Kurze Wege sind das Ziel | stores+shops
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Die Herrenschuhabteilung bei Hölscher in Emsdetten arbeitet mit Größenvorwahl, dazu gehört dann ein Handlager.

Kurze Wege sind das Ziel

Warten oder weglaufen, fragt sich mancher Kunde beim Schuhkauf, wenn der Verkäufer auf der Fahndung nach der richtigen Größe eine gefühlte Ewigkeit im Lager verschwindet. Hier bietet sich ein zweigleisiger Ansatz an: Verringerung der Wege- und Handling-Zeit für den Verkäufer sowie Erhöhung der Aufenthaltsqualität für den Kunden.

„Es ist nicht gerade sehr kundenfreundlich, wenn man lange auf einen Schuh warten muss“, sagt Matthias Rienaß, als Einkäufer/Abteilungsleiter verantwortlich für das Schuhangebot im Dodenhof in Posthausen. Dodenhof wird seine Schuhfläche Anfang September auf 2.000 qm verdoppeln, auf 30 Mitarbeiter aufstocken und das Lager mit Rollregalen und bis zu vier Mitarbeitern ausstatten. Die interne Logistik ist daher „ein Riesenthema, mit dem wir uns natürlich beschäftigen“, so Rienaß.

Alexander Seppel sieht das etwas anders: „Das ist keine besonders spannende Sache.“ Seppel führt gemeinsam mit seinem Vater Claus acht Gero Mure-Filialen zwischen Mannheim und Heidelberg mit Verkaufsflächen zwischen 100 und 800 qm und jeweils 3 bis 10 Mitarbeitern. Wenn ein Kunde eine andere Größe brauche, laufe der Verkäufer eben ins Lager und schaue nach, so einfach sei das. Wartezeit sei sogar ganz positiv, denn „dann kann die Kundin sich noch ein bisschen umschauen“, und die Männer seien „geduldiger, als man immer denkt“. Länger als drei Minuten, räumt Seppel ein, sollte ein Kunde auch bei Gero Mure nicht warten müssen.

Tatsächlich wird die zumutbare Zeitspanne, die der Kunde auf die richtige Größe oder das linke Gegenstück zum anprobierten Modell wartet, sehr unterschiedlich bewertet, abhängig davon, ob man sich im Damen-, Herren- oder Kinderschuhsegment bzw. im kommerziellen Mittel- oder Premium- Segment bewegt. „Man muss dieses Thema sehr differenziert angehen“, sagt Bernd Frölich vom Schuhhaus Frölich mit Filialen in Bad Lauterberg und Duderstadt. „Bei den Herren haben wir Kartonpräsentation,“ die passende Größe steht quasi griffbereit, „das empfinden die Kunden als sehr angenehm, und wir haben dadurch einen enormen Quadratmeter-Umsatz auf einer sehr kleinen Fläche.“ Bei weiblichen Kunden geht man laut Manfred Brockkötter, der mit seinem Beratungsunternehmen EBG auf die Planung von Schuhgeschäften spezialisiert ist, von einer höheren Verweiltoleranz aus. Im Kinderschuhbereich hat eine kurze Wartezeit jedoch oberste Priorität, denn die kleinen Kunden „müssen zügig zufriedengestellt werden“.

Frauen geduldiger

Die Wege zu verkürzen war denn auch für das Schuhhaus Nestel in Reutlingen-Betzingen der Hauptgrund für einen umfänglichen Umbau der Kinderabteilung. Jetzt ist die Situation optimiert, das Handlager für die kleinen Kinder liegt in unmittelbarer Nähe, was sich laut Inhaber Hans-Georg Nestel „extrem bewährt“ und unmittelbar auf das Ergebnis ausgewirkt hat. Durch die Verkürzung der Laufwege konnte Nestel eine Vollkraft einsparen und den Pro-Kopf-Umsatz bei Kinderschuhen um 15-18 Prozent steigern, „und das ist im Kinderschuh-Bereich bemerkenswert“.

The Original arbeitet mit einer Kombination aus Modellvorwahl und Kartonpräsentation, hier entfällt der Weg ins Lager.

The Original arbeitet mit einer Kombination aus Modellvorwahl und Kartonpräsentation, hier entfällt der Weg ins Lager.

