Das Thema Energiesparen hat im Handel auch bei derzeit sinkenden Strompreisen nicht an Aktualität verloren. Bei den Investitionen in eine Verbesserung der Energieeffizienz führt die Beleuchtung nach wie vor die Prioritätenliste an. Der sukzessive Umstieg auf LED hat bereits erhebliche Energie- und damit Kosteneinsparungen gebracht. Dennoch wird noch Potenzial verschenkt, weil LED-Strahler erst im Zusammenspiel mit einem tageslichtabhängigen Lichtsteuerungssystem ihre Leistungsfähigkeit in puncto Energieeffizienz voll ausschöpfen. Intel-28 EINRICHTUNG Lichtsteue rung ligentes Lichtmanagement bedeutet, Licht nur dort zu nutzen, wo es gerade gebraucht wird, und nur so viel, wie gerade gebraucht wird. Für diesen Zweck regeln und dimmen elektronische Steuerungskomponenten eine Beleuchtungsanlage automatisch und senken damit die Stromkosten. Nicht jeder Händler, der auf LED umstellt, investiert auch in eine Lichtsteueranlage – immerhin erhöht ein entsprechendes System nach Aussagen von Beleuchtungsexperten die Kosten für die Shopbeleuchtung um 10-15 Prozent. Der Anteil von steuerbarer, Dali-gestützter LED-Beleuchtung liegt im Handel nach Schätzung von Lichtexperten derzeit bei 15 Prozent.
Viele mittlere und kleine Handelsunternehmen scheinen mit der neuen Technologie noch zu „fremdeln“. Doch das Licht einfach an- und ausschalten, das war früher. Moderne LED-Technik bietet die Möglichkeit, die Beleuchtung selbstständig zu regeln, den Lichtkomfort zu maximieren und zugleich die Energiekosten zu minimieren. Das ist eine Herausforderung für viele Shopbetreiber, zumal die Kaufleute Lichtmanagement häufig mit aufwändigen Installationen und komplizierten elektronischen Steuerungen assoziieren.
Keep it simple
Die Strategie sollte lauten: „Keep it simple“. Die Herausforderung für die Hersteller und Lichtplaner besteht darin, die komplexe Lichtdramaturgie einfach und anwenderfreundlich umzusetzen, sagt Stefan Renkes, Leiter Forschung & Entwicklung bei Oktalite Lichttechnik. Händler müssen entsprechende Unterstützung erhalten, zum Beispiel durch bereits programmierte Lichtszenarien, die auf einem Tablet einfach angewählt werden können wie etwa die Messeneuheit „LiveLink“ von Trilux. „LiveLink“ erfasst das im Shop vorhandene Tageslicht über Sensoren und steuert nur genau die Lichtmenge zu, die nötig ist, um das gewünschte Helligkeitsniveau zu erreichen. Das System funktioniert als energieeffiziente Insellösung ebenso wie in der intelligenten Vernetzung mit dem gesamten technischen Gebäudemanagement.
Gerade im Lebensmittelhandel gewinnt intelligentes Lichtmanagement an Bedeutung, und zwar im Zuge des Trends zu Neubauten mit transparenten großen Glasfronten, die viel natürliches Licht hereinlassen. Seit kurzem regelt beispielsweise Dirk-Uwe Clausen, Betreiber des neuen Edeka-Marktes am Wiesendamm in Hamburg seine Beleuchtungsanlage über „StoreWise“ von Philips. Die Lösung führt Tageslicht und sämtliche Lichtquellen im Markt ganzheitlich zu einem individuellen Gesamtkonzept zusammen. Im Vordergrund standen bei Clausens Entscheidung für eine moderne Lichtsteuerung die Energiekosten und das Einsparpotenzial.
Intelligente Lichtsteuerung
Ein wichtiger Baustein des Systems ist die sich autark regelnde intelligente Lichtsteuerung. „Wenn es draußen dunkler wird, fährt die Lichtsteuerung das Lichtniveau automatisch hoch, um die Waren angemessen auszuleuchten. Man nimmt den Wechsel gar nicht wahr, was fürs Auge sehr angenehm ist“, berichtet Clausen. Bei Events wie dem Schlemmerabend oder einer Weinverkostung hat Clausen zudem die Möglichkeit, die entsprechenden Bereiche lichtatmosphärisch anzupassen, einfach per Fingertipp über ein Display und bereits programmierte Szenarien. „Das System ist benutzerfreundlich und einfach zu bedienen“, so der Edeka-Kaufmann.
Im Fashionbereich wächst über das Thema Energiesparen hinaus zunehmend auch das Gespür dafür, welche Möglichkeiten dynamische Lichtinszenierungen mit ihrer individuellen Dramaturgie bieten. Die dynamischen Lichtinstallationen haben allerdings mit den plakativen bunten Farbwechseln der LED-Pionierzeit nichts mehr zu tun, sondern erzeugen subtile Effekte. Ein Beispiel dafür ist die Monolabel-Boutique Issey Miyake in der Altstadt von Antwerpen. Im Schaufenster der exklusiven internationalen Modemarke erzeugt dynamisches Licht mit unterschiedlichen Helligkeitswerten die Wirkung, als ob sich die für Issey Miyake typischen Mannequins bewegen.
