über 500 Filialen zwischen 250 und 13.000 Quadratmetern finden wir sehr unterschiedliche räumliche Voraussetzungen vor“, erklärt Brüggemann die jeweils individuellen Bedingungen, auch was die Abhol-Station angeht. Separate Abhol-Tresen gestatten nur die geräumigen, großen Standorte. In Filialen von 300 oder 400 qm ist ein zusätzlicher Schalter räumlich, logistisch und personell kaum sinnvoll. Die Ware wird dann an der Kasse übergeben. Der Bezahlvorgang entfällt, da die Ware bereits bei der Bestellung bezahlt wurde.
Entscheidend für den Erfolg von C&C sei außerdem, so Brüggemann, dass die Filialmitarbeiter von vornherein gut einbezogen werden und den Service auf ganzer Linie begleiten. Bei C&A werden die Mitarbeiter mit Schulungen und Handbüchern auf den Service vorbereitet, um eine reibungslose Abwicklung gewährleisten zu können und ihn in den Filialen zu verankern. Auch bei Sport Scheck, wo die Ware ebenfalls an den Kassen ausgehändigt wird, betont man, dass Click&Collect nicht mit „Postschalter-Mentalität“ betrieben werden darf. Rolf Frischknecht von Sport Scheck sagt dazu: „Eine gute Kommunikation zum Kunden in Verbindung mit sauberen internen Logistik-Prozessen ist der Schlüssel. Wenn Lagerung, Ausgabe und Rücknahme der Sendungen funktionieren, dann stellt Click&Collect einen guten Mehrwert für den Kunden dar. Bei Fachfragen hat der Händler Gelegenheit, vor Ort seinen Kunden zu beraten, ihm bei Bedarf eine andere Größe oder eine Alternative anzubieten. Auch Zusatzverkäufe sind möglich.“
Es muss Spaß machen
Auch bei Ernsting’s Family verweist man auf die Convenience für den Kunden, mit der der Erfolg von Click&Collect steht und fällt. Stephanie Wölfel: „Wenn die Paket-Abholung umständlich ist durch lange Wartezeiten, Vorlage des Ausweises oder Quittieren von Formularen, dann macht das Ganze keinen Spaß und die Kundin genießt keinen Mehrwert. Der Prozess muss – aus Sicht des Kunden – einfach sein.“ Neben der Ersparnis der Versandkosten sprechen für den Kunden vor allem praktische Gründe für Click&Collect: bei Berufstätigen die Abholung in der Mittagspause oder abends auf dem Heimweg. Oder die Möglichkeit, die Ware zu begutachten und bei Nichtgefallen an Ort und Stelle ohne großen Aufwand retournieren zu können.
In der deutschen Handelslandschaft ist Click&Collect angekommen. Baumärkte, Sport & Outdoor und Mode gehören laut einer Studie des Marktforschungsunternehmens Konzept und Markt zu den Wegbereitern. Auf der Kundenseite herrscht allerdings durchaus noch eine gewisse Unkenntnis darüber, wie die Studie zeigt. Die Optionen von Omnichannel sind in der Kundengemeinde noch nicht verankert. Doch das soll sich ändern, u.a. durch Engagement des Handels. Kampagnen wie die von Obi, die „Reservieren und Abholen nach vier Stunden“ propagieren, verfehlen ihre Wirkung nicht und steigern die Popularität des Themas, meint Dr. Ottmar Franzen von Konzept und Markt. In Ländern wie Großbritannien oder Belgien ist der Gang zur Abholstation für Kunden schon Normalität und etabliert, auch im Lebensmittelhandel. „Hier in UK betreiben die meisten Retailer irgendeine Spielart von C&C. Der Service wird als Teil der Retail-Matrix angesehen, und Fragen muss sich gefallen lassen, wer ihn nicht anbietet“, sagt John Ryan, UK-Korrespondent von stores+shops.
Bei Galeria Kaufhof wurde der „Versand an Filiale“ schon 2011 eingeführt und entwickelte sich seither zu einem der wichtigsten Services für die Kunden. Die Akzeptanz stieg noch weiter mit der aktiven Verzahnung der Kanäle am POS. „Seit der Einführung der Tablets als digitale Beratungsergänzung in unseren bundesweit mehr als 100 Warenhäusern hat die Nutzung des Service nochmals rasant zugelegt“, berichtet Andrea Ferger-Heiter, Leiterin Integration Multichannel-Retailing bei Galeria Kaufhof. Die Ware wird 14 Tage in der Filiale gelagert, bevor sie bei Nichtabholung ins Lager zurückgeschickt wird. Meist jedoch wollen die Kunden die Ware schnell. „Viele Kunden wollen ihre Ware kurze Zeit nach dem Bestellvorgang abholen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Kunden für die Bestellung mobile Endgeräte nutzen und gerade in der Stadt sind“, beobachtet Ferger-Heiter. Die größten Herausforderungen wie Logistik, Prozessabläufe und Mitarbeiterschulung sind bei Galeria Kaufhof gelöst. So blickt Ferger-Heiter auf die Weiterentwicklung des Angebots: „Es ist geplant, unsere Abholstationen in den Filialen Zug um Zug zu umfassenden Service-Stationen auszubauen, zum Beispiel mit zusätzlicher Umkleidekabine.“
Fotos: Breuninger (1), C&A (1), Ernsting’s Family(1)