„Die Berücksichtigung der Corporate Identity im Storedesign ist im Zuge einer konsequenten Markenführung zwingend notwendig“, ist (nicht nur) Arndt Traindl überzeugt. Traindl, Geschäftsführer des österreichischen Unternehmens Retail Branding, spricht in diesem Zusammenhang vom „genetischen Code“, der zum Ausdruck gebracht werden will. Ziel seines Unternehmens ist es, „Läden zu Marken zu machen.“ Was letztlich bedeutet: „Den Konsumenten sollte immer bewusst sein, in welchem Store sie sich gerade befinden.“
Ganzheitliche Konzepte
Wie man dieses Ziel erreicht, dabei sind den Möglichkeiten kaum Grenzen gesetzt. Aus Sicht von Leendert Tange, Co-Gründer der niederländi- schen Retail-Strategie- und Designagentur Store-Age, wird dieses Potenzial aber noch nicht ausgeschöpft. Denn einfach nur das Logo „überall hinzupflastern“, wie es mancherorts der Fall sei, ist aus seiner Sicht zu banal. „Die Übersetzung einer CI in eine Einzelhandelsumgebung erfordert eine eigene Interpretation. Wir versuchen, lebendige Unternehmensidentitäten in 3D zu kreieren, die über die bloßen Farben und das Grafik- Logo beziehungsweise das reine Sehen hinausgehen. Das heißt, die CI auch in Materialien zu übersetzen, die die Besucher die Marke fühlen lassen, und mit stimmigen Audio- und Duftelementen alle Sinne einzubeziehen.“
Auch Markus Schwitzke, Geschäftsführer von Schwitzke Graphics aus Düsseldorf bemerkt, dass das Thema heute ganzheitlicher angegangen wird als noch vor einigen Jahren, als man einfach „nur“ Farbflächen und Logos platzierte. Schwitzke: „Das Branding wird auf alle Bereiche des Stores angewendet und ist im besten Fall bis hin zur Corporate Architecture spürbar.“ Der Schwitzke-Kunde Tommy Hilfiger zum Beispiel wählt als Standorte bevorzugt klassizistische Gebäude, um schon dadurch eine Verbindung zum Marken-Spirit – uramerikanische Tradition – zu schaffen.
Im neuen Tommy Hilfiger-Flagshipstore auf der Londoner Regent Street gestaltete Schwitzke Möbeldetails sowie die Teppiche in den CI-Farben Rot und Dunkelblau. Die Muster basieren auf den Initialen der Brand – eine eher subtile Form der Markenkommunikation.
Kreativität gefragt
Auch Arndt Traindl ist der Meinung: „Die CI-Einbindung sollte prägnant, aber nicht penetrant sein.“ Aus Sicht von Traindl sollten CI-Signale bereits bei der Fassade des Stores beginnen und im Laden dann stimmig fortgeführt werden.
Das Thema Umsetzung der Corporate Identity im Storedesign ist also ein Feld, auf dem Kreativität gefragt ist. Mannheim ist eine „Quadrate-Stadt“, die Häuserblöcke des Zentrums sind im Schachbrettmuster angelegt. „Mode im Quadrat“ ist denn auch Slogan des Modehauses Engelhorn. Im neuen Sporthaus, an dem Atelier 522 aus Markdorf maßgeblich mitwirkte, werden Brands wie Adidas, Nike & Co. auf quadratischen Flächen und Podesten, umgeben von quadratischem Bildmaterial präsentiert.
Im Shop-Konzept der Wäsche-Marke Schiesser, ebenfalls ein Projekt von Atelier 522, findet sich das Logo nicht nur auf den Warenträgern, sondern zudem als Seil-Installation, die an Garnfäden denken lässt. Auch das Wäscheklammer-Kunstwerk an der Decke zahlt auf die Marke ein.
Im T-Mobile-Store in San Francisco hat Store-Age das „T“ in magentafarben beleuchtete LED-Säulen integriert, die zugleich das Thema „Netzwerk“ visualisieren. Ein gewisses Abstraktionsvermögen darf man den Konsumenten demnach durchaus zutrauen bzw. auf die Wirkung origineller Lösungen vertrauen.
Detlef Becker, Geschäftsführer von Heikaus Concept aus Mundelsheim, hebt in puncto Branding vor allem die Kassenrückwand hervor. „Diese ist meist schon zu Beginn des Besuchs im Blickfeld der Kunden. Vor allem aber wird der Käufer hier verabschiedet. Da sollte der Name des Stores nochmals zu lesen sein – und wenn er nur unbewusst wahrgenommen wird.“
CI-Thema Farben
Arndt Traindl ist überzeugt, dass sich die sogenannte dritte Ebene, also der obere Wandbereich, besonders für eine wirkungsvolle Markeninszenierung eignet. „Wobei bei der Grundrissplanung darauf zu achten ist, dass eindrucksvolle Durchblicke in Form von Blickachsen auf diese Flächen gegeben sind.“
Eine Leitfunktion im Corporate Design haben traditionell die Farben. So bietet es sich geradezu an, die CI-Farben auch für diese Zwecke einzusetzen. Heikaus hat bei Brillen Müller in Wittlich die Farbe Magenta mit dem Angebotssegment Optik in Verbindung gebracht, Türkis mit der Hörakustik. So wird dem Kunden schnell visuell verdeutlicht, wo im Store sich welche Bereiche befinden.
„Letztlich ist die Stärkung einer emotionalen Customer Journey das Ziel jeder CI-Platzierung“, resümiert Philipp Beck, Geschäftsführer von Atelier 522. Ob im Store oder im Web, ob auf Tragetaschen, Werbemitteln oder der Kleidung des Verkaufspersonals – der „rote Faden“, der auch blau oder grün sein kann, sollte stringent und gerne innovativ gesponnen werden.
Fotos (5): Schwitzke (2), Store-Age, Atelier 522 (2)
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