Da bei Kassentischen alle zur Erfassung notwendigen Geräte Hitech-Instrumente sind und in hohen Stückzahlen hergestellt werden, muss man davon ausgehen, dass bei diesen Produkten eine dimensionale und technische Abänderung nicht machbar ist. Der Kundenservice hat ebenfalls einen entscheidenden Einfluss auf die „Gestaltungsphilosophie“ des Kassentisches, während die Warenform, die Warenart und die Warengröße seine Form bestimmen. Darüber hinaus müssen weitere Elemente wie Ergonomie, Arbeitsplatzqualität und -organisation, Sicherheit und Gesundheit des Kassenpersonals berücksichtigt werden. 

So könnte die herstellerunabhängige Lösung für Metro Cash & Carry aussehen.

So könnte die herstellerunabhängige Lösung für Metro Cash & Carry aussehen.

In vielen Fällen gilt es zudem, Vorgaben und Normen der örtlichen Aufsichtsbehörden zu beachten. Beim Design-Schliff spielt letztendlich der Hersteller eine entscheidende Rolle bei der Kassentischgestaltung, zum Beispiel durch herstellungstechnische Vorgaben oder die Verwendung von patentierten Rahmenprofilen. Es gibt „weiche“ und „harte“ Bestandteile des Kassentisches, oder, besser gesagt, Elemente, welche man im Design beeinflussen, formen und anpassen kann, während andere Elemente als feste Vorgaben den Rahmen der Möglichkeiten vorgeben.

Die Herausforderung bei der Entwicklung eines neuen Kassentisches für das Großhandelsunternehmen Metro Cash & Carry lag nicht nur darin, die genannten Schwierigkeiten zu meistern, sondern auch das Prinzip der Regalherstellung, nämlich Modularität und die Möglichkeit, hohe Stückzahlen zu produzieren, mit einfließen zu lassen, um Vorteile für die Bereiche Einkauf, Austauschbarkeit, Einsatzflexibilität – und letztendlich eine herstellerunabhängige Lösung zu erreichen. Der modulare Ansatz ohne herstellerspezifische Eigenschaften war hier das von Anfang an geforderte Ziel. Dies wird erreicht durch vereinfachte Produktionstechniken und die Verwendung von patentfreien Komponenten. Als zweites Ziel wurde angestrebt, firmenintern eine einheitliche Kassenarbeitsplatzgestaltung zu finden, um von international unterschiedlichen Modellen Abstand nehmen zu können. Dies bedeutete eine organisatorische und gestalterische Herausforderung.  

Ergonomie

Durch die Analyse von Arbeitsmodell und -ablauf konnten die notwendigen Module bestimmt und eine darauf abgestimmte Ergonomie erarbeitet werden. Dabei lag der Fokus nicht nur auf den Hauptbestandteilen des Tisches, es wurden auch Elemente wie der Sockel, der in der Regel fester Bestandteil des Tisches ist, als Modul eingeführt. So ist es möglich, durch verschiedene Sockelhöhen sogenannten anthropometrischen Gegebenheiten in den einzelnen Ländern gerecht zu werden. Weitere Module wurden ihrer Funktionalität gemäß zusammengefasst, da auch diese länderspezifische Unterschiede aufweisen können.

Es ist schon lange Praxis bei den Herstellern, den Kassentisch in modularer Bauweise anzufertigen, dennoch wurde in diesem Projekt das Thema Module grundsätzlich neu aufgerollt: Ergonomie, Einkauf, Technik, Einsatz und Wartung sollten nun auch von diesem Ansatz profitieren können. Herstellerspezifische Details wurden vermieden, um eine Flexibilität und Austauschbarkeit der Einzelteile zu gewährleisten. 

