Von der intelligenten Verknüpfung verschiedener Einkaufskanäle ist derzeit viel die Rede. Die Handelsplattform Ebay machte in Berlin-Mitte vor, wie dies aussehen kann. Am Nikolausabend des letzten Jahres eröffnete der Netz-Gigant seinen ersten Pop-up-Store in Deutschland. Der 400 qm große, bis 16. Dezember zugängliche Kaufraum lud dazu ein, „einen Blick in die Zukunft des Einkaufens zu werfen. Besucher können vor Ort das Wohnzimmer, das Café und die Boutique von morgen erleben“, hieß es bei Ebay.
In der Weihnachtsboutique wurden etwa 150 Produkte aus dem aktuellen Sortiment ausge-
stellt: von der James-Bond-Jubiläums-DVD-Kollektion über Spielzeugartikel wie die Bosch-Kinder-Werkbank oder die Twilight-Barbie bis hin zur Nespresso-Maschine. Über QR-Codes neben den Produkten, die per Smartphone-Scan alle Daten wie Artikelbeschreibung, Preis, Verkäufer und Versandkosten anzeigten, konnten die Artikel mobil, schnell und einfach gekauft werden. Anschließend wurden sie von den verschiedenen Ebay-Verkäufern zum Konsumenten nach Hause geliefert. Das ermöglichte entspanntes Weihnachtsshopping und eine neue Art von Einkaufserlebnis fernab von langen Schlangen und schweren Tüten. Damit auch all jene auf den Geschmack kommen konnten, die bisher weder Smartphone noch Tablet-Computer besitzen, wurden Mobilgeräte zum Einkaufen und Ausprobieren verliehen, auf denen die dazu nötige Ebay-App bereits installiert war.
Vom 27. bis 29. Dezember wurde der Pop-up-Store dann ein zweites Mal geöffnet. Anliegen dieses Mal: Anleitung rund um den Verkauf von privat an privat auf dem Online-Marktplatz zu geben – von der Registrierung als Verkäufer über Artikel- und Angebotsbeschreibung und Foto-Tipps bis hin zu Beratung rund um Verpackung und Versand. Besucher konnten auch gleich Produkte mitbringen, zum Beispiel ungeliebte Weihnachtsgeschenke, und diese vor Ort zum Verkauf ins Netz einstellen. Zwei Aktionen, ein Ziel: Kundenbindung 2.0. Ein „anonymes“ Internet-Unternehmen punktet mit persönlicher Präsenz.
Berlin als Standort
Zentral und leicht erreichbar in Berlins Mitte gelegen ist auch der 400 qm große Showroom des Online-Möbelhändlers Fashion for Home. Er wurde im August 2012 eröffnet und ist auf Dauer angelegt. „Hier machen wir unsere Designs und die Qualität unserer Produkte für eine breite Öffentlichkeit offline erlebbar“, begründet Geschäftsführer Marc Appelhoff diesen Schritt. Die Fashion for Home-Handschrift ist schon an der Fassade erkennbar: Große Markisen im unternehmenstypischen Rot-Ton und das Logo auf den Schaufenstern sorgen für Wieder-
erkennung. Die Vernetzung von Off- und Online-Auftritt gelingt überdies über große Terminals im Store, an denen die Kunden im Web-Shop stöbern und unterschiedliche Varianten der stationär ausgestellten Möbel ansehen beziehungsweise kaufen können.
Qualität und Design unserer Produkte werden offline erlebbar.
Marc AppelhoffNaturgemäß spielen in stationären Stores, die von bisherigen Online-Spezialisten betrieben werden, digitale Elemente eine große Rolle. Das gilt auch für Fair Queen. Das Unternehmen, das gerade für den Deutschen Gründerpreis vorgeschlagen wurde, ist auf nachhaltige Damenmode spezialisiert. Seit November 2010 gibt es den Online-Store. Ende September 2012 kam in Berlin, nahe den Hackeschen Höfen, ein stationäres Geschäft mit 100 qm Verkaufsfläche hinzu. „Wir möchten damit unseren Kundenkreis erweitern und das Thema Nachhaltigkeit generell voranbringen. Weitere Stores sind das Ziel“, sagt Sara Maccagnan, eine der drei Gründerinnen. Im Geschäft steht ein „Infopoint“. Jedes Kleidungsstück trägt ein Etikett mit QR-Code. Diesen können die Kundinnen und Kunden am Infopoint scannen und Informationen zur jeweiligen Marke und deren ecofairem Engagement abrufen.
