Der Münchener Innenarchitekt und Shop-Planer Matthias Franz hat eine Mission, die lautet: Bei der Ladenbeleuchtung geht es in erster Linie um Funktion und nicht in erster Linie um Technik. Franz: „Technik ist nur das Mittel zum Zweck.“ Und er fährt fort: „Viele Planer und Gestalter sind zu technikverliebt, spielen mit den neuesten Lichttrends und verlieren dabei die Bedeutung der Beleuchtung buchstäblich aus den Augen. Den neuesten Leuchtentrend einzusetzen für eine effekthaschende Ladenbeleuchtung bedeutet oft, dass die Ware nicht optimal ausgeleuchtet ist oder die Raumatmosphäre nicht dazu beiträgt, die Verweildauer des Kunden zu erhöhen“, so Franz’ Beobachtung. Für Franz beginnt eine gute Lichtführung im Shop mit dem Wissen, wie Licht auf Menschen wirkt. Dafür sind Grundkenntnisse der Wahrnehmungstheorie notwendig. Zum Beispiel folgende: Ob der Mensch ein Licht als hell oder dunkel empfindet, hängt nicht von der absoluten Stärke des Lichts ab, sondern von der Relation dieses Lichts zur Umgebungshelligkeit. So wird ein Kunde, der von draußen aus dem Tageslicht in einen Laden eintritt, im ersten Moment nur einen dunklen, schwer zu erkennenden Raum wahrnehmen. Ein Kunde, der sich schon eine Weile im Laden aufhält, nimmt den Verkaufsraum als hell beleuchtet wahr.
Matthias Franz ist der Überzeugung, dass die Sehgewohnheiten des Menschen vom Tageslicht und seinem natürlichen Verlauf geprägt sind. Die menschlichen Stimmungen seien so eng daran gebunden, dass auch die Shopbeleuchtung eine möglichst natürliche Tageslichtstimmung erzeugen sollte, damit die Kunden sich wohlfühlen. Eine Möglichkeit besteht natürlich darin, den Laden durch Fensterfronten oder Glasdächer mit Tageslicht zu erhellen. Doch dadurch entsteht, wie zahlreiche Handelsunternehmen aus Erfahrung bestätigen können, eine komplexe Licht-Situation, die nicht einfach zu managen ist. Der natürliche Lichteinfall muss – mit all seinen Unterschiedlichkeiten – von vornherein in die Kunstlichtplanung einbezogen werden. Doch auch die menschliche Wahrnehmung, an die eine solche Planung angepasst werden soll, ist durchaus komplex. Matthias Franz erläutert: „Tagsüber als angenehm empfundenes Kunstlicht wird abends plötzlich als unangenehm empfunden. Das ist besonders bei einer Architektur mit großen Glasflächen der Fall – diese wirken dann kalt wie Spiegel. Dem muss man bei der Planung entgegenwirken.“
Viele Planer und Gestalter sind zu technikverliebt.
Matthias FranzNeben der Schaffung eines angenehmen Raumgefühls für den Kunden muss bei alldem immer noch berücksichtigt werden, dass die Ware optimal in Szene gesetzt wird. Dazu dienen die heute aktuellen differenzierten Lichtkonzepte, die mit Hell-Dunkel-Effekten arbeiten. Diesem Konzept stimmt auch Matthias Franz zu. Wo stärker mit Licht gearbeitet werden muss und wo weniger stark, muss an die individuelle Ladenstruktur angepasst werden. Der Innenarchitekt unterscheidet zwischen „sichtbarem“ Licht, das – mit sichtbaren, zum Teil dekorativen Leuchten – als räumliches Element zur Fernwirkung und zur Orientierung eingesetzt wird und funktionalem, nicht sichtbarem Licht, bei dem die Lichtquelle verborgen ist. Wie zum Beispiel über den prägnanten Lese-Lounges des Buchhandelsfilialisten Hugendubel, die Franz und sein Team seit 20 Jahren (weiter) entwickeln. Matthias Franz weist darauf hin, dass das komplexe Feld der Shopbeleuchtung auch nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern immer im Zusammenhang mit dem gesamten Material- und Farbkonzept des Stores. Auch hat die Beleuchtung die Aufgabe, die besonderen architektonischen Eigenheiten eines Verkaufsraums lichttechnisch „aufzufangen“ und auszugleichen. Neue Lichttechniken sollten, so Matthias Franz, also nicht um ihrer selbst willen eingesetzt werden, sondern immer dann, wenn sie die passende Lösung für die Aufgaben und Erfordernisse eines speziellen Beleuchtungskonzepts darstellen.
Fotos: Hugendubel (1), Gabriel Büchelmeier (1)