Im Premium-Genre ist die Modellvorwahl das gängige System, das aber auch generell bei einigen Segmenten „beispielsweise Sneakern momentan sehr im Trend liegt“, wie Maik Drewitz von Umdasch beobachtet. Dieses System habe den Vorteil, dass es eine differenzierte Zielgruppenansprache ermögliche, während bei der Größenvorwahl unter Umständen der Bequemschuh neben einem jugendlichen Modell stehe. Der Nachteil: Am Fußmarsch zum Lager führt kein Weg vorbei, wenn der Kunde eine zuverlässige Auskunft darüber erhalten soll, ob die gewünschte Größe vorhanden ist. Denn der Computer gilt in Bezug auf den Lagerbestand als fehleranfällig. „Außerdem wird die Individualität der Beratung durch technische Systeme komplett untergraben“, meint Hans-Georg Nestel, denn wenn der gewünschte Schuh in Größe 40 nicht mehr da ist, könne die Verkäuferin der Kundin eben ein Alternativmodell aus dem Lager mitbringen, der Blick in den Computer allein helfe da nicht weiter.

Ein effektiver Hebel für die Wartezeit-Verkürzung sitzt aber auch im Lager selbst, das „vor allem funktional sein muss“, so Max Schoenberg vom Schuhhaus Fifty-6 in Saarbrücken, die Schnelldreher sollten „direkt an der Tür sein, die gefütterte Ware, die im Sommer schon geliefert wird, muss jedoch nach hinten, auch wenn sie vielleicht am schwersten wiegt“.

Rollregale im Lager

Nach welcher grundsätzlichen Systematik die Ware vorgehalten wird, ob nach Farben oder Lieferanten, ist eine Glaubensfrage und hängt vom Geschäftstyp und der Zielgruppe ab. Ist die Lagerfläche begrenzt, können Rollregal-Systeme, ähnlich wie sie in Archiven benutzt werden, eine gute Lösung sein. Thomas Hüser vom Schuhhaus Hölscher in Emsdetten beispielsweise macht die besten Erfahrungen damit. Der Nachteil: „Da diese Regale immer in Bewegung sind, rutschen die Kartons hin und her“, sagt Hüser, doch durch nachträglich eingelegte Zwischenböden hat er diese „Kinderkrankheit“ schnell behoben. Zwar sind solche Systeme eine vergleichsweise große Investition, „doch ich bin froh, die höhere Investition getätigt zu haben“, sagt der Hölscher-Chef, „da die Platzersparnis hier alles andere schnell aufwiegt.“

Allerdings muss die Gebäude-Statik die Voraussetzungen dafür mitbringen, denn „bei einer solchen Verdichtung von Ware kommen leicht 300 bis 400 kg pro Quadratmeter zusammen, die meisten Geschossdecken in Schuhfachgeschäften sind jedoch nur bis maximal 250 kg/qm belastbar“, warnt Manfred Brockkötter. Häufig seien eine zentrale Platzierung des Lagers, kurze Wege und ein schneller Zugriff aufgrund der räumlichen Gegebenheiten eben doch „reines Wunschdenken“, so Brockkötter. Um so wichtiger sei es daher, die Wartezeit für den Kunden „mit einem pfiffigen Erlebniskonzept zu kaschieren“.

Schuhlogistik am POS: Optimierung der Wartezeit

  • Kurze Wege vom Lager zur Verkaufsfläche
  • Gut durchdachte Lager-Systematik
  • Information des wartenden Kunden
  • Schaffung ausreichender und komfortabler Sitzbereiche
  • Visuelles Erlebnis (Produkt-Inszenierungen, Dekorationen)
  • Analoge und digitale Unterhaltung (Zeitschriften, Tablets)
  • Service in Form von Getränken, Zeitschriften

Letztendlich geht es also auch darum, die Aufenthaltsqualität zu erhöhen und den Kunden zu unterhalten. „Dafür ist zunächst für ausreichende und ansprechende Sitzbereiche zu sorgen“, wie Brigitte May von Umdasch empfiehlt, „zudem kann dem Kunden, wie im gehobenen und Premium-Segment gang und gäbe, mehr Service in Form von Getränken oder Zeitschriften geboten werden.“

Natürlich sollte man ihm auch – so Bernd Frölich – „mehr fürs Auge bieten“ und ihn mit spannenden Produktinszenierungen und Dekorationen oder auch „digitalem Spielzeug“ wie Tablets unterhalten. Außerdem kommt es darauf an, dass der wartende Kunde „jederzeit weiß, was die Verkäuferin tut“, sagt Max Schoenberg, denn Logistik im Schuhhandel bedeute nicht nur Ware zu bewegen, „auch Emotion und Kommunikation gehören dazu“.

Was ein solches Bündel an Maßnahmen bewirken kann, fasst Manfred Brockkötter zusammen: „Wenn Kunden mit Kommunikation, Information, Präsentation und Service unterhalten werden, erachten sie Wartezeit nicht als Verlust, sondern als Gewinn an Qualität und Aufmerksamkeit für die eigene Person.“

Weitere Informationen: www.beratung-ebg.com und www.umdasch-shopfitting.com

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