Digitale Elemente selbstverständlich
Der Store war zuvor ein Spa. Der Umbau erfolgte fast ausschließlich mit Berliner Kleinunternehmen. „Uns ist es wichtig, lokale, mittelständische Unternehmen zu unterstützen. Auch beim Thema Gestaltung lag uns die Nachhaltigkeit am Herzen“, unterstreicht Sara Maccagnan. Aus alten Umkleiden des Spas wurden Regale oder Schranktüren, vorhandene Schränke, Sofa, Sessel wechselten einfach nur den Platz. Die Gardinenstoffe sind zertifiziert und wurden von einer kleinen Schneiderei genäht. Damit ist vorprogrammiert, dass weitere Stores nicht wie ein Ei dem anderen gleichen werden. Die CI wird jedoch über Logo, Farben und Sortiment gewahrt.
Auch das Berliner Architekturbüro Graft, das den 240 qm großen Store „Stylebop – The Showroom“ in Koblenz gestaltete, hielt sich streng an Sustainability-Richtlinien. Materialien wie Holz und gebürstetes Messing setzen
Luxury-Fashion in Szene, für die Stylebop.com einer der weltweit größten Online-Anbieter ist. Die Entscheidung für Koblenz wurde aufgrund der hohen Anzahl kaufkräftiger Kunden in dieser Region getroffen, so heißt es. Im näheren Umkreis existiert kein vergleichbares Angebot. Weitere Boutiquen dieser Art sollen folgen.
Notebooksbilliger.de ist schon einen Schritt weiter. Zum Store in München, der im März 2010 an den Start ging, gesellten sich inzwischen die Standorte Sarstedt und Düsseldorf. Sechs bis sieben stationäre Einkaufsstätten sollen es werden. „Wir konzentrieren uns dabei auf Ballungsräume, die ein großes Einzugsgebiet haben. Die infrastrukturelle Erreichbarkeit mit Auto und ÖPNV sollte gut sein“, erklärt Ulrich Kaleta, Direktor Marketing. Der Store in München beispielsweise hat über 300 qm Ausstellungsfläche. Die CI-Farbe Orange dominiert, das aus dem Online-Bereich bekannte Logo findet sich ebenfalls wieder. Alle ausgestellten Geräte können vor Ort getestet werden, der Online-Abgleich mit Rezensionen, Bewertungen und Kundenmeinungen aus dem Internet ist möglich. Hersteller-Inseln mit eigens von den Lieferanten zur Verfügung gestelltem Personal bieten überdies hohe Beratungskompetenz.
Beweggründe unterscheiden sich
Bei den zuvor genannten Beispielen wurden die Sortimente und Philosophien der virtuellen Welt nahezu analog in die reale übertragen. Der seit 1993 aktive Streetfashion- und Sneaker-Spezialist Numelo nutzte seine Store-Eröffnung in Stuttgart im Oktober letzten Jahres hingegen für einen Relaunch von E-Shop, Logo und CI. Das einst grün-weiße Farbkonzept veränderte der beauftragte Stuttgarter Designer Daniele Luciano Ferrazzano in edles Grau und Weiß. Mehr Exklusivität lautet nun das Motto, das sich im stationären Auftritt mit natürlich edlen Materialien manifestiert. Ein eigens konzipiertes Regal-Stecksystem aus dunklem Holz bietet eine sehr hohe Flexibilität und ermöglicht theoretisch die tägliche Neugestaltung des Shops. Dieser soll in seiner „Beweglichkeit“ der Online-Plattform nicht nachstehen. Mehrere iPads stehen für die Kunden bereit, an denen sie Blogs lesen, selbst bloggen oder online bestellen können.
Schon bei unserer Gründung haben wir an die Eröffnung eines Stores gedacht.
Sara MaccagnanOnline goes offline: Einer der Top-„Pure Player“ überraschte im letzten Jahr mit einem wiederum sehr eigenständigen stationären Geschäftsmodell. Zalando, Europas größter Online-Shop für Schuhe, Fashion und Accessoires, betreibt seit April 2012 ein Outlet. Wo? Wie könnte es anders sein, im Herzen von Berlin. Die 1.000 qm Fläche, verteilt auf drei Ebenen, werden zur vergünstigten „Abschleusung“ von B-Ware sowie Artikeln aus den Vor-Saisons genutzt. Spannend: Es handelt sich um ein geschlossenes Shopping-Modell: Kunden, die das Zalando-Outlet besuchen möchten, müssen sich im Voraus über eine Online-Anmeldung für die Outlet-Card registrieren. „Der Eintritt in den stationären Handel sowie die Eröffnung weiterer Outlets ist derzeit nicht geplant“, gibt Julius Göllner, verantwortlich für die Offline-Aktivitäten, bekannt.