Ob der letzte Akt des Einkaufs ein frustrierender oder ein jubilierender („Yippie, ich habe das Teil“) wird, darüber entscheiden wesentlich die Gestaltung der Kassenzone und der dortige Ablauf. Und da sich der letzte Eindruck dem Kunden ähnlich stark einprägt wie der erste und damit über die Frage des Wiederkommens entscheidet, ist das Grund genug, sich intensiv mit diesem Element der Shop- Einrichtung auseinanderzusetzen.
Position
Langzeit-erprobte Regel Nummer eins: „Der Kunde sollte nicht direkt beim Betreten des Ladens mit der negativ belasteten Notwendigkeit des Zahlens konfrontiert werden“, ist sich Rudi Sauermann, Inhaber der Düsseldorfer Sauermann Architectural Services, mit der Mehrheit seiner Berufskollegen einig. „Da der größte Kundenanteil einen Rechtsdrall hat, wenn er ein Geschäft betritt“, sei zudem die rechte Seite für die Kassenplatzierung nicht von Vorteil. „Entsprechend werden Kassen häufig am Ausgang installiert, aber auch mittig oder relativ hinten im Store“, berichtet Claudia Breil, Inhaberin von Breil+ Interior Design aus Hamburg. Die Counter sollten nicht sofort ins Auge fallen, aber: „Sie sollten gut erkennbar von allen Positionen der Verkaufsfläche sein.“ Denn wenn ein Kunde erst einmal gefunden hat, was er sucht, dann möchte er meist auch schnell zur Kasse kommen. Das macht deutlich: Die Platzierung ist häufig ein Balanceakt.
Anzahl
„Was die Anzahl an Kassen angeht, gibt es keine Faustregel“, kommt Innenarchitektin Claudia Breil zur nächsten Frage im Entscheidungsprozess. In Mode-Stores bis 400 qm sieht sie überwiegend eine Anlage vor, in größeren Fashion-Häusern eine Sammelkasse, bei Warenhäusern gliedert sie in der Regel nach Produktgruppen. Wolfgang Gruschwitz, Inhaber des Münchener Design- und Realisierungsbüros Gruschwitz GmbH, meint indes: „Die Fläche ist weniger entscheidend. Vielmehr hängt die Anzahl der Kassen von der Frequenz und der Erwartungshaltung der Zielgruppe ab. So machen beispielsweise für einen FC Bayern Fanstore auf 1.200 qm 12 Kassen Sinn, während ein Zara-Laden dieselbe Fläche wunderbar mit 5 Kassen abwickeln kann.“ David Dalziel, Group Creative Director der Londoner Design-Agentur Dalziel & Pow, macht noch eine andere Rechnung auf: „Das Umsatzvolumen ist eigentlich entscheidender als die Größe eines Geschäftes. Wir planen mindestens einen Kassenpunkt pro Million Euro Einnahmen.“ Da sich das Ausmaß des Erfolges nicht immer vorhersehen lässt, gilt es manchmal nachzusteuern: „Die Primark-Filiale in der Londoner Oxford Street wurde mit 64 Kassen eröffnet. Nach sechs Monaten mussten wir Platz für weitere 20 Kassierpunkte finden,“ sagt Dalziel.
Gestaltung
Die Gestaltung fängt mit der Wegeführung an, die dem Kunden eine eindeutige Navigation ermöglichen sollte. „Kassen müssen eine gute Fernwirkung haben“, stellt Claudia Breil heraus. „Wenn eine hohe Frequenz für den Umsatz benötigt wird und somit ein hoher Kassenumschlag besteht, kommt auch der Kundenführung im direkten Umfeld der Kasse eine hohe Bedeutung zu“, ergänzt Wolfgang Gruschwitz, „denn ein chaotisches Anstellen kann den gesamten Store-Eindruck belasten.“
Beim Design und der Ausgestaltung der Kassenanlage selbst ist Individualität Trumpf. Das gilt selbst dann, wenn die Entscheidung für System-Ladenbau fällt. „Wir arbeiten immer eng mit den Handelspartnern zusammen, ob bei der Entwicklung des Designs oder bei Innovationen von Kassentischen und Countern“, betont Marcus Volmer, Account Manager Deutschland des niederländischen Unternehmens Pan-Oston. „Kassen müssen zum Konzept passen, sie dürfen kein Fremdkörper sein“, hebt Rudi Sauermann hervor und empfiehlt „die Verwendung von haptisch sympathischen Materialien“. Eine moderne Kassenanlage sei möglichst clean zu halten, favorisiert Claudia Breil: „Display und Tastatur können in die Arbeitsfläche eingelassen werden oder sich auf einem Auszug darunter befinden.“ Wolfgang Gruschwitz stimmt zu: „Ein zu großer Einblick in das Kassengeschehen hat einen negativen Effekt, der Kunde nimmt Zusatzartikel weniger wahr.“
