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Die Tiefkühlabteilung im neuen Carrefour-Hypermarkt

Die Spezialisten

Malherbe Design mit Sitz in Paris ist eine bedeutende französische Design-Agentur, die nur für den Einzelhandel arbeitet, zum Beispiel für Carrefour. Geprägt ist die 1993 entstandene, erfolgreiche Agentur durch ihren Gründer und Inhaber Hubert de Malherbe, einen etwas exzentrischen Adelsspross.

Der 46-jährige Hubert de Malherbe gründete Malherbe Design vor 17 Jahren. Heute gehört die Designagentur mit Sitz im Pariser 8. Arrondissement zu den bekanntesten Retail Designern Frankreichs und beschäftigt nahezu 100 Leute. Das Kundenportfolio umfasst Namen wie Carrefour, den Telekommunikationsanbieter Orange oder Dior Parfumes. Hubert de Malherbe, ein dünner Mann mit langen blonden Haaren, taucht auf der Website von malherbedesign.com in diversen Videos auf, einmal einen Traktor steuernd, ein andermal liegt er im Anzug in einem Tümpel und plaudert über Design und Kultur. Er verkörpert das Bild, das man sich gemeinhin von einem Designer macht: ein bisschen versponnen, mit kreativer Aura und sich über Normen hinwegsetzend. Wie sein Name schon andeutet, ist de Malherbe aristokratischer Herkunft. Wie kam er auf die Idee, eine Designagentur zu gründen? Der Grund: Er brauchte das Geld.

Mein Stil ist Neuartigkeit. Mein Empfinden geht dahin,
etwas vollkommen anderes zu schaffen.

Hubert de Malherbe

Gründer und Inhaber, Malherbe Retail Design

Der Zweig der de Malherbes, aus dem Hubert stammt, hat sein Vermögen in den 1920er-Jahren durch eine Fehlinvestition in Russland verspekuliert. „Die Familie war ruiniert, und meinen Eltern ging es richtig schlecht. Ich musste Geld verdienen“, so Malherbe. Er machte eine Ingenieur-Ausbildung an einer der Pariser grandes écoles und arbeitete danach zweieinhalb Jahre in einer Designberatung. Die Entscheidung, sich selbstständig zu machen, fiel 1993. Es war kurz nach dem ersten Golf-Krieg und die wirtschaftliche Situation nicht gut.

Der jungen Designagentur gelang aber direkt ein Coup. Als ersten Kunden konnte sie den französischen Lebensmittel-Giganten Carrefour gewinnen. Dieser Auftrag war nicht groß, die Zusammenarbeit mit Carrefour danach auch erst einmal für ein paar Jahre beendet, um dann später wieder aufgenommen zu werden. Doch es reichte dafür, dass Malherbe Design dadurch etabliert war und weitere Kunden gewinnen konnte. Handelskunden waren nur ein Teil davon. Doch 1998 beschloss Malherbe, nur noch für Einzelhandelsunternehmen zu arbeiten. Das Resultat: „Wir sind beinahe kollabiert. Es dauerte eine Weile, bis die Agentur sich wieder erholt hatte“, so Malherbe. Im Gegensatz zu anderen Designagenturen, die sich vollständig auf die Wünsche ihrer Klienten einstellen, welcher Art diese auch seien, versteht Malherbe sich und seine Agentur als Spezialisten: „Man kann nicht in allem großartig sein. In dem Bereich, in dem wir spezialisiert sind, können wir die Bedürfnisse unserer Klienten besser verstehen.“

Flache Hierarchien

Das Farmers-Market-Konzept Les5Fermes

Das Farmers-Market-Konzept Les5Fermes

Malherbe Design spezialisierte sich in der Folge auf Supermärkte, den großflächigen Einzelhandel und auf Verkaufsflächen von Luxusmarken. Man könnte nun erwarten, dass sich bei einer derartigen Spezialisierung ein Haus-Stil, eine wiedererkennbare Design-Handschrift herausgebildet hätte. Doch diese Annahme weist Hubert de Malherbe sofort von sich: „Mein Stil ist Neuartigkeit. Wir bei Malherbe Design mischen bewusst verschiedene Kulturen und unterschiedliche Menschen. Bei uns arbeiten in einem Raum und an einem Projekt Menschen zusammen, von denen einer den Bauhaus-Stil liebt und ein anderer das 18. Jahrhundert. Wir versuchen, aus allen Stil-Epochen das Beste zu extrahieren. In jeder Epoche gibt es Hässliches, unser Job ist es, das Beste zu finden und es für unser Design zu nutzen.“ Diese Strategie hat sich offensichtlich ausgezahlt. Zur namhaften Klientel von Malherbe Design aus dem Lebensmittelhandel zählen Carrefour, Les5Fermes, ein Farmers-Market-Konzept, der französische Discounter Leclerc, der Convenience-Händler Marché Franprix und Intermarché.

