Geheimnisvolle Spiegelungen wecken Ihr Interesse. Sie nehmen etwas Funkelndes und Glänzendes wahr. Neugierig kommen Sie näher. Diese außergewöhnliche Atmosphäre zieht Sie in ihren Bann. Was verbirgt sich dahinter? Was gibt es hier zu entdecken? Eine dramatische Dunkelheit, in der es funkelt und glänzt. Etwas bewegt sich und erregt Aufmerksamkeit.
Es gibt kein brillanteres Gestaltungsmittel als Licht.
Ilka MellertUnd dann, dort hinten, wird es ganz hell. Ihr Blick ist gefangen von dem Zauber, der Sie aus dem Inneren des Raums anlockt. Sie gehen hinein. Licht kann viel mehr als nur hell sein. Gedimmt taucht es Räume in sanftes Licht, diffus vermittelt es einen vagen Raumeindruck, gerichtete Strahler akzentuieren Details. Ein Shop ist vergleichbar mit einem Bühnenstück: Das Schaufenster ist die Verpackung, die so packend sein muss, dass ihr keiner widerstehen kann. Der Kunde wird beim Betreten des Shops selbst zum Teil der Geschichte, die erzählt wird. Das Lichtkonzept übermittelt den Lifestyle der Marke, setzt das Puzzle aus einzelnen Bildern zu einer Story zusammen. Theater funktioniert durch dramatische Momente, durch Überraschungen und vor allem mit einer Botschaft. Was erzählen Sie Ihren Kunden?
Es gibt kein brillanteres Gestaltungsmittel als Licht. Ein gutes Lichtkonzept ist wie ein Markenzeichen, um sich im Dschungel des Einerlei abzuheben. Mit dem Licht werden Inhalte transportiert: Informationen zum Produkt und Emotionen. Letztere haben einen großen Einfluss auf unser Wohlbefinden und somit auf die Kaufentscheidung. Ein Blickfang auf dem Lieblingsstück kann da viel bewirken.
Die Kunst der Reduktion
Weniger ist mehr! Sie alle kennen das aus dem Supermarkt: Sie suchen ein Duschgel und können sich dann vor lauter Auswahl nicht entscheiden. Und vielleicht gehen Sie frustriert ohne Duschgel nach Hause. Je größer die Auswahl, umso schwieriger fällt uns die Entscheidung. Gezielt eingesetztes Licht unterstützt die Orientierung und bringt den Kunden dorthin, wo Sie ihn haben möchten. Die Kunst liegt darin, Lichtpunkte so einzusetzen, dass Kontraste Aufmerksamkeit erregen und Spannung erzeugen. Wie bei einem guten Theaterstück oder auf dem Laufsteg ist es das „Drama“, das überrascht und begeistert. Was zieht Ihre Blicke auf sich?
Konkret bedeutet das, dass nicht überall im Shop 2.000-3.000 Lux erforderlich sind, um die Ware hervorzuheben. Es ist nicht der absolute Wert, der die Helligkeit bestimmt, sondern die Relation von heller zu dunkler Umgebung. Ein fahler Lichtkegel kann in einem dunklen Raum hell wirken, während in heller Umgebung die gleiche Beleuchtungsstärke eines Spots nicht wahrnehmbar ist. Neben der Beleuchtungsstärke auf einer Fläche spielen die Materialeigenschaften für den Helligkeitseindruck eine große Rolle. Glänzende Objekte spiegeln helle Flächen und können so trotz geringer Beleuchtungsstärke hell wirken. Das Arrangement der Waren und ihre Beschaffenheit bestimmen das Drehbuch für das Lichtkonzept.
Schatten und Farbtemperatur
Gerichtetes Licht erzeugt Schatten und ist die Basis für effektvolle Inszenierungen. Entscheidend für das Schattenbild ist die Position der Lichtquelle. Ein steiler Lichteinfall führt zu langen Schatten, Licht von unten erzeugt Dramatik. Diese Art der Beleuchtung eignet sich für das Schaufenster, um die Blicke der Passanten auf sich zu ziehen. Um die gewünschte Atmosphäre zu erreichen, spielt die Farbtemperatur des Leuchtmittels eine wichtige Rolle. Warme Farben stehen für Gemütlichkeit und wirken beruhigend, kalte Farben wirken cool, „sophisticated“ und aktivierend. Mit der Wahl des Leuchtmittels kann die Markenaussage unterstützt und der Kunde in die gewünschte Stimmung versetzt werden.
Seit jeher nutzt die Bühnenbeleuchtung dynamische Effekte für die Dramaturgie. Neue Technologien und Lichtsteuerungen ermöglichen heute den Einsatz von dynamischem Licht auch in der Architekturbeleuchtung. Voraussetzung hierfür sind Leuchten, die einzeln angesteuert werden können, zum Beispiel über Dali (Digital Adressable Lighting Interface). Mit Lichtmanagementsystemen können so individuelle Licht-Szenarien komponiert werden.
Diese Dynamik bietet gerade in der Shopbeleuchtung großes Potenzial: Angepasst an die Saison kann sich das Licht von LED-Leuchten automatisch oder auf Knopfdruck verändern: von warm bis sehr kalt, von weiß bis farbig, von hell bis dramatisch. Aber auch hier gilt: Nur ein durchdachtes Konzept verstärkt das Schauspiel, zu viel Farbe und zu schnelle Bewegungen verfehlen oft den gewünschten Effekt. Mit Licht können Räume immer wieder neu interpretiert werden. Durch verschiedene Lichtszenarien verschmelzen Zeit, Raum und Licht zu einer Einheit. Diese Trilogie ist die Basis für szenografische Interpretationen von Markenwelten.
Wie auch beim Visual Merchandising gibt es beim Spiel mit Licht und Schatten klare Hierarchien, die Wichtiges von Unwichtigem trennen. Diffuses Licht sorgt für eine allgemeine Ausleuchtung mit wenig Schatten, Spots schaffen Highlights und Charakter. Die Konzentration von Licht auf einzelne Objekte gibt dem Raum Struktur und erhöht die Aufmerksamkeit. Aber auch der Schatten braucht seinen Raum. Erst durch ihn entsteht die gewünschte Spannung.
In Szene setzen
Verschiedene Lichtqualitäten helfen dem Kunden bei der Orientierung im Shop. Eine gut erzählte Geschichte im Schaufenster verführt den Kunden, gleichmäßige, vertikale Ausleuchtung im hinteren Bereich des Shops sorgt für Tiefenwirkung und lockt Passanten herein. Viel zu oft wird vergessen, dass sich der Mensch vertikal orientiert und in die Ferne fokussiert. Vertikalen Flächen sollte gebührende Aufmerksamkeit geschenkt werden. Helligkeitskontraste zwischen Vorder- und Hintergrund vermitteln Spannung und geben das Gefühl, etwas entdecken zu können. Das Einkaufen wird somit zum Erlebnis. Schon Richard Kelly, ein Pionier der qualitativen Lichtplanung, hat es in den 50er-Jahren so formuliert: „Licht zum Sehen, Licht zum Hinsehen, Licht zum Ansehen.“
Weitere Informationen: www.spracharchitektur.ch