„Sehr wichtig ist die Gestaltung der Kassenrückwand“, so Claudia Breil. „Diese spiegelt die CI des Unternehmens wider und sollte einen möglichst wertigen Eindruck machen.“ David Dalziel pflichtet bei: „In einem von hohem Warendruck geprägten Store ist die Rückwand oftmals der einzige Ort, an dem Platz vorhanden ist, über die Dachmarke zu sprechen.“ Und wie steht es an dieser Stelle um Multimedia? Für Wolfgang Gruschwitz sind „digitale Elemente in diesem Bereich nur hilfreich, wenn es wenig Möglichkeiten gibt, anderweitig Zerstreuung zu bieten und wenn Spontankäufe nicht so wichtig sind. Bewegte Bilder sollten in jedem Fall positiv überraschen und die Imagebildung unterstützen – auf gar keinen Fall sollten die Besucher mit zu viel Werbeblöcken gelangweilt werden!“
Optimale Abläufe
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die effiziente Arbeitsorganisation. Claudia Breil rät: „Pro Kassenplatz sollten zwei Meter Breite vorgesehen werden, damit genügend Bewegungsfreiheit für das Verpacken und Entsichern gegeben ist.“ Damit noch eine zweite Person hinter der ersten vorbeigehen kann, empfiehlt Rudi Sauermann „einen Mindestabstand zwischen Kassentheke und Rückwand von 85 bis 90 Zentimetern“. Claudia Breil sagt zum Thema Höhe des Kassentisches: „Die Höhe sollte mindestens 1,10 Meter an der Stelle betragen, an der mit EC- oder Kreditkarte bezahlt wird, um angenehm zum Schreiben zu sein. Gleichzeitig sollten Tüten ohne großen Hebeaufwand an den Kunden übergeben werden können. Die Tiefe der Kasse sollte 90 Zentimeter nicht überschreiten. Darunter ist Platz für Verpackungsmaterial, Abfall, Kleiderbügelkartons etc. einzuplanen. Auch Raum für zurückgelegte Waren, Büromaterialien, die Musikanlage usw. sollte – unsichtbar – im Kassenareal vorhanden sein.“
Bau- und Heimwerkermärkte bzw. Garten-Center setzen inzwischen Kassenmöbel ein, die einen Ausstieg nach vorne haben, damit das Kassierpersonal mit dem Handscanner großvolumige oder schweren Waren scannen kann, ohne dass diese auf das Band gelegt werden müssen. Dieses Beispiel zeigt: Die Anforderungen sind je nach Branche unterschiedlich. Um auch die Vorgaben in puncto Ergonomie und Gesundheitsschutz einzuhalten, lohnt sich der Blick in die „Handlungsanleitung zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen an Kassenarbeitsplätzen“, die der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin herausgegeben hat. Marcus Volmer betont für den Hersteller Pan-Oston: „Unsere Produkte werden von der Berufsgenossenschaft geprüft und tragen das GS-Zeichen.“
Beleuchtung
Für Mitarbeiter wie Kunden ist gutes Licht elementar: „Die Helligkeit muss stimmen, damit die Mitarbeiter ermüdungsfrei arbeiten können. Weder sie noch die Kunden sollten geblendet werden“, unterstreicht Jörg Wallmeier, Geschäftsführer von D&L Lichtplanung, Menden. Weitere Kriterien sind laut Wallmeier: „Die Ware sollte vor der Bezahlung noch einmal im besten Licht präsentiert werden, um die Richtigkeit der Kaufentscheidung zu unterstützen. Ebenso ist es wichtig, die Kasse gut erkennbar zu machen, dies funktioniert am besten durch dekorative Pendelleuchten, die an die jeweilige Ausrichtung des Geschäftes angepasst sind. Ein Trend ist hier die LE D-Beleuchtung, damit können wir neue Formen und Größen der Pendelleuchten nach Wunsch bauen oder liefern, die LE D generiert blendfrei allerbeste Farbwiedergabe und wirkt durch die fehlende Wärmestrahlung positiv auf das Klima“, so Wallmeier.
Animation zu Zusatzverkäufen
Last, but not least ist die Kasse – wie bereits angeklungen – ein Ort, an dem zu weiteren Käufen animiert werden kann. Dies ist aus Handelssicht die sinnvollste Variante, Kunden etwaige Wartezeit zu verkürzen. Wolfgang Gruschwitz sieht optische Anreize wie Display-Mannequins, Fokus-Punkte oder Aktionen im Kassenumfeld als ideal an, um nonverbal auf weitere Shopping-Highlights, aber auch Unternehmens-Informationen wie Bonussysteme oder Events aufmerksam zu machen. David Dalziel experimentiert aktuell mit größeren Tischen rund um die Kasse. Rudi Sauermann meint: „Insbesondere in Schuh-Stores ist zu diesem Zweck der Kassenrückschrank besonders wichtig, ob als Nahlager für Schuhpflege oder Kleinmaterialien wie Schnürsenkel.“ Im Idealfall wird also an der Kasse noch Kasse gemacht.
Fotos: Dalziel + Pow (1), Gruschwitz (1), Breil Interior Design (1), Sauermann Architectural Services (1)