Zurzeit steht sicher Carrefour besonders im Rampenlicht. Der weltweit zweitgrößte Lebensmittelhändler hat 2010 in Frankreichs zweitgrößer Stadt Lyon zwei Märkte eröffnet, die nach einem neuen Konzept errichtet wurden, das sich von den oft wenig attraktiven Hypermärkten abheben soll, wie sie an den Rändern französischer Städte zu finden sind. Die neuen Märkte befinden sich in zwei Vororten, Venissieux und Écully, der eine eine „bessere“ Gegend, der andere ein traditionelles Arbeiterviertel. Das Konzept, das Malherbe Design für die neuen Märkte entwickelt hat, basiert darauf, die riesigen Flächen, der Markt in Écully ist 14.400 qm groß, in Shop-in-Shops zu unterteilen, damit die Orientierung für den Kunden einfacher und übersichtlicher ist. Dadurch entstehen abgegrenzte, fachgeschäftähnliche Bereiche, zum Beispiel „Le Marché“ für Obst und Gemüse oder „Mode“ für Bekleidung. Voneinander abgegrenzt sind alle diese Bereiche durch große, runde, von der Decke abgehängte Navigationshilfen, in unterschiedlichen Farben semitransparent bespannt, hinterleuchtet und mit dem Abteilungsnamen in großen Buchstaben beschriftet. Gesteigert wird die Wirkung noch durch eine schwarze Deckengestaltung.

Gestalterischer Spielraum

Der französische DIY-Händler Mr. Bricolage macht richtig Lust aufs Einrichten

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Die Entscheidung, einen solch neuen Auftritt zu wagen, ist für Hypermärkte nicht selbstverständlich. „Hypermärkte haben sich in Sachen Design lange Zeit überhaupt nicht bewegt“, sagt Hubert de Malherbe. „Wenn man ihnen etwas Attraktiveres zeigte, hatten sie die Befürchtung, es könnte zu teuer sein. Wir haben einen regelrechten Kreuzzug geführt, Händler zu überzeugen, dass sie attraktiver werden und gleichzeitig die Preise niedrig halten müssen.“ Dieses Carrefour-Konzept wirkt tatsächlich neu und kreativ und wird damit dem Anspruch Malherbes gerecht. „Ich sehe die Agentur nicht als meinen verlängerten Arm“, sagt er in Hinblick auf den gestalterischen Spielraum seiner Mitarbeiter. 35 Prozent seines Umsatzes erwirtschaftet Malherbe Design in Übersee, ein Klient ist Hongkong Airport.

Ein Vorzeigekunde der Agentur ist Dior, für den Malherbe seit sieben Jahren sowohl national als auch international arbeitet. Während der letzten vier Jahre ist das Geschäft der Agentur kontinuierlich gewachsen, auch während der Bankenkrise. Dadurch konnte Malherbe alle seine Mitarbeiter behalten, was bei Designagenturen ein kritischer Punkt ist in Krisenzeiten. Auch für das laufende Jahr ist Malherbe optimistisch, was die Geschäftsentwicklung angeht. Zu den weiteren Perspektiven bemerkt der Firmenchef schlicht: „Wir wollen Nummer eins werden. Wir sind dabei zu expandieren, daher suchen wir gerade in Übersee nach Neugeschäft.“ Dazu passt es, dass die Agentur, wenn alles nach Plan verläuft, 2011 umziehen wird in das Pariser Viertel Marais, das zentraler liegt und deutlich chicer ist. „Wir ziehen um, weil wir in unseren jetzigen Agenturräumen definitiv zu wenig Platz haben“, sagt Malherbe. Das sei der einzige Grund. Die Agentur hat vor, sich in diesem Jahr um weitere 30 Angestellte zu vergrößern.

Malherbe Design macht den Eindruck einer Agentur, die ihr Ohr und ihre Augen nahe am Zeitgeist hat. Hubert de Malherbe sagt, dass er sich in den 17 Jahren des Bestehens seiner Agentur immer der Gefahr bewusst war, stilistisch altbacken zu werden. Das Gegenmittel? „Wir sind ein Team ohne Hierarchien“, sagt er. „Ich mag es nicht, wenn Leute stolz darauf werden, wie viel sie verdienen. Wir machen auch Geld, aber vielleicht nicht ganz so viel wie andere Agenturen, doch das kümmert mich nicht.“

PORTRÄT: Malherbe Design

Adresse: Malherbe Design, 64 rue de Rome, 75008 Paris
Gegründet: 1993
Gründer und Inhaber: Hubert de Malherbe
Große Kunden: Dior Cosmetics, Carrefour, E Leclerc, Orange, Marché Franprix, Intermarché, Les5Fermes
Umsatz 2010: 9,5 Mio. Euro
Wachstum: 2007 und 2008 30 % pro Jahr, 2009 5 % (während der Finanz- und Wirtschaftskrise), 2010 25 %

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