Die Verkaufsfläche im Laden ist in mehrere Zonen unterteilt, die über Bewegungssensoren interaktiv auf das Betreten reagieren. Dabei steigt das Helligkeitsniveau subtil an, je nachdem, wohin der Kunde gerade seine Schritte lenkt. Das Licht in den Umkleidekabinen, wo eine warmtonige Helligkeit mit etwa 50 Prozent Lichtstrom herrscht, wird, wenn eine Kundin eintritt, deutlich wahrnehmbar auf ein Programm „Wohlfühlatmosphäre“ angehoben. Über „Tunable White-Technologie“ können Verkaufsberater am „Emotion-Touchpanel“ passend zur ausgewählten Garderobe Lichtfarbe und Helligkeit verändern bzw. deren Wirkung in einem anderen Umfeld zeigen. Zudem lassen sich am Panel vorprogrammierte Szenen u.a. für Ver-anstaltungen abrufen. Entwickelt hat das bei Issey Miyake verwirklichte interaktive Beleuchtungskonzept der niederländische Lichtkünstler Luuk van Laake, angepasst und umgesetzt hat es das belgische Zumtobel-Team.
Täglicher Szenenwechsel
Auch das Modehaus Hellner in Westerland auf Sylt setzt auf dynamische Lichtinszenierungen. In den sechs Schaufenstern des zweistöckigen Baus sorgt ein innovatives Lichtkonzept von Oktalite in Zusammenarbeit mit Light Life für attraktive Reminiszenzen an die Nordseeregion und greift damit das Trendthema Regionalität auf. Dieses zieht sich insgesamt wie ein roter Faden durch die Gestaltung des Geschäfts.
Ausgehend von der Tatsache, dass der Sylt-Tourist durchschnittlich eine Woche Urlaub bucht, erleuchten insgesamt sieben unterschiedliche Motive – an jedem Tag eine andere Szenerie – die großen Schaufensterkuben bei Einbruch der Dunkelheit und erzielen damit eine Fernwirkung über die gesamte Einkaufsstraße. „Alle Schaufenster treten dabei in Interaktion und verbinden sich zu einem Gesamtkunstwerk“, erläutert Katja Nolte, Leitung Lichtplanung bei Oktalite die Intention. Das Licht stellt in einigen Motiven den Fluss von Wasser dar. So simuliert aufsteigendes und abfallendes Licht den Wechsel von Ebbe und Flut. Die Brandung der Nordsee wird durch einen Lichtstrahl in Szene gesetzt, der wie eine Welle von einem Schaufenster zum nächsten rollt – während der „Herzschlag“ mit einem rhythmischen Lichtkonzept das pulsierende Leben auf Sylt nachempfindet. Insgesamt inszeniert das Modehaus mit diesem dynamischen Lichtkonzept in den Abendstunden wiederholt ein rund zwei Minuten dauerndes emotionales Licht-Spektakel und sorgt für viel Aufmerksamkeit bei den flanierenden Sylt-Gästen.
Fotos (3): Philips (1), Oktalite (1), Zumtobel (1)
LED: Umstellung braucht Zeit
Laut dem EHI Energie-Monitor 2015 haben 68 Prozent der befragten Händler ihre Energiekosten im Vergleich zum Vorjahr zwar bereits um durchschnittlich sechs Prozent senken können. Doch die Steigerungen der EEG-Umlage und der Netzentgelte sowie geplante weitere Novellierungen der Energie-Effizienzrichtlinie und des EEG könnten zu erneutem Kostenanstieg führen.
Ganz oben auf der Agenda der Einzelhändler stehen daher weiterhin Maßnahmen für eine effizientere Beleuchtung. Alle befragten Händler aus dem Bereich Food und 72 Prozent aus dem Nonfood-Sektor gaben die LED-Technik als Investitionsschwerpunkt an. Die Maßnahmen erfolgen in aller Regel im Rahmen der bestehenden 5-10-jährigen Sanierungszyklen der Handelsunternehmen. Bisher haben laut Energie-Monitor 20 Prozent der Händler vollständig auf LED umgestellt. Elektronische Lichtsteuerungssysteme gewinnen derzeit langsam an Bedeutung – auch aus Kostengründen. Lediglich neun Prozent aller investitionswilligen Unternehmen nutzen zur Finanzierung energieeffizienter Shop-Beleuchtungen und anderer Maßnahmen bislang die verschiedenen Förderprogramme in Form von günstigen Darlehen bzw. Krediten oder Zuschüssen. Die meisten stemmen die Investitionen sukzessive aus eigener Kraft.