Rohstoffmangel setzt Branche unter Druck | stores+shops

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Die aktuellen Schiffs-Staus führen zu einer weiteren Verschärfung der Liefersituation.
Foto: thitivong/istockphoto.com

Rohstoffmangel setzt Branche unter Druck

Weltweiter Rohstoff- und Materialmangel, Lieferprobleme aus Fernost und jetzt noch der Ukraine-Krieg: Die Hersteller und Lieferanten von Investitionsgütern für den Einzelhandel stehen derzeit vor großen Herausforderungen. stores+shops hat sich in der Branche umgehört, wie die Unternehmen mit dieser Situation umgehen.

Große Ladenbauunternehmen kaufen international ein, nicht nur in europäischen Ländern, sondern auch in Südostasien. Dort haben Lockdowns und Schiffs-Staus in den Häfen von Shanghai zu einer weiteren Verschärfung der ohnehin angespannten Liefersituation geführt. Vor allem Halbteile und elektronische Komponenten, die häufig in Fernost eingekauft werden, sind aktuell Mangelware.

„Das Problem ist derzeit die Verfügbarkeit von See- und Luftfrachtkapazitäten“, bestätigt Ladenbauunternehmer Konrad Münch. Münch+Münch aus Frankfurt hat sein Hauptstandbein im Luxury-Bereich und ist hier vor allem im Serien-Roll-out von Ladenbaukomponenten tätig. Da die Ladenbauteile für die Kunden in der Regel vorproduziert werden, sei man zwar weniger abhängig von kurzfristigen Engpässen bei Vorlieferanten, dennoch spüre man deutlich die Folgen der Knappheit: Viele Materialien sind nur durch einen satten Preisaufschlag zu bekommen.

Bei den Baumaterialien verhalten sich die Preise derzeit wie die Tagespreise an den Tankstellen.

Konrad Münch

Geschäftsführer, Münch+Münch

Kontingente sichern

„Bei den Baumaterialien verhalten sich die Preise derzeit wie die Tagespreise an den Tankstellen“, so Münch. Besonders drastisch stellt sich die Situation beim Stahleinkauf dar. Dort hätten sich die Durchschnittspreise in den letzten Monaten von durchschnittlich 600 auf 2.600 Euro pro Tonne vervierfacht, berichtet ein Branchenexperte. Mangel herrscht praktisch an allen Materialien: Stahl, Span- und MDF-Platten, Dekore, Furniere, Kunststoffe, Glas, Beschläge, elektronische Bauteile, Lichttechnik und LED-Module.

Wenn Ladenbauunternehmen nur schwer an Holz, Metall oder Eisen kommen, wirkt sich das auch auf Neu- und Umbauten im Handel aus. 41 Prozent der Ladenbauunternehmen gaben in einer aktuellen Branchenbefragung des Branchenverbands dlv an, dass die gegenwärtige Krisensituation eine Verschiebung bei Bauprojekten von bis zu vier Wochen nach sich zieht. Bei den Zulieferunternehmen meldeten 38 Prozent einen Verzug von bis zu acht Wochen.

„Durch fehlende Materialien, lange Lieferzeiten und den seit Langem bekannten, aber sich weiter zuspitzenden Personalmangel insbesondere im Bau- und Ausbaubereich verschieben sich Projekte zwangsläufig“, bestätigt Daniel Schwanitz, Geschäftsleitung Vertrieb und Marketing bei Harreskind. Beim Werkstoff Holz sieht es nicht ganz so dramatisch aus. Bei Münch+Münch macht es sich jetzt bezahlt, dass man im letzten Jahr bei den Plattenwerken Kontingente gesichert hat: „Hätten wir nicht diese Vorfinanzierung getätigt und den Mut gehabt, große Mengen an Plattenmaterial einzulagern, könnten wir Aufträge jetzt definitiv nicht bedienen.“

Historische Herausforderung

Materialengpässe beeinflussen auch andere Sektoren. Martin Krutz beispielsweise, CEO des Herstellers von Kühl- und Tiefkühlsystemen AHT Cooling Systems, bezeichnet sowohl die Verfügbarkeit der Materialien als auch die Bepreisung als eine „Herausforderung historischen Ausmaßes“ und die Lage als sehr angespannt, auch wenn die Materialbeschaffung bereits vor der Ukraine-Krise ein großes Thema war. Auswirkungen habe dies auf die Projektplanung und Preisgestaltung.

„Selbst mit einem hohen In-House-Anteil können wir die enorm gestiegenen Kosten in der Materialbeschaffung nicht kompensieren. Die Möglichkeit, Einkaufspreise zu verhandeln – auch bei größerem Volumen – ist im Moment einfach nicht gegeben. Nehmen wir das Material nicht ab, tut dies ein anderer“, sagt Krutz und ergänzt: „Besonders angespannt ist die Lage momentan bei Stahl, Glas, Polymeren, Energie und elektronischen Bauteilen.“

Auch Technologieanbieter sind vom Rohstoff- und Materialmangel betroffen. Klaus Smets, General Manager der Toshiba Global Commerce Solutions (Germany), sieht ebenfalls eine sehr angespannte Situation auf den Beschaffungsmärkten: „Zu den Engpässen bei einzelnen Komponenten kommen noch Verzögerungen in der Logistik hinzu.“

Preisanpassungen

Die enorm gestiegenen Kosten ließen sich durch Effizienzsteigerungen nicht ausgleichen, so Krutz von AHT Coolings Systems: „Wir haben bedauerlicherweise bereits Preiserhöhungen an unsere Kunden weitergeben müssen und führen aktuell weitere Gespräche, um die Preise erneut nach oben hin anzupassen. Dabei ist es uns wichtig, dass unser Kunde und der Markt verstehen, dass es sich ausschließlich um einen Beitrag zur enormen Kostensteigerung im Einkauf handelt.“ Auch für Toshiba sind einzelne Verschiebungen in den Projekten und Preisanpassungen „leider unumgänglich“.

Preise würden jedoch individuell verhandelt, da sie von den jeweiligen Verträgen abhängig sind. Eine grundsätzliche Preisanpassung hatte der japanische Konzern bereits zum Jahresbeginn 2022 vorgenommen.

Projektplanung erschwert

Daniel Schwanitz, Geschäftsleitung bei Harreskind, zu aktuellen Engpässen in Beschaffungsmärkten und deren Auswirkungen auf Projektmanagement und Preisgestaltung.

Wo sehen Sie derzeit Engpässe bei den Lieferketten?

Die weiter zunehmende Verschlechterung der Lieferketten führt zu dramatischen Materialengpässen einhergehend mit extremen Preissteigerungen, und sie endet in teilweise planlosen Lieferzeiten. Mangel herrscht bei praktisch allen Materialien: Stahl, Span- und MDF-Platten, Dekore, Furniere, Kunststoffe, Glas, Beschläge, elektronische Bauteile, Lichttechnik und LED-Module.

Welche Auswirkungen hat dies auf die Projektplanung im Ladenbau?

Schlichtweg und ernüchternd gesagt: Es können nicht alle Kundenbedarfe erfüllt werden, zumindest nicht in den bisher gewohnten Vor- und Ablaufzeiten. Durch fehlende Materialen, lange Lieferzeiten und den seit langem bekannten Personalmangel im Handwerk, insbesondere im Bau- und Ausbaubereich, verschieben sich Projekte zwangsläufig.

In welcher Größenordnung bewegen sich die von den Lