In ihren Grundformen und -funktionen haben sich Kassentische in den vergangenen Jahren nur graduell verändert – zumindest in den „reifen“ westeuropäischen Märkten. Zwar feilen die Hersteller nach wie vor an Verbesserungen in Sachen Ergonomie. Auch soll der Kassentisch durch eine entsprechende Materialwahl (z.B. Aluminum und Holz) künftig „leichter“ wirken und in manchen Fällen die Anmutung einer „Kunden-Rezeption“ erhalten. Und klar ist auch, dass „sich die CI des Händlers widerspiegeln muss“, so Harald Boerger, Vertriebsleiter von Storebest, Lübeck. Farben, Formen und Materialen entsprechen deshalb meist speziellen Kundenwünschen. Der wichtigste Treiber der Branche ist jedoch die Notwendigkeit, neue Technologien rund um den Bezahlvorgang zu integrieren. Gemeint sind dabei sowohl neue Möglichkeiten für die Abwicklung des Kassiervorgangs wie Self-Scanning und Self-Payment, als auch Aspekte rund um die Sicherheit wie weiterentwickelte Systeme des Cash Managements.  

Dabei haben sich die international agierenden Ladeneinrichter, so der Eindruck, bereits darauf eingestellt, dass die Kassenzonen künftig möglicherweise ein anderes Erscheinungsbild haben werden als noch in den letzten Jahren. Eine der Herausforderungen der Zukunft besteht darin, auf begrenztem Platz die teilweise raumgreifenden Elemente neuer Technologie unterzubringen, ohne ergonomische Anforderungen zu vernachlässigen. „Diese Entwicklungen werden von den Kassentischherstellern begleitet und im Kassentischbau testweise umgesetzt“, berichtet Boerger. Der Branchenkenner erwartet in 2011 wegweisende Entscheidungen der großen Handelskonzerne.

Neue Standards

Kassentisch in prägnanter Stromlinienform

Kassentisch in prägnanter Stromlinienform

Zwar ist in Europa die Zahl der Geschäfte mit Self-Checkout- und Self-Scanning-Techniken noch eher gering und hat mancherorts die Experimentierphase noch nicht verlassen. „Aber schon mittelfristig werden derartige Systeme im Verbund mit den Kassentischen ganz neue Standards setzen“, meint Paul Girardin, Produktmanager beim spanischen Ladeneinrichter Yudigar, Carinena/ Zaragoza (französische HMY-Gruppe). Die Devise im Handel lautet: mobiler und schneller.  

Beim italienischen Kassentisch-Lieferanten Cefla, Imola, glaubt man an einen besonders starken Einfluss des mobilen Bezahlens per Handy (Stichwort: Near Field Communication). Derartige kontaktlose Lösungen würden ohne Zweifel auch das Layout von Kassentischen und -zonen „dramatisch“ beeinflussen. Produktmanager Stefano Pistis ist sogar überzeugt, dass mobile Lösungen den kompletten Abschied von den bekannten Kassentischen einläuten könnten. Dies gelte auch für kleinere und mittelgroße Geschäfte.

Der Checkout als Teil des individuellen Storedesigns

Der Checkout als Teil des individuellen Storedesigns

Doch die sich ankündigenden Veränderungen gehen noch weiter und sind grundsätzlicher Natur: „Der Einsatz von Self-Scanning oder das Bezahlen per Mobiltelefon machen es möglich, dass der Checkout-Prozess nicht mehr nur in den bekannten Kassenbereichen, sondern an jedem beliebigen Ort eines Geschäfts durchgeführt werden kann“, sagt Cefla-Manager Pistis. Damit könnten sich auch bekannte und bewährte Ladenlayouts auflösen.  

Allerdings muss es nicht in jedem Fall um den kompletten Ersatz traditioneller Kassierprozesse durch Hightech-Lösungen gehen. Es gibt auch ein Sowohl-als-auch im Sinne einer „Flexibilisierung“ bekannter Kassentische samt Zubehör. Eine solche Mischform wollen Anbieter wie Rasec Retail (Mortagne-sur-Sèvre/Frankreich) und La Fortezza (Pianoro/Bologna, Italien) auf der kommenden Fachmesse EuroShop (26. Februar bis 2. März 2011) in Düsseldorf vorstellen.

Alles-aus-einer-Hand-Prinzip

Die Integration moderner Technologien, die am Point of Sale Vieles einfacher machen sollen, wird die Entwicklung neuer Kassentische allerdings erst einmal wesentlich komplexer machen. Denn moderne Technologien machen nicht nur neue Konstruktionen notwendig. „Sie erfordern auch eine enge Zusammenarbeit mit den Anbietern von Informationstechnologie. Dadurch verlängert sich der Zeitraum bis zur Realisierung erheblich“, beschreibt Nicolas Chupin, Marketingleiter bei Rasec Retail, die Situation.

Geschickte Integration von Impulsartikeln

Geschickte Integration von Impulsartikeln

Für die Kassentisch-Lieferanten stellt sich dabei die Frage, wie viele und welche Technologie- Firmen in den Entwicklungsprozess eingebunden werden müssen. Klar ist: Je mehr Beteiligte, desto komplizierter die Abstimmung. Der Handel frage deshalb bereits nach integrierten Lösungen nach dem „Alles-aus-einer-Hand-Prinzip“, heißt es beispielsweise bei Yudigar.  

Jedoch bietet diese Entwicklung hin zu einer weiteren technologischen Aufrüstung des Kassenbereichs den Lieferanten von Kassentischen auch neue Chancen. Diese bestehen in einer verstärkten Beraterfunktion, analysiert Stefano Pistis von Cefla. Es gehe darum, die Kunden aus dem Handel noch mehr als bisher bei der Wahl des optimalen Checkouts zu begleiten. Dazu gehöre auch die gemeinsame Analyse von Abverkaufsdaten und typischen Warenkörben, um die Anforderungen des Händlers möglichst präzise zu ermitteln.

Der „Faktor Mensch“

Moderner Kassenplatz mit integrierter Checkout-Technik

Moderner Kassenplatz mit integrierter Checkout-Technik

Manche Experten berichten auch von einem Gegentrend zu der permanenten Suche nach weiterem Rationalisierungspotenzial. Hier geht es in erster Linie um den Faktor Mensch. „An der Kasse soll zwar einerseits alles so schnell wie möglich ablaufen. Aber ein Kunde will sich auch noch als Mensch fühlen“, ist die Überzeugung von Branchenkenner Theo Pillen, Inhaber des gleichnamigen Unternehmens mit Sitz in Lichtenvoorde (Niederlande). Deshalb, so Pillen, dürften sich nicht alle Details rund um den Kassentisch den Effizienzanforderungen unterordnen. Schließlich gehe es auch um ein Mindestmaß an Wohlgefühl für Kunde und Kassierpersonal. Es darf, es muss auch „menscheln“. Gerade in Distributionsformen, die seit Jahren auf Effizienz getrimmt werden, erhält der persönliche Kontakt zwischen Kunde und Kassierpersonal jetzt eine neue Bedeutung. „Das ist kein Wunschdenken, sondern ein echtes Bedürfnis“, unterstreicht auch Hartwin Tackenberg, Inhaber des gleichnamigen Kassentischherstellers mit Sitz in Bochum.  

Die Komplexität einer Kassentisch-Lösung hängt künftig noch mehr als bisher auch vom Grad der Professionalität des eingesetzten Personals ab, so die Überzeugung von Yudigar-Sprecher Paul Girardin. In Unternehmen, die besonderen Wert auf gut ausgebildetes Kassenpersonal legen, sei der Druck in Sachen Qualität, Ergonomie und Sicherheit besonders groß. Ziel sei es hier, dem Kassenpersonal bestmögliche Bedingungen zu bieten. „Das jedoch“, so Girardin, „ist vor allem in den reifen europäischen Märkten und dort vor allem im Lebensmittelhandel der Fall.“

Neue Kundenleitsysteme

Firmenindividuelle Gestaltung

Firmenindividuelle Gestaltung

Die Fülle an neuen Optionen, die sich dem Handel durch neue Technologien eröffnen, zwingt die Anbieter von Kassentischen dazu, ihr Angebot zu differenzieren. Zunächst wird die Funktionalität des Kassentischs vom Handel vorgegeben. Die Gespräche mit den Lieferanten drehen sich anschließend um das Layout und die Integration der IT. „Aber auch um Neuentwicklungen von Details wie verbesserte Lichtschranken auf dem Laufband mit Einsatz von LED-Licht oder der kompletten Integration von Sicherheitsantennen in die Möbel der Kassenzone gehören zu den Themen“, berichtet Martijn Termaten, Sales Manager Europe bei Pan-Osten, Raalte (Niederlande).  

Bei Mitbewerber Pillen kündigt man eine Kassentisch-Lösung an, die auf neue Weise das Problem der Zugluft lösen soll, dem das Kassenpersonal ausgesetzt sein kann. Und bei ITAB Germany, Köln, spricht man von neuen bzw. überarbeiteten Kundenleitsystemen. Gemeint sind sogenannte Ampelregelungen, die bei sich anbahnenden Stausituationen in der Kassenzone die Bildung allzu langer Schlangen vermeiden helfen. „Wir sind zurzeit in der Entwicklungsphase und beabsichtigen, zur Fachmesse Euro-Shop 2011 eine interessante Lösung vorstellen zu können“, kündigt Managing Director Detlef Rohlender an.  

Immer wieder geht es auch darum, ein Gleichgewicht zwischen dem Anspruch auf Individualität auf der einen Seite und dem damit verbundenen Entwicklungsaufwand auf Lieferantenseite zu finden. Cefla-Sprecher Pistis verweist mit Blick auf diese Gemengelage darauf, dass „selbst ein industriell gefertigter Checkout heute immer noch sehr viel mit Handarbeit zu tun hat.“ So hängt preislich vieles vom Stückzahlvolumen des Auftrags ab. Kleinserienfertigung ist immer teurer, und mancher Auftrag scheitert genau daran. „Einige Händler brauchen nur eine kleine Anzahl von Kassentischen, wollen diese aber zu Preisen einer Großserienfertigung“, beschreibt Hartwin Tackenberg das Problem. Eine Kompromisslösung scheint darin zu bestehen, dass die Kassentisch-Lieferanten künftig noch mehr als bisher die in Großserie gefertigten standardisierten Module mit individuellen Bestandteilen ergänzen. 

Fotos: Bäro (1), Yudigar (1), La Fortezza (1), Pan-Oston (1), Storebest (1), Cefla (1)

Expertenmeinungen: Die Zukunft des Kassentischs

„Wir erwarten in 2011 wegweisende Entscheidungen der großen Handelskonzerne.“
Harald Boerger, Storebest  

„Durch die Integration neuer Technologie verlängert sich der Entwicklungszeitraum erheblich.“
Nicolas Chupin, Rasec Retail  

„Ein Kunde will sich an der Kasse auch noch als Mensch fühlen.“
Theo Pillen, Fa. Pillen

„Mobile Lösungen können den Abschied von den bekannten Kassentischen einläuten.“
Stefano Pistis, Cefla    

„Wir erwarten den Durchbruch bei Self-Checkouts in den nächsten fünf bis zehn Jahren.“
Detlef Rohlender, ITAB Germany  

„Der persönliche Kontakt zwischen Kunde und Kassierpersonal erhält künftig wieder mehr Bedeutung.“
Hartwin Tackenberg, Tackenberg-Kassenstände  

„Zu neuen Details gehören verbesserte Lichtschranken auf dem Laufband, mit Einsatz von LED-Licht.“
Martijn Termaten, Pan-Osten

ITAB Perspektive Self-Checkout

ITAB-Modell „TwinFlow“ mit Tunnelscanner

ITAB-Modell „TwinFlow“ mit Tunnelscanner

ITAB ist mit 20.000 hergestellten Kassenarbeitsplätzen pro Jahr nach Firmenangaben der Marktführer in Europa. Das schwedische Unternehmen produziert u. a. in Skandinavien, Tschechien und Deutschland. Laut Managing Director Detlef Rohlender, ITAB Germany (Köln), beschäftigt sich das Unternehmen perspektivisch mit den Auswirkungen von Self-Checkout-Lösungen auf den Kassentisch-Markt. Man erwartet einen Durchbruch in den nächsten fünf bis zehn Jahren. „Damit stehen die traditionellen Kassenarbeitsplätze in der Diskussion“, formuliert Rohlender. Aktuell sei man der einzige Kassentischhersteller mit eigenen Self-Checkout-Systemen und integrierten Schnittstellen zu den Warenwirtschaftssystemen der Händler. Auch ITAB berichtet von einer wachsenden Zahl von Kassentisch-Varianten. „Auslöser sind neue Technologien für den POS, darunter vor allem Cash-Management-Systeme“, erklärt Rohlender. Hinzu kommt, dass man bei ITAB nun verstärkt auch Abnehmer für mittlere und kleinere Stückzahlen ansprechen will.