Thanksgiving markiert den Wendepunkt zur Vorweihnachtszeit: Rund um die 5th Avenue entsteht eine Wunderwelt perfekt inszenierter Schaufenster mit einem Höchstmaß an Kreativität und Perfektion. „Man erkennt deutlich die Leidenschaft, mit der die Kollegen hier an ihren Inszenierungen arbeiten“, lobt Sonja Löbbel die Arbeit ihrer amerikanischen Berufsgenossen. Bei all den neuen Impressionen stellt sich die Frage: Was bleibt? Welcher Trend schafft den Sprung über den großen Teich? Wird eine Richtung zu einer längerfristigen Grundausrichtung für das Story Telling im Visual Merchandising?
„Themenübergreifend gilt es, Menschen die Dinge auf eine neue Art und Weise sehen und vor allem auch erleben zu lassen“, sagt Matthias Spanke und fügt hinzu: „Altbekannte Elemente in neue Zusammenhänge zu bringen und so Geschichten für den Betrachter völlig neu aufzubereiten – das ist die klare Grundtendenz von Spielarten wie ‚Modern Myth’.“
Wunderwelt zwischen Märchen und Science Fiction
Gerade zur märchennahen Weihnachtszeit bietet sich das Spiel mit Fabelwesen wie Elfen, Zauberern und mythischen Waldtieren an. „Bei ‚Modern Myth’ erkennt man Anleihen an die Steampunk-Stilistik, die vor einigen Saisons noch sehr stark und deutlich Zukunfts-lastiger ausgerichtet war“, schildert Sonja Löbbel. Ihrer Ansicht nach nutzen in diesem Jahr alle großen Kaufhäuser ‚Modern Myth’: Zum Beispiel zeigt Barneys überdimensionale verchromte Pilze und tanzende Elfen in Kombination mit einem Ghettoblaster. Bei Macy’s wird der Betrachter auf eine Reise durch das Sonnensystem geschickt. Bergdorf Goodman mag es frostig – ein Mannequin wird in einer Welt aus Eis drapiert, umgeben von Eisskulpturen unterschiedlichster Tierarten.
Aber auch internationale Filialisten seien dabei: Bei Massimo Dutti ist ein etwa Zentaur zu sehen – eine Mischung aus Mensch und Pferd aus der griechischen Mythologie. „Das Thema wird eher lustig und verspielt-ironisch inszeniert. Mit einem ernsteren Einschlag könnte man die Thematik leicht in Richtung Grusel weiterspielen – was aber natürlich nicht zur friedlichen Weihnachtszeit passt“, konstatiert Löbbel.
Kleine Details ganz groß
‚Metamorphosis’ ist eine Entwicklung, die sich deutlich stärker auf die Themengebiete Wissenschaft, Evolution und Forschung bezieht. Moleküle, Kristalle, Ornamente – hier kommt den feinsten natürlichen Strukturen die Hauptrolle zu, werden Muster und Maserungen überdimensional dargestellt. So arbeitet Barneys mit spiralförmigen Schneeflocken, Hermès setzt Kristalle mit messingfarbenen Polygonen in einen aufregenden Kontrast. „‚Metamorphosis’ bedarf viel Feinarbeit – sowohl in der Gestaltung als auch beim Betrachter, dem hier gerade in den Details unglaublich viel angeboten werden kann“, erläutert Spanke.
Surrealität sorgt für Spannung
Natürliche Materialien, warme Farben und Hölzer begleiten das Visual Merchandising weltweit nun schon eine ganze Weile. Der Trend ‚Nature Configuration’ bricht diese Stilrichtung allerdings auf: Natürliche Elemente werden in neue Anordnungen gebracht, das Surreale hält Einzug in den ansonsten so greifbaren und warmen Raum der Natürlichkeit. So stehen Ermenegildo-Zegna-Schafe in farbigem Chrom geradlinig aufeinander und bilden eine neue Form. Tommy Hilfiger bildet aus Baumstämmen Rückwände und stilisierte Tannen.
Kunstobjekte im Fokus
Über alle Stores hinweg lässt sich die Fortführung eines international aufgegriffenen Trends beobachten: Neonröhren, Screens und LEDs werden zunehmend als Kunstobjekte inszeniert. So bildet DKNY einen Baum aus Screens. Valentino erschafft mit Neonröhrentexten eine Installation – das Statement: „Peace“ in 16 Sprachen.
„Was für das Visual Merchandising im Allgemeinen gilt, wird gerade zur Weihnachtszeit noch auf die Spitze getrieben: Die Betrachter werden immer wieder überrascht und zum Träumen angeregt“, fasst Spanke zusammen. Gutes Visual Merchandising kann seiner Meinung nach einen Augenblick kreieren, in dem es Menschen aus dem Alltag in eine andere Welt versetzt. „Technologien werden nicht um ihrer selbst Willen eingesetzt, sondern um eine Geschichte zu erzählen: Bewegte Elemente, wechselnde Beleuchtungsfarben, Stroboskope, Screens und interaktive Schaufenster mit Touchscreens stehen im Dienst der Marke und ihrer Story“, betont Löbbel.
Die Visual-Merchandising-Experten sehen gerade in der Thematik ‚Modern Myth’ großes Potenzial: „Es gibt hier so viele Anknüpfungspunkte, um die Story über einen langen Zeitraum weiterzuführen. Auch international wird sich der Stil sicherlich durchsetzen: Mythen und Märchen gibt es in jeder Kultur. Wenn man hier noch neue Medien wie interaktive Screens einbindet, kann eine starke emotionale Verbindung zwischen Marke und Betrachter erzeugt werden – und das mit ganz individuellem Hintergrund.“
Alle Fotos: Inspired Visual Merchandising / Sekou Luke
Weitere Informationen: www.inspired-vm.com