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Der japanische Kontaktlinsen-Anbieter Menicon in Berlin hat eine reine LED-Beleuchtung. (Foto: Felsch Lighting Design)

Der Shop als Erlebnisraum

Ein stimmiges Lichtkonzept ist unverzichtbarer Bestandteil moderner Handelsarchitektur, die ganzheitliche Raumerlebnisse mit hoher Aufenthaltsqualität gestalten will. Der Hamburger Lichtdesigner Markus Felsch nutzt dabei auch wahrnehmungspsychologische Erkenntnisse, um die Raumerfahrung am POS noch gezielter steuern zu können.

Der Wunsch des Handels nach Innovation und Individualität bestimmt heute die Qualität und Vielfalt moderner Ladenarchitektur. Herr Felsch, inwiefern kann Lichtplanung diesen Anspruch unterstützen?

Das Beleuchtungskonzept ist Teil eines großen Puzzles, bei dem zahlreiche Parameter ineinandergreifen wie zum Beispiel Standort, Ausrichtung des Shopbetreibers, Architektur und Shopgestaltung. Licht kann – neben der klassischen Wareninszenierung – architektonische Besonderheiten unterstützen, aber auch Empfindungen gestalten und die Kunden am POS emotional „führen“. Da die menschliche Sinneswahrnehmung vor allem visuell geprägt ist, unterstützt jede Leuchte die Architektur und Markenwelt und trägt dem individuellen Gestaltungskonzept am POS Rechnung. Licht kann die Markenwelt dreidimensional inszenieren und im Zusammenspiel mit Shoparchitektur und Warenpräsentation die Erlebnisqualität stark erhöhen.

Moderne Lichtplanung setzt auf Atmosphäre, abwechslungsreiche Inszenierungen und eine Steigerung der Aufenthaltsqualität. Was leistet hier LED-Technik?

Die digitale Lichttechnik mit ihrer Möglichkeit, durch Steuerungssysteme wechselnde Lichtstimmungen zu erzeugen, ist für uns heute ein Segen. Ob tages- oder jahreszeitenabhängig, ob auf Motive oder Stimmungslagen der Kunden abgestimmt, ob Farb- und Helligkeitsdynamik, gerichtetes oder diffuses Licht – der lichttechnische Werkzeugkasten hat sich durch LED enorm erweitert. Dadurch entsteht der Raum für professionelle Lichtplanung, die auch wahrnehmungsorientierte Erkenntnisse berücksichtigt.

Zu Ihren Kunden zählen viele Handelsunternehmen unterschiedlicher Branchen. Wie hoch ist nach Ihren Erfahrungen aktuell die Investitionsbereitschaft in LED?

Das Interesse ist sehr groß. Aber letztlich bringt erst die Analyse des Ist-Zustandes beim Kunden und seiner individuellen Zielsetzungen die Antwort darauf, welche Lichtlösung im Fall X die bestmögliche ist. Und das kann von Fall zu Fall auch die konventionelle Lichttechnik sein.

In puncto Lichtleistung und Farbwiedergabe sind LED inzwischen auf einem absolut vergleichbaren Stand mit HIT-Lampen, zudem energieeffizienter – und auch preislich deutlich attraktiver geworden. Ist es jetzt nicht Zeit zum Umstieg?

Das ist immer eine Einzelfallbetrachtung, ein genaues Abwägen, welche Lösung die bessere sein wird. Wo steht der Kunde, welche Mittel hat er zur Verfügung, wo möchte er hin? In puncto Effizienz kann sich bei einer fünf Jahre alten Lichtanlage durchaus der Umstieg auf HIT-Lampen mit einer niedrigeren Wattage von 50 oder 30 Watt lohnen, denn auch hier hat es Preissenkungen gegeben. Die Investitionen amortisieren sich in maximal zwei Jahren – bei sofortiger Energieersparnis. Auch bei großen Lichtpunkthöhen, etwa bei hohen Decken oder großen Flächen, sind LED nicht immer das Nonplusultra.

Zu Ihren langjährigen Projektkunden zählt Karstadt, inklusive der Sporthäuser…

Genau, da haben wir so eine typische Einzelfallbetrachtung: Obwohl wir mit Karstadt natürlich auch LED-Konzepte realisieren, haben wir beispielsweise das Norderstedter Karstadt Warenhaus, ein Objekt mit circa 10.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, mit einem konventionellen Beleuchtungssystem ausgestattet, ebenso Nürnberg mit circa 24.000 Quadratmetern. Hier wurden Bestand ergänzt und neue Anlagenteile erstellt. Ein Wechsel der Lichtstimmung hätte zu einer subtilen Unruhe in der Markenwahrnehmung geführt. Wenn man die Investitionskosten, die Verwendung sehr großer und gut verhandelter Losgrößen und das vorhandene eingespielte Team für die Wartung und Pflege der Anlage einbezieht, war die Entscheidung für HIT hier absolut richtig. Es hätte keinen Sinn gemacht, dieses gut funktionierende Beleuchtungssystem durch LED zu ersetzen. Ein weiterer Vorteil ist das bestehende Corporate Design. Die Kunden kennen die markenspezifische Lichtatmosphäre.

Maßgeschneiderte Projektberatung bietet also mehr Investitionssicherheit. Worin sehen Sie Ihren Mehrwert als Lichtdesigner gegenüber Leuchtenexperten der Industrie?

Die Beratungsleistungen seitens der Hersteller sind naturgemäß stark verkaufs- und umsatzgetrieben, also nicht als wertneutral zu betrachten. Da geht es dann wirklich um Stückzahlen, um einfache Lösungen, Stromschiene oder Einbauleuchte, um technische Funktionsberechnungen. Die Argumentation vernachlässigt aber das Kernziel des stationären Handels, das gesamte Raumerlebnis mit der dafür am besten geeigneten Lichtarchitektur. Bei der Herstellerplanung geht es häufig nicht um Architekturbeleuchtung oder möbelintegriertes Licht, also um Lösungen, die eine Markenwelt und Shoparchitektur so lebendig machen. Insofern fehlen damit die für Retailer wichtigen Merkmale Innovation und Individualisierung in der Markeninszenierung.

Was machen Sie besser?

Die Beratung durch einen professionellen Lichtplaner/-designer umfasst beides, sowohl die lichttechnischen Parameter sowie Funktionsberechnungen mit Investitionskosten, Amortisationszeiträumen – als auch die gestalterische Beratung. Hier geht es um die wahrnehmungsorientierte Betrachtung, Licht- und Schattenwirkungen, Kontraste und Helligkeitswerte, dynamische Veränderungsprozesse, auch um Vorschläge, wohin sich ein Konzept entwickeln kann. Die vergleichende Bemusterung ist dabei unverzichtbar. Das muss man einfach mit eigenen Augen gesehen haben.

Was zeichnet eine „wahrnehmungsorientierte Lichtplanung“ aus?

Im Rahmen eines EU-geförderten Forschungsprojekts habe ich mich intensiv damit befasst, wie Kunden Licht wahrnehmen, und untersucht, was eigentlich auf der Fläche passiert, welche Parameter das Erlebnis, die Emotionen bestimmen. Man differenziert hier zwischen symmetrischer und asymmetrischer Beleuchtung und den verschiedenen Lichtwirkungen. Diese Grundlagenerkenntnisse fließen in die Entwicklung von Beleuchtungskonzepten für unsere Kunden ein.

Sie haben dem japanischen Online-Kontaktlinsenanbieter Menicon in Berlin auch eine stationäre Bühne mit besonderer Lichtwirkung verschafft. Was war das Ziel?

Das Projekt Menicon vereint unterschiedliche Anforderungen auf einer sehr kleinen Fläche. Es soll einem sehr kleinen, fast unsichtbaren Produkt – der Kontaktlinse – einen Ort der Identifikation, einen Markenauftritt ermöglichen und integriert zugleich ineinandergreifende Funktionen wie Verkauf und Serviceleistungen, zum Beispiel Sehstärke-Messungen. Zusätzlich werden im Obergeschoss Schulungen und Seminare für Mitarbeiter angeboten. Dieses besondere Konzept von STLH Architekten vereint eigentlich alle Aspekte, die wir bisher diskutiert haben: Architekturerlebnis, Markenaussage, Individualisierung. Das besondere Lichtkonzept unterstützt das Erlebnis lichter Räume und absoluter Transparenz.

Welche Lichtlösung wurde gewählt?

In diesem Fall wurde eine LED-Lösung in die Decke integriert. Die Leuchten erinnern in ihrer Optik selbst an die sanfte Wölbung der Kontaktlinse und greifen damit eine Form auf, die auch von der gesamten Shoparchitektur zurückgespielt wird. Die Leuchten können diffuses oder alternativ gerichtetes Licht abgeben. Die Lichtgräben in den Kabinen erzeugen weißes Licht mit einer sehr hohen Beleuchtungsstärke und hoher Farbwiedergabe. Alternativ können sie über ein sekundäres optisches System Farblicht in der gewünschten Qualität und Quantität erzeugen oder dem Weißlicht beimischen. Wir haben eigens für dieses Projekt ein Lichtsteuersystem entwickelt, das verschiedene Funktionalitäten, tageslichtabhängige Einstellungen sowie Nacht- und Außenwirkung zielgenau regelt.

Foto: Felsch Lighting Design

Das Interview führten Winfried Lambertz und Brigitte Oltmanns.    

Lichtdesigner: Markus Felsch

Markus Felsch, 43, studierte als einer der ersten Studenten im Vollzeit-Studiengang Lighting Design an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Hildesheim. Nach dem Abschluss des Studiums gründete der Diplomingenieur 2004 sein eigenes Ingenieurbüro in Hamburg, Felsch Lighting Design GmbH. Neben Forschungs- und Lehraufträgen an der HAW Hamburg (Hochschule für Angewandte Wissenschaften) ist die wahrnehmungsorientierte Beleuchtungsplanung für Retailkunden ein weiterer Tätigkeitsschwerpunkt seines Unternehmens.

Weitere Informationen: www.felsch.de

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