Die Allrounder | stores+shops

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Das neue Haus des koreanischen Warenhausunternehmens Shinsegae im Stadtteil Uijeongbu von Seoul, hier der Food Court

Die Allrounder

Die Londoner Storedesign-Agentur JHP, gegründet 1979, ist ein langjährig bekannter Name in der Branche. Auch der heutige Geschäftsführer Steve Collis ist bereits seit 1985 dabei. Er stellte damals das etwas behäbige Unternehmen neu auf und machte es fit für das internationale Geschäft, das heute seine Geschäftsgrundlage darstellt.

Primrose Hill liegt im Nordwesten von Central London – eine reiche Gegend, die geprägt ist von teuren Cafés und vielen SUVs im Straßenverkehr. Eigentlich nicht eine Gegend, in der man eine Storedesign-Agentur erwarten würde. Doch bereits seit 1979 residiert in Primrose Hill die Agentur JHP, die ursprünglich John Herbert Partnership hieß und von einem Architekten namens John Herbert gegründet wurde – ein paar Schritte entfernt von dem Ort, an dem sich die Agentur heute befindet.  Der heutige Agenturchef Steve Collis berichtet, dass das Büro anfangs eher „kunsthandwerklich“ arbeitete, der Praxis- und Marketingaspekt stand nicht im Vordergrund. Collis ist auch bereits seit 1985 in der Agentur. Davor war er Beamter im Umweltministerium, zuständig für Militär-Projekte. „Meine Absicht war, JHP weniger kunsthandwerklich und dafür professioneller zu machen“, sagt Collis. Er impliziert damit, dass JHP zwar durchaus gute Arbeit leistete, aber keine wirkliche Größe im britischen Storedesign war – bis Collis kam und der Kreativdirektor Raj Wilkinson. Laut Collis flossen in die Arbeit der Agentur nun auch Konzepte wie Studien über das Käuferverhalten ein – und damit kamen dann auch Klienten aus dem Einzelhandel. Dies insbesondere in Form der damaligen Sears Gruppe, zu der Namen gehörten wie Selfridges, Dolcis und Olympus Sports (die beiden Letzteren gibt es nicht mehr).

„Von 1985 bis 1987 war auf den britischen High Streets richtig was los“, erinnert sich Collis. Es waren die Thatcher-Jahre. Plötzlich gab es Easy Credits und Ready Money, und jedermann dachte, er sei Millionär. Der Einzelhandel boomte, es bildeten sich große Filialketten, fielen wieder auseinander und formierten sich neu. „Das Ladendesign war damals wenig professionell“, erzählt Collis. „Als ich zum ersten Mal einem Kunden ein ausgearbeitetes Konzept schickte, hielt John Herbert das für eine ganz besondere Leistung. Wir haben damals angefangen, uns stärker am Markt auszurichten.“ An diesem Punkt ihrer Entwicklung haben sich viele Storedesigner dann spezialisiert. Nicht so JHP. „Wir sind da völlig profan“, sagt Collis. „Wenn jemand zur Tür hereinkommt und sagt, er möchte ein Super-High-End-Design, dann machen wir das. Und wenn jemand von Aldi kommt, dann machen wir das ebenfalls. Wir legen uns da in keiner Richtung fest.“ Und er fährt fort: „Das größte Kompliment, das uns jemand machen kann, lautet: ‚Meine Güte, hätte ich nicht gedacht, dass das von euch ist.‘“ Genau dies war einer der Gründe, warum Collis in die Agentur eingetreten war: Er wollte ein Unternehmen, das in der Lage ist, jeden Auftrag aus dem Einzelhandel zu übernehmen.

Wenn jemand zur Tür hereinkommt und sagt, er möchte ein Super-High-End-Design, dann machen wir das. Und wenn jemand von Aldi kommt, dann machen wir das ebenfalls.

