„Ultra Violet 18-3838“ ist die Farbe des Jahres 2018. Was drückt die diesjährige Farbe des Jahres aus?
Sie soll Originalität, Einfallsreichtum und visionäres Denken vermitteln. Ultra Violet steht für die unendliche Galaxie mit all ihren Geheimnissen, die es zu entdecken gibt. Sie soll auffordern, sich mit neuen Technologien zu beschäftigen.
Man sollt nicht jedem Trend nachgehen, aber Farben bewusst und zielgruppengerecht einsetzen.
Carola SeyboldWie wählt Pantone die Farbe des Jahres aus und welche Kriterien sind bei der Wahl ausschlaggebend?
Die Beratungsabteilung von Pantone, das „Pantone Color Institute“, wählt die Farbe ungefähr im Mai des Vorjahres aus. Dafür „durchkämmen“ wir die Welt. Kunst und die Filmindustrie beeinflussen die Farbwelt, ebenso politische und wirtschaftliche Faktoren. Großen Einfluss üben auch neue Technologien und Materialien aus. Wir versuchen, den Zeitgeist einzufangen. Unsere Leitfrage ist: Was bewegt die Menschen, und wie drückt dies Farbe aus? Zu Beginn jedes Jahres macht Pantone Trend-Prognosen, je nach Branche auch saisonal. Ebenso führen wir für Einzelunternehmen Trenduntersuchungen durch. Trend-Farben sind Prognosen für die kommenden 12 bis 18 Monate, die Farbe des Jahres hingegen greift einen existierenden Trend auf. Die Farbe des Jahres ist daher keine Trend-Prognose.
Mit welchen Farben lässt sich Ultra Violet kombinieren?
Wir haben dieses Jahr acht verschiedene Farbpaletten zusammengestellt, darunter finden sich Kombinationen mit „Hot Pink“ oder „Raspberry“. Zusätzlich beschreiben wir dort die Wirkung, die je nach Kombination variiert. Inzwischen sind auch ungewöhnliche Farbkombinationen beliebt, da das Aufbrechen alter Konventionen Spannung erzeugen kann.
Wie misst Pantone die Relevanz der Farbe des Jahres?
Wir messen die Relevanz an Media-Impressionen. Das Thema Farbe erhält in den letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit. Dementsprechend erfährt auch die Farbe des Jahres mehr Aufmerksamkeit. Meiner Meinung nach bleibt in der heutigen Zeit, in der wir immer schnell im Internet unterwegs sind, Farbe am längsten im Gedächtnis.
Carola Seybold: Farben-froh
Carola Seybold hat ein Studium der Verwaltungswissenschaften an der Universität Konstanz mit Diplom abgeschlossen und weiterführend ein Marketingstudium an der Universität Hohenheim absolviert. 2008 kam sie zu Pantone und ist inzwischen Director of Business Development für Pantone Europa, Naher Osten und Afrika und leitet das Marketing für Pantone EMEA.
Welche Rolle spielt Farbe für den Markenauftritt eines Handelsunternehmens? Welche Faktoren gilt es zu beachten?
Jede Farbe hat eine gewisse Aussage. Ein Händler sollte sich daher seine Botschaft und Zielgruppe überlegen. Er sollte sich fragen: Drückt meine Farbe noch das aus, was ich möchte? Meistens reichen kleine Veränderungen wie ein neuer Unterton. Farbinstitute können bei solchen Fragen unterstützen.
Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?
Ein passendes Beispiel für den bewussten Einsatzvon Farbe im Ladenbau ist Mc Donald’s: Die Fastfood-Kette hat in Deutschland von Rot auf Grün umgestellt, in Amerika nicht. Wieso? Sie wollten hierzulande einen Image-Wechsel. Vor etwa fünf Jahren hat das Unternehmen angefangen, die Innenräume sowie das Logo auf Grün umzustellen. Grün ist eine ruhigere Farbe, die mit der Natur in Verbindung gebracht wird. Das Thema Naturschutz spielte hier die größte Rolle, da Mc Donald’s wegen seiner Verpackungsmaterialien vor allem in den deutschsprachigen Märkten eher in der Kritik stand.
Welchen Einfluss hat Licht auf die Wahrnehmung von Farben?
Es gibt Farben, die viel Licht schlucken. Ich muss mir als Gestalter überlegen, wie ich diesen Effekt mit Licht wieder auffangen kann. Ultra Violet, unsere aktuelle Farbe des Jahres, ist ein relativ dunkler Ton, sie passt nicht unbedingt als Hauptfarbe im Raum. Allgemein empfehlen wir, nicht jedem Trend nachzugehen, denn so oft kann man den Verkaufsraum gar nicht neu streichen.
Wo sehen Sie denn Anwendungsmöglichkeiten von Ultra Violet im Storedesign?
Zum Beispiel für Sonderflächen, eine Promotion oder ein Sonderprodukt. So zeigt man, dass man Trends mitbekommt. Man kann beispielsweise ein Schaufenster mit der Farbe Ultra Violet dekorieren.
Was sollten Innenarchitekten bei der farblichen Gestaltung von Verkaufsräumen beachten?
Wichtig ist der Kundenlauf. Man sollte sich überlegen: Was sieht der Kunde zuerst, wenn er ein Geschäft betritt? Meist geht der Blick in Europa zuerst nach rechts. Farbe kann helfen, wenn man etwas akzentuieren oder den Blick auf Highlights lenken will. Ein Fehler wäre es, den Laden mit Farben oder Mustern zu überfrachten. Wohlfühlatmosphäre zu schaffen ist zurzeit ein wichtiges Thema, wie das neue Store-Format Arket von H & M zeigt, ein Modegeschäft mit integriertem Café. Hier verwenden Unternehmen ruhige „Wohlfühlfarben“.
Welche Entwicklungen sehen Sie im Jahr 2018 auf uns zukommen?
Wir werden in diesem Jahr sicher viele Metallic-Töne sehen, auch mit Auswirkungen auf den Ladenbau: Metallic-Partikel mit unterschiedlichen Effekten, Metallic-Farben von grob- bis feinkörnig, von hochglanz bis matt. Wir bringen im Herbst neue Fächer mit über 200 neuen metallischen Farben heraus. Derzeit beschäftigt den Handel zudem die Frage, wie man Farbe auf unterschiedlichen Oberflächenmaterialien gleich einsetzen kann.
Fotos (2): Pantone
Das Interview führte Imke Hahn.
Pantone: Die Welt der Farben
Pantone ist ein US-amerikanisches Unternehmen, das besonders für das 1963 entwickelte „Matching System“ bekannt ist, ein Buch mit standardisierten Farben im Fächerformat. Das Pantone Color Institute ist eine Beratungsabteilung bei Pantone, die Prognosen für globale Farbtrends erstellt und Unternehmen zu Farbe für Markenidentität und Produktentwicklung sowie in Fragen der Farbqualitätssicherung berät.
Weitere Informationen: www.pantone.de