Um das Design des Kassentisches besser beurteilen zu können, muss darauf hingewiesen werden, dass beim Arbeitsprozess im Großhandel der/die Kassierende nicht wie im Einzelhandel dem vorbeigehenden Kunden gegenübersitzt. Aufgrund spezifischer Warenarten, -größen, -mengen und
-gewichte ist es im C&C-Handel notwendig, dass ein Großteil der Ware im oder auf dem Einkaufswagen bleibt und daher der/die Kassierende den Wagen leicht erreichen kann, um die Ware mit Handscanner direkt zu erfassen. Auch hier kann der modulare Ansatz Verbesserungen bewirken.

Je nach Einsatzzweck und Sortiment wird ein gerades oder ein abgeschrägtes Vorlaufband eingesetzt. Das geradlinige Vorlaufband bietet dem C&C-Handel mehr Platz für die Einkaufswagen professioneller Kunden, die die Ware im Wagen lassen, während im Einzelhandel das abgeschrägte Band einladend wirkt, um Kleinware auf das Band zu legen. Für beide Varianten bleibt allerdings die gleiche Funktionalität erhalten, sie können je nach Bedarf und in Stoßzeiten auch „kundenübergreifend“ eingesetzt werden. 

Geometrie

Die Ware wird mittels eines neuen bioptischen Scanners eingelesen, der eine erhöhte Lesekraft in der Tiefe besitzt. Die Geometrie des Kassentisches im Zentralbereich unterstützt die natürliche Armbewegung des Kassierenden vor allem beim abgeschrägten Vorlaufband bei erhöhtem Warenaufkommen. So wird der Weg vom Vorlaufband zum Nachlaufband verkürzt, und es entsteht ein weniger tiefer Greifraum zum Erreichen und Ablegen der Ware. Der hintere Bereich wurde so geplant, dass er die bestmögliche Lösung für den Kunden darstellt: ein schräg laufendes Nachlaufband bringt die Ware zum Wannenende, das durch die abgerundete Form den Kunden einlädt, mit dem Einkaufswagen „anzudocken“ und die Ware wieder einzuräumen.

Das große Payment-Modul seitlich der Wanne wurde niedriger gestaltet, um den Bezahlvorgang bequemer und das Gesamterscheinungsbild angenehmer zu machen. Er markiert klar die Schnittstelle „vorher“ und „nachher“ bei der Warenerfassung. Zusätzlich schützen das Payment-Modul und ein weiteres Servicemodul das Kassenpersonal davor, mit einem Wagen angefahren zu werden.

Es besteht ein komplexer Zusammenhang von Warenfluss, Kundendurchgang und KassiererInnen-Aktionskreis. Ein wichtiges Ergebnis der durchgeführten Studien für die Entwicklung des neuen Kassentisches betrifft den sogenannten Zentralbereich und seine Ergonomie. Durch das „Nachhintenschieben“ des bioptischen Scanners bleibt die Durchgangsbreite vom Vorlaufband zum Nachlaufband nahezu unverändert, die Ware muss daher nicht angehoben und gedreht werden. Der bioptische Scanner besitzt eine hervorragende Lesekapazität, welche die Ware ohne Einschränkung auch bei Durchzug vor dem Scanner erkennt. Für den Touchscreen und weitere zentral angebrachte Elemente wird eine flexible, in alle Richtungen verstellbare Arm-Lösung eingesetzt.

Man kann zusammenfassend sagen, dass der modulare Designansatz und die Bauweise folgende Punkte verbessern oder lösen konnten:

  • herstellerunabhängige Designlösung,
  • Ergonomie, Arbeitsprozesse,
  • optimierte Ausschreibung, Vergabe und Einkauf,
  • vereinfachte Benutzung und Wartung.

Das Großhandelsunternehmen Metro Cash & Carry testet die verschiedenen Ausführungen derzeit in mehreren Ländern, um Arbeitsprozesse und Ergonomie zu prüfen.

Autor Prof. Andreas Sicklinger ist Head of Product Design Department der Faculty of Applied Sciences and Arts an der German University in Kairo, Ägypten.

Weitere Informationen: www.guc.edu.eg

Statistiken zur Metro Group gibt es unter www.handelsdaten.de/statistik/suche/q/metro+aegypten/