Steve Collins und Raj Wilkinson

Geschäftsführer und Kreativdirektor JHP

Eimerweise Cash

JHP-Design für die teure Lingerie-Marke Myla

JHP-Design für die teure Lingerie-Marke Myla

Anfang der 1990er-Jahre wurde das Business internationaler. Als neuer Klient kam BAA British Airport Authority zu JHP. BAA war 1990 privatisiert worden, und sie brauchten nun viele Shops für das damals neue Terminal 4 im Flughafen Heathrow, um die Gehälter zu bezahlen und die Shareholder zufriedenzustellen. Collis beschreibt es so: „Das ist ein Business-Terminal. 14 Millionen Leute gehen jedes Jahr durchs T4, und alle haben eimerweise Cash.“ Diesen Traum sollte JHP wahr werden lassen. Collis erinnert sich, wie man Einzelhandelsunternehmen wie Harrods oder Hamley als Mieter für dieses Airport-Shopping-Center anvisierte. „Wir kamen kaum darüber hinweg, wie einfach das ging“, sagt Collis. Dieser Auftrag wurde zum internationalen Sprungbrett für JHP. „Die Leute gingen durch das Terminal und fragten, wer die Shops gemacht hatte.“ Die Agentur bekam Aufträge aus aller Welt und gestaltete im Laufe der folgenden Jahre Shopping-Bereiche in den Flughäfen von Athen, Wien und Bangkok. Collis sagt, der eigentliche Treiber, der bewirkte, dass JHP sich zu einer internationalen Designagentur entwickelte, war das Internet. Die Kommunikation im Tagesgeschäft via E-Mail machte es möglich, mit Klienten am Ende der Welt genauso schnell zu kommunizieren wie mit den Auftraggebern, die auch in London saßen. Collis sagt, als die Idee, sich morgen in ein Flugzeug zu setzen und wo auch immer hin zu fliegen, für die Agentur zur Normalität geworden war, das internationale Geschäft in Schwung kam. „Wenn es für einen normal geworden ist, für einen Pitch auch weit zu fliegen, wachsen die Chancen, einen Auftrag zu bekommen enorm.“ Der Gründer John Herbert verließ die Agentur 2002. Steve Collis wurde Geschäftsführer mit Raj Wilkinson als Kreativdirektor. An internationalen Klienten kamen hinzu Interspar, Maxi Markt und Bäckerei Rütz aus Österreich, der viel beachtete und ausgezeichnete Golf-Store von Elord in Korea und das Kaufhaus Shinsegae ebenfalls in Korea. JHP macht heute Geschäfte in Asien, Europa und Nordamerika. Auch in Australien gab es bereits einen Auftrag im Airport-Retail-Design, des Weiteren in Mexiko, wo JHP 2011 die Food Hall des Warenhauses Liverpool’s Interlomas gestaltete.

China kann schwierig sein

Die Luxus-Parfümerie Amouage in Muscat in Oman, ein JHP-Design, ist im Besitz der königlichen Familie

Die Luxus-Parfümerie Amouage in Muscat in Oman, ein JHP-Design, ist im Besitz der königlichen Familie

Besonders das Geschäft mit der Warenhaus-Branche hat sich für JHP als lukrativ erwiesen. Erst kürzlich eröffnete das koreanische Unternehmen Shinsegae ein Haus in Uijeongbu, einem reichen Vorort von Seoul. JHP designte das 14.000 qm und 10 Verkaufsetagen umfassende neue Objekt – ein gewaltiges Projekt nach europäischen Maßstäben. Ein High-End-Warenhaus, das den scheinbar unstillbaren Appetit der Menschen in Fernost auf Luxusprodukte bedient. Bei einer derartigen Größe bestand die Herausforderung darin, die vielen Etagen miteinander zu verbinden und so etwas wie einen „roten Faden“ hindurchzuziehen, der den Besuchern sagt, dass sie sich immer noch im Shinsegae Uijeongbu befinden. Dies gelang JHP durch ein Designelement in Form eines hinterleuchteten Schachbrettmusters, das sich durch alle Etagen zieht entlang der Wand hinter dem Aufzug – eine einfache und elegante Lösung, die zudem ihre Funktion erfüllt. Collis sagt, JHP fühle sich gut gerüstet, überall auf der Welt tätig zu sein, weil man verstanden habe, dass jedes Land einen anderen Ansatz, einen anderen Stil benötige. „Wenn man einmal verstanden hat, wie es zum Beispiel in Südkorea läuft, dann ist es nicht schwer. Indien (wo JHP für die Warenhauskette Shoppers Stop gearbeitet hat) kann verwirrend sein, aber man kommt klar. China allerdings kann schwierig sein.“ So kann man sagen, dass JHP als lokal tätige Designagentur in einem bürgerlich-betuchten Umfeld begann, dort Mitte der Nuller-Jahre auch noch einmal den Standort wechselte, heute aber genauso innovativ unterwegs ist wie die Wettbewerber, die in den raueren In-Vierteln im Osten von London sitzen. Collis geht für dieses Jahr von einem Umsatz in Höhe von rund 3 Mio. Pfund aus, der mit einer Mitarbeiterzahl von 25-30 Leuten realisiert wird. Und er bemerkt, dass es die Firma wohl nicht mehr gäbe, wenn man nicht den Schritt ins internationale, globale Geschäft gemacht hätte. Das Geheimnis dieses Erfolges liegt sicherlich darin, dass es der Agentur im Laufe ihres 35-jährigen Bestehens, das sie im September dieses Jahres feierte, nicht nur gelungen ist, sich zu wandeln, sondern sich derselben Branche komplett neu aufzustellen. 

Fotos (4): JHP

Weiterführende Informationen: www.jhp-design.com

JHP

Adresse HP, Unit 2, 6 Erskine Road, London, NW3 3AJ
Gegründet 1979
Gründer John Herbert, ausgeschieden 2002
Geschäftsführer Steve Collis
Kreativdirektor Raj Wilkinson
Mitarbeiter 25-30
Klienten aktuell Shinsegae, Lotteria, Bäckerei Rütz, Brehon Capital Partners, TSUM, Accessorize, Sainsbury’s (neues Bäckerei-Konzept) (Auswahl)
Klienten historisch Waitrose, British Airways, British Airports Authority, Selfridges, Interspar, Maxi Markt, Shoppers Stop, Liverpool, Esprit, Wrangler, BMW, John Lewis Food Hall, World Duty Free, Elord (Auswahl)

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