Die Verkaufszahlen der nordamerikanischen Schuhindustrie steigen. „Der Markt für Schuhmode bekam ganz zum Schluss die Rezession noch deutlich zu spüren, ist aber der erste, der auch die wirtschaftliche Erholung zu spüren bekommt“, sagt der Marktforscher Marshal Cohen von der NDP Group. Der Schuhmarkt setzte 2010 34,611 Milliarden Dollar um, was einem Anstieg um 7,2 Prozent entsprach. Die großen Warenhäuser und die teuren Fachgeschäfte treiben ihren Schuh-Absatz mit viel Aufwand voran. Ganz vorne sind hier die Schuhabteilungen der New Yorker Flaggschiff-Häuser von bekannten Warenhausunternehmen wie Barneys New York, Saks Fifth Avenue und Macys, die auf ihrer neuen, über 3.200 qm großen Schuhfläche die umfangreichste Schuhpräsentation der ganzen USA bieten. Die Gestaltung dieser Flächen muss ein würdiges Ambiente bieten zum Beispiel für Espadrilles zum Preise von 495 Dollar oder Stiefelchen mit Pelzbesatz, die 2.295 Dollar kosten.
„Juwelen für die Füße“, so bezeichnet der Architekt Ken Nisch, CEO des Storedesign-Beratungsunternehmens JGA, das, was Konsumenten heute in Schuhen sehen. „Schuhe und Brillen, da geht heute im Retail die Post ab“, sagt Nisch. „Beim Sport, im Casual-Bereich bis hin zur Abendgarderobe, Schuhe sind zu immer wichtigeren Accessoires geworden.“ Und der Storedesigner gibt einen wichtigen Rat für die Ladengestaltung: „Hohe Spiegel sind ein ganz wichtiges Element, wenn man Schuhe verkaufen will. Der Kunde muss sich darin von Kopf bis Fuß sehen können.“ Das von JGA konzipierte Geschäft Destination XL in Schaumburg, Illinois, bietet auf einer Fläche von 1.100 qm Herrenmode in Übergrößen an, von der Abendgarderobe über Freizeit- bis hin zu Sportbekleidung – mit den passenden Schuhen. Verbindendes Element der Abteilungen ist ein großformatiges Wandbild. Die Schuhe werden zusammen mit Aktentaschen und Koffern auf Ladenmöbeln aus Echtholz präsentiert.
Das Schuhhandelsunternehmen DSW mit Sitz in Columbus, Ohio, begann als Kaufhaus für Designerschuhe und betreibt heute 344 Filialen in 41 US-amerikanischen Bundesstaaten. Die Filialen des neuesten Typs setzen auf das Selbstbedienungs-Konzept. Das Angebot ist breit und umfasst Sport-, Freizeit- und Business-Schuhe vom Einstiegs- Preislevel bis hin zu hochwertigen Designer-Linien, von denen auch Handtaschen und andere Accessoires präsentiert werden. Neu ist ein „Wedding Shop“, in dem es neben Brautschuhen auch andere Schuhe für besondere Anlässe gibt. Mit dem neuen Filial-Konzept konnte DSW Umsatzzuwächse von 4,2 Prozent verbuchen. Das Konzept soll daher weiter ausgerollt werden.
Das richtige Licht
Der Architekt David Schwing, Geschäftsführer des Storedesign-Unternehmens BAR Architects aus San Francisco, zeichnet für das Design einiger DSW-Stores verantwortlich, darunter auch der neue Store am Union Square in New York. „Licht spielt bei dem Selbstbedienungskonzept von DSW eine wichtige Rolle“, sagt Schwing. „Das Licht in Schuhgeschäften muss das Material und die Farben sehr gut wiedergeben, damit der Kunde sich wohlfühlt, die Produkte und die Farben richtig erkennt und die Produktinformationen, vor allem auch die Größenangeben, richtig lesen kann.“
Reebok ist jetzt auch nach Manhattan gekommen mit seinem ersten „Reebok Fitness Hub“, ein 230 qm großer Concept Store auf der Fifth Avenue, der sich über einem 930 qm großen Reebok-Fitnessstudio, genannt „Cross Fit Box“ befindet. Die Grundbeleuchtung erfolgt über von der dunklen Decke abgependelte Lichtschienen. Der Hingucker des Stores ist aber eine Dreier-Reihe von Pendelleuchten mit großen Metall-Schirmen. Diese ziehen die Aufmerksamkeit des Kunden zu einer holzgerahmte Display-Wand, auf der die Sportschuhe präsentiert werden. Weitere „Reebok Fitness Hubs“ gibt es in Russland, Dubai, Korea und Großbritannien. David Dalziel, Kreativdirektor der Londoner Storedesign-Agentur Dalziel & Pow, hat Schuhgeschäfte und Schuhabteilungen für Kunden in aller Welt kreiert. „Der Markt für Schuhmode hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert“, meint Dalziel. „Schuhläden und die Schuhabteilungen großer Warenhäuser sind zu echten Attraktionen geworden.“ „Spezialisten wie Timberland oder Frye fokussieren sich auf ihre Tradition und ihren Marken-Nimbus“, so Dalziel. „Anbieter, die früher nur Schuhe verkauft haben, nehmen umfangreiche Sortimente von Taschen, anderen Accessoires oder Bekleidung in ihr Angebot auf, um im Wettbewerb mitzuhalten. Es ist schon eine Herausforderung, eine ganz besondere Store-Umgebung zu schaffen, wenn man ein Sortiment wie Schuhe zu präsentieren hat, das doch überall ziemlich ähnlich ist.“ „Wenn wir einen neuen Store entwerfen, dann denken wir als Erstes darüber nach, was recycelt werden kann, auf was man ganz verzichten kann oder was man minimieren kann.“ Das sagt Sean McCorry, Manager Storedesign bei Timberland in London. „Das beinhaltet Niedrigenergie-Technik wie Lampen mit niedrigen Wattagen, recyceltes Baumaterial und Bemühungen, den Wasserverbrauch zu senken.“
Doch zurück in die USA. Dort hat auch der Markt für konservative Herrenschuhe Auftrieb erhalten. Der Umsatz betrug 2010 10,492 Milliarden Dollar, was einem Zuwachs von 6,9 Prozent entsprach. Joshua Schulman, Präsident des New Yorker Luxus-Warenhauses Bergdorf Goodman, sagt, dass Herrenschuhe und Herrenmode der am schnellsten wachsende Bereich des Marktes für Luxusgüter sei. „Männer kaufen heute anderes ein“, sagt Schulman. „Sie legen heute Wert auf eine Garderobe sowohl für die Arbeit als auch für die Freizeit.“ In neuen Konzepten wie dem Warenhaus von Neiman Marcus im kalifornischen Walnut Creek hat die Schuhabteilung einen offenen Salon-Charakter mit ganz viel Tageslicht. „Der Neiman-Marcus-Kunde ist an jedem Trend interessiert und greift sofort zu, wenn er ein paar Schuhe sieht, das er noch nicht hat“, sagt Ken Downing, Fashion Director und Senior Vice President von Neiman Marcus. „Unsere Kunden beobachten den Trend in Print-Magazinen und online. Sie wollen wissen, welche Formen und Farben angesagt sind.“
Viel Tageslicht
David’s ist ein Schuhgeschäft im kanadischen Toronto. Das Design von den Storedesignern Burdifilek schafft einen neutralen, eleganten Hintergrund für die Schuhkollektionen. Materialien und Strukturen setzen subtile Akzente, darunter Makassar-Holz, Kalkstein, Glas, Wildleder, polierter Stahl und Spiegel, die die Schuhpräsentation optisch noch aufwerten. Einen wesentlich auffälligeren Ansatz wählte man im Solara Schuh- Store im Carrefour-Richelieu-Shopping-Center im kanadischen Québec. Die Designer von Ruscio Studio gaben dem 130 qm großen Laden eine unverwechselbare Identität durch eine ganz besondere Deckengestaltung: Sie hängten insgesamt 6.500 weiß gestrichene Damenschuhe von der Decke ab.
Die Modemarke Proenza Schouler hat in New York ihren ersten Brand-Store eröffnet in einem anspruchsvollen Design des Architekten David Adjaye mit Lichtgestaltung von Paul Gregory. Die Schuhe sind auf einzelnen kleinen Regalen an aus dunklen Längsbalken bestehenden Wänden ausgestellt. Daneben hängen Kleidungsstücke herab, sodass die Kunden gleich ganze Outfits auswählen können. Selbst Schuh-Outlets werden inzwischen aufgestylt. Der Bekleidungs- und Accessoire-Hersteller Vince Camuto beauftragte den New Yorker Architekten Sergio Mannino damit, Verkaufsumgebungen für seine Outlet-Stores in Riverhead, New York und Wrentham, Massachusetts zu kreieren, die Elemente der Camuto-Luxusgeschäfte beinhalten. Mannino entwarf ein Konzept mit Rückwänden in verhaltenem Rosa und einem elliptischen Lampenschirm aus Chrom, aus dem unzählige Schnüre aus kristallklaren Perlen herabhängen. Die Regale sind modular aufgebaut und haben verschiedene Höhen. An den Wänden befestigt befinden sich offene weiße Schaukästen, in denen jeweils ein Schuh und eine dazu passende Handtasche präsentiert werden.
Fotos: Solara(1), Neiman Marcus (1), Alexis Villarin (1), Reebok (1)
Größtes Schuhgeschäft der Welt eröffnet
Im Oktober 2012 eröffnete in der Dubai Mall der Level Shoe District, der sich mit seinen knapp 9.000 qm Fläche das größte Schuhgeschäft der Welt nennt. Es gehört der Chalhoub Group mit Sitz in Dubai. Angeboten werden über 250 verschiedene Marken. Der Store verfügt über eine VIP-Lounge, ein Café, eine Espresso-Bar, einen Schuster und ein Foot Spa. Rania Masri von Chalhoub beschreibt das Geschäft als einen Ort, an dem Schuh-Liebhaber einen ganzen Tag verbringen sollen.