Noch sind wir es gewohnt, dass Licht im Shop zumeist von der Decke kommt. Es erhellt den Shop und setzt die Ware durch gerichtetes Licht in Szene. Doch seit einiger Zeit nehmen kontrastreichere Dramaturgien im Shopbereich zu. Es wird auf weniger Allgemeinbeleuchtung zugunsten von Lichtkonzepten mit gezielter Licht- und Schattenwirkung gesetzt, die Farben, Oberflächen und Strukturen der Ware dreidimensional erlebbar machen. Die neuen Lichtszenarien schärfen das Bewusstsein dafür, dass die flexiblen Einsatz- und Gestaltungsmöglichkeiten von LED die Shopbeleuchtung verändern werden.
Das große Thema wird das möbel- und architekturintegrierte Licht sein.
Jörg Krewinkel„Licht wird zukünftig immer weniger ein haptischer Körper sein, der ein Leuchtmittel beinhaltet, sondern vielmehr ein Medium“, meint der Lichtplaner und -architekt Jörg Krewinkel, Managing Director der Schweizer Lichtkompetenz GmbH. Krewinkel: „Das große Thema wird das möbelintegrierte Licht sein.“ Die digitale Lichttechnologie erlaubt es den Lichtplanern, das Licht nahe am Produkt zu platzieren, das Produkt aus unterschiedlichen Richtungen zu beleuchten und es optisch zu modellieren. Hochwertige Ware kann damit als Solitär ihre Wirkung entfalten – etwa im Regal, auf Verkaufstischen, in Vouten, an Säulen oder auf stilisierten Bäumen. Zudem bieten sich dank der Biegsamkeit und Stoßfestigkeit der LED zahlreiche Möglichkeiten für integrierte Architekturbeleuchtung in Säulen, Portalen, Markenwänden und -rahmen, Deckenvorsprüngen, Balustraden, Handgriffen, Treppen, Aufzügen oder Rolltreppen. Auf diese Weise lässt sich ein Raumerlebnis steigern.
Ein Beispiel für die Entwicklung hin zum möbelintegrierten Licht ist der Weinkeller „La Cave“ im Pariser Nobelkaufhaus Le Bon Marché. Das von dem Unternehmen Lichtkompetenz umgesetzte Beleuchtungskonzept basiert fast ausschließlich auf einer integrierten Beleuchtung ganz nah am Produkt. Es hätte laut Krewinkel nicht mit konventioneller Lichttechnik realisiert werden können. Jede Regaleinheit wurde hier mit LED be- und hinterleuchtet, jede einzelne hochwertige Weinflasche dreidimensional in Szene gesetzt. Zugleich betont das speziell auf Mobiliar und Architektur zugeschnittene Konzept mit vertikalem Licht die historischen Weinkellern nachempfundene gewölbte Decke.
Mit künstlerischem Anspruch
In der gerade eröffneten neuesten Filiale des Schweizer Damenmode-Filialisten PKZ an der Bahnhofstraße in Zürich setzte Lichtkompetenz ebenfalls auf ein ausschließlich LED-basiertes Lichtkonzept. Die Deckenbeleuchtung mit LED-Downlights und -Strahlern repräsentiert mit einer angenehmen Farbtemperatur von 3.000 Kelvin und einem Farbwiedergabewert von 95 CRI lichttechnisch den derzeit höchsten LED-Standard. Die Schaufenster werden horizontal und vertikal beleuchtet und setzen damit starke Akzente und Blickfänge.
Hohe Aufmerksamkeit erzielt eine riesige dynamische LED-Lichtinstallation des britischen Lichtkünstlers Julian Opie über zwei Etagen der Schaufensterfront. Diese reflektiert mit der Installation „Vorbeiflanierende Passanten“ das geschäftige Treiben auf der Bahnhofstraße – und wertet damit die Wirkung des Stores ebenso auf wie der an der Gebäudeseite befindliche gläserne Lift. Der Glasturm aus den 80er-Jahren erhielt eine farbdynamische Beleuchtung mit etagenweisem Farbwechsel.
Laut Krewinkel wird sich in den kommenden Jahren der Trend zur integrierten Ladenbeleuchtung verstärken. Die LED-Technik kann laut Krewinkel innovative Ladenbaukonzepte vorantreiben. Symptomatisch dafür sind aus seiner Sicht Projekte wie das LV Townhouse Selfridges in London oder der Etro-Flagshipstore in Wien. Der Trend zur integrierten Beleuchtung geht dort einher mit dem Trend, Ladenflächen zu „Wohlfühloasen“ zu verwandeln und mehr „private“ Wohnatmosphäre im Stil von City-Appartements zu kreieren. In dieser angenehmen Atmosphäre soll sich der Kunde länger aufhalten und natürlich auch entsprechend Geld ausgeben.
Integriertes warmweißes Licht schafft mit sorgfältig austarierten Hell-Dunkel-Effekten ein schönes „Wohnambiente“. Deckenlicht hat hier mehr dekorativen Charakter, beispielsweise in Form überdimensionaler moderner Leuchten, die das „Wohnambiente“ unterstützen. Notwendig zur Erhellung des Verkaufsraums sind sie nicht mehr unbedingt. Bei der Konzeption solcher subtil gestalteten Verkaufsflächen mit integrierter Beleuchtung sollte der Lichtplaner von der ersten Minute an in das Projekt involviert sein, der kreative Dialog zwischen Bauherren, Architekten und professionellen Lichtplanern sollte auf Augenhöhe stattfinden.
Fotos: Michelgroup (1), Schweitzer Project (1)