Wenn man gutes Personal für das Projektmanagement im Ladenbau finden will, worauf kommt es bei Auswahlverfahren und Umgang mit geeigneten Kandidaten an?
Wichtig ist zunächst die bewusste Auseinandersetzung mit der zu besetzenden Funktion. Dazu ist die genaue Erstellung eines Anforderungsprofils ein wichtiger erster Schritt. Denn nur wenn ich als Suchender weiß, was genau ich suche, erhalte ich auch die passenden Profile von geeigneten Kandidaten.
Liegen schließlich Profile von Kandidaten vor, ist eine schnelle Eingangsbestätigung ein positives Signal an die Bewerber. Bleibt diese aus, entsteht schnell ein negatives Gefühl. Dieses negative Gefühl wirkt sich äußerst kontraproduktiv aus. Weiter gilt: Keine Wartezeiten der Kandidaten, wenn diese zum Vorstellungsgespräch im Hause des Unternehmens erscheinen, genügend Zeit und eine angenehme Atmosphäre während des Gesprächs sowie fachlich sinnvolle Fragen tragen zu einem runden und positiven Bild bei. Das Unternehmen sollte so agieren, als ob dieses sich auch bei dem Bewerber bewirbt.
Was kennzeichnet eine exakte und aussagefähige Stellenbeschreibung?
Der potenzielle Bewerber soll sich in der Aufgabenbeschreibung der Stellenanzeige wiederfinden. Zum Beispiel spricht eine Beschreibung wie: „nachhaltige Umsetzung der Immobilienstrategie“ nicht direkt an, da sich ein Bewerber zum Beispiel aus dem Bereich Expansion darunter nichts Konkretes vorstellen kann. Hingegen ist ein Satz wie: „Sicherstellung einer standortgerechten Marktwertberechnung und Bewertung der Gewerbeimmobilien“ deutlich aussagekräftiger.
Wie verändert sich durch die Ausweitung digitaler Anwendungen im Store-Umfeld das Anforderungsprofil für Projektmanager im Ladenbau?
Rhetorisch stark, charismatisch und kompetent in der Beratung – das trifft auf viele Profis im Projektmanagement zu. Doch die Bereitschaft, sich fortwährend neues Wissen anzueignen, wird zu einer weiteren entscheidenden Schlüsselqualifikation für Menschen im Projektmanagement. Projektmanager müssen sich in puncto Digitalisierung auf dem Laufenden halten, um kompetent zu beraten. Auch die Bauabteilungen und Einrichtungsplaner haben es mit neuen Anforderungen in Zeiten der Digitalisierung zu tun. Theken mit integrierten Flatscreens sind mittlerweile Standard, Themen wie Virtual Reality und Robotik sind kommende Technologien. Ebenso muss bei der baulichen Planung vieles berücksichtigt werden, zum Beispiel die Anbindung von digitalen Medien oder Automatisierungstechnik an Warenträger mit Anschluss an das Datennetzwerk. Somit wird der IT-Spezialist / die Datenbankfachkraft im Ladenbau immer wichtiger. Architektur von heute ist Daten-Architektur von morgen.
Welches digitale Know-how sollten die Bewerber demzufolge mitbringen?
Künftig werden Storedesigner benötigt, die in der Lage sind, diese funktionale Datenarchitektur zu schaffen. Flächenkonzept aus dieser Sicht bedeutet dann die Platzierung der Einrichtung und gleichzeitig daran zu denken, wie die Daten am POS erhoben, weitergeleitet und verarbeitet werden können. Konkret kann das bedeuten: eine Wandabwicklung mit Netzwerkanschluss inklusive einer Konstruktion, in der das Touchpad verbaut ist, dabei müssen Verkabelung oder Accesspoints für das Wlan bedacht werden. Hier muss dann auch das Thema Datensicherheit im Store berücksichtigt werden. Es werden also Menschen benötigt, die bereits während der Konzeption eines Stores das Daten-Thema von Anfang an berücksichtigen können.
Können Sie dies an einem Praxisbeispiel erläutern?
Ein Thema ist das Electronic Shelf Labeling, also ESL, das immer mehr Handelsketten für sich entdecken. Ein weiteres Thema, das im Moment auf die Händler zukommt, ist Virtual Reality. VR ist eine Technik, die tendenziell das Einkaufen vor Ort in Teilen überflüssig machen könnte: Der Kunde geht auf dem Sofa mit dem Handy und der VR-Brille auf dem Kopf durch eine digitale Waren-Wunderwelt, schaut in die virtuellen Regale, erhält zu jedem Produkt viele Auskünfte, jeden Test, jede Käuferbewertung. Diese nächste digitale Revolution könnte unser Leben und den Handel erneut massiv verändern. Erste Unternehmen stellen sich dieser Herausforderung. Ein aktuelles Beispiel aus meiner Praxis: die Erstellung des Anforderungsprofils für die zu besetzende Stelle des Projektmanagers Einrichtung für die Sparte Tableware des Unternehmens Villeroy & Boch in Mettlach. Ich darf hier den Leiter des Bereichs Marketing und Kommunikation zitieren: „Der künftige Stelleninhaber muss sich auch mit dem Thema Digitalisierung auskennen, denn die Konzeptionierung neuer Ladenbaukonzepte und die anschließende Beschaffung beziehen sich nicht nur auf das Thema Einrichtung, sondern eben auch auf viele Bereiche rund um die Digitalisierung.“
Macht es möglicherweise Sinn, geeignete Mitbewerber aus anderen, stärker digitalisierten Bereichen zu gewinnen?
Viele Branchen haben schon Hervorragendes geleistet, die Digitalisierung und die damit verbundene Vernetzung in Bestehendes zu integrieren, zum Beispiel im Maschinenbau. Vernetztes Produktionsdenken kann auch auf den Handel übertragen werden, genannt sei hier das Stichwort Industrie 4.0. Das gilt auch für den Handel. Auch in den Branchen der Elektrotechnik, zum Beispiel der Sicherheitstechnik, gibt es viele kompetente Menschen, die meines Erachtens gut in das Thema „Ladenbau 4.0“ hineinwachsen können.
Was können Handelsunternehmen tun, um das digitale Know-how von Projektbeteiligten zu erhöhen?
Digitalisierung bedeutet, immer mehr Daten zu erheben und zu verarbeiten. Auch wird mehr und mehr die lückenlose Dokumentation von Prozessen maßgeblich sein, denn Arbeitsprozesse werden komplexer. Diese Daten müssen gesichert werden. Gerade im Bereich der Datensicherheit und Datenerhebung gilt es, die gesetzlichen Rahmenbedingungen einzuhalten, gegebenenfalls aber auch zu hinterfragen. Entsprechende abteilungsspezifische Weiterbildungsangebote sind daher eine wichtige Voraussetzung. In der IT zum Beispiel benötigen Mitarbeiter immer mehr Beratungsfähigkeiten, die Kompetenz, Sachzusammenhänge zu hinterfragen, aber auch „politisches Fingerspitzengefühl“, verbunden mit diplomatischem Geschick sind mehr und mehr im digitalen Veränderungsprozess gefragt.
Das Interview führte Winfried Lambertz.
Grafiken (3): Ladenbau Careers
Weitere Informationen: ladenbau.careers