Die Planung der Shopbeleuchtung ist heute eine komplexe und facettenreiche Aufgabe. Was steht dabei für Sie im Vordergrund?
Wir müssen Emotionen wecken, um die Konsumenten in die Läden zu holen. Und wir müssen die Handelsunternehmen individuell und unverwechselbar präsentieren, ihr Markenimage inszenieren. Das gilt für die gesamte Verkaufsfläche, fängt bereits in der Außendarstellung an, mit der Fassade, den Schaufenstern, und setzt sich im Innenraum fort.
Wände, Böden, Decken, Deko-Points, Licht, das durch den Einsatz großformatiger digitaler Medien hinzukommt – alles muss zu einem einheitlichen, überzeugenden Konzept verschmelzen, aus einem Guss sein. Schließlich der gesamte Materialmix, der auf den Verkaufsflächen entsteht, die Präsentation der Ware, ihre Farben und Haptik – auch diese Besonderheiten müssen mit Licht herausgearbeitet werden, um die volle Wirkung zu erzeugen. Das Handelsunternehmen verstehen mit seinen Zielen, Vorstellungen, mit der Ware, die es verkauft, die Räumlichkeiten wahrnehmen – das sind grundlegende Prozesse, die am Beginn einer Lichtplanung stehen müssen.
Beleuchtungsprofi
Günter Biert, Jahrgang 1949, übernahm nach seiner Ausbildung zum Elektrotechnikmeister und Lichtplaner beim Ingenieurbüro A+B, Berlin, die Projektleitung für Beleuchtung im Bereich Kaufhäuser. 1984 wechselte er nach Remscheid in die Geschäftsführung der Fa. Elan. 1989 gründete Biert in Köln die inhabergeführte Elan Beleuchtungs- und Elektroanlagen GmbH mit dem Schwerpunkt Planung und Realisierung von Lichtkonzepten.
In welchem Stadium der Shopgestaltung setzen Lichtplaner mit ihrer Arbeit ein?
Je früher man begreift, wohin die Reise geht, desto gezielter kann man das als Lichtplaner umsetzen, umso besser und effizienter ist die Lichtplanung. Die großen Shop-Architekten beziehen uns daher schon sehr frühzeitig ein. Die Gespräche mit unseren Kunden sind ein ganz wichtiger Baustein des Konzepts – bevor die eigentliche Lichtplanung beginnt. Schließlich geht es ja um die ganzheitliche Umsetzung eines individuellen Konzepts. Das Verständnis dafür ist unter Architekten und Einzelhändlern inzwischen sehr gewachsen.
Sie haben gemeinsam mit den Architekten von Blocher Blocher Partners das anspruchsvolle Erweiterungsprojekt des Modehauses Garhammer in Waldkirchen realisiert – lichttechnisch eine besondere Herausforderung?
Ja, die Aufgabe bestand darin, den Bestandsbereich mit einem Neubau zu einer neuen Einheit zusammenzufügen und dabei sehr kostenbewusst zu arbeiten. Für eine neue Lichttechnik stand beispielsweise kein Budget zur Verfügung. Also haben wir die im Bestandsbau schon vorhandenen Beleuchtungskörper untersucht, die Gehäuse gereinigt und mit neuer Lichttechnik bestückt, um den Erfordernissen an eine moderne Warenpräsentation gerecht zu werden. Wir haben die Leuchten zum Teil versetzt und sie damit an neue Laufzonen und Möblierungen angepasst. Insgesamt konnten so erhebliche Kosten gespart werden. Auch in der lichttechnischen Außendarstellung wurden der alte und der neue Gebäudekomplex durch die Anstrahlung des Turmes sowie die beleuchtete neue gläserne Fassade des Altbaus und der Passage zu einer in sich stimmigen Einheit zusammengeführt.
Auf welche Lichttechnik haben Sie schwerpunktmäßig gesetzt?
Ein wesentlicher Teil wurde mit der neuesten Generation von Hochdruck-Entladungslampen, „Philips CDM-TC Evolution“ realisiert.
Wie stehen Sie zu LED-Lösungen?
Ich sehe das sehr differenziert. Die größte Aufgabe, die wir im Moment haben, ist, bei LED durch intensive Tests und Beurteilungen die Spreu vom Weizen zu trennen. Der Markt ist überschwemmt mit LED-Produkten unterschiedlichster Güte, und für einen Lichtplaner ist es die größte Sünde, sich hier nicht auszukennen.
Natürlich setzen wir auch LED ein, bei Garhammer zum Beispiel in Lichtvouten, überall dort, wo gedimmt werden sollte, unter anderem im Außenbereich. Hier ist die Integration in das Beleuchtungskonzept gelungen. Beim Modeunternehmen Robert Ley in Münster haben wir die 3.500 Quadratmeter große Verkaufsfläche sogar komplett mit LED ausgestattet, und zwar mit einem RA-Wert von >90, sodass man darunter auch Textilien präsentieren kann.
Allerdings gilt für mich grundsätzlich noch: Je hochwertiger der Shopauftritt, desto vorsichtiger bin ich. Ich bemustere vor Ort stets sowohl Entladungslampen als auch LED und lasse vom Geschäftsführer über den Abteilungsleiter und Dekorateur alle Entscheidungsträger urteilen. Man muss einfach vor Ort erleben, wie das Licht auf der Ware und in der speziellen Shopumgebung wirkt. Keine Berechnung, keine Farbtafel ist so überzeugend wie das konkret sichtbare Ergebnis.
Lichtplaner und Architekten bewerten die neuen gestalterischen Freiräume der LED-Lichtinszenierung im Shop vielfach positiv.
Der große Vorteil ist: Man kann sehr individuell beleuchten, mit kleinsten Lichtquellen arbeiten, LED in Möbel verbauen, ganz nah ans Produkt gehen und es mit Licht veredeln. Das bedeutet aber auch: Es ist eine enge Absprache zwischen Ladenbauern und Lichtplanern erforderlich, beispielsweise auch bei der Verwendung von Lichtfarben – alles muss schließlich zueinander passen. Erfahrungen aus meinen LED-Tests gebe ich an Ladenbauer weiter. Ich lasse mir von ihnen angeben, welche Möbel be- und unterleuchtet werden sollen, um meine Lichtplanung entsprechend anzupassen, oder ich setze sogar zum Teil selbst LED einer bestimmten Farbtemperatur in die entsprechenden Profile ein.
Licht wird als Werkzeug für individuelle Inszenierungen immer intensiver genutzt, beispielsweise auch für die situationsspezifische Lichtsteuerung in der Umkleidekabine. Man kann viele Tasten drücken, aber ob sich das zu einem stimmigen Konzept fügt, ist die Frage. Ich bin der Meinung, dass man dem Kunden nicht noch mehr Aufgaben zumuten, sondern ihn entlasten sollte – er ist schon gestresst genug. Eine ruhige Atmosphäre zählt im Zweifelsfall mehr als „großes Theater“. Hier muss der Lichtplaner aber auch den Inhaber beziehungsweise Auftraggeber durch seine Lichtplanung und Beratung unterstützen.
Wie viel bleibt von der optimalen Lichtgestaltung angesichts ständig wechselnder Sortimente und Platzierungen im Verkaufsalltag übrig?
Das ist tatsächlich ein Problem. Leider fühlt sich in vielen Häusern niemand für das Thema Lichtmanagement zuständig. Jede Leuchte, die falsch positioniert ist, bedeutet jedoch verschwendete Energie. Es ist sehr wichtig, das Bewusstsein im Handel dafür zu schärfen. Die Dienstleistung des Lichtplaners sollte über den Vorabend des Eröffnungstages hinausreichen. Dann und wann auch nach Projektabschluss die Leuchten einfach neu justieren und an veränderte Warenpräsentationen anpassen – dies ist in meinen Augen die geringste Investition, die der Einzelhändler sich leisten sollte, um seine Lichtanlage optimal zu nutzen.
Fotos: Blocher Blocher Partners (1), Escada SE (1)
Das Interview führten Winfried Lambertz und Brigitte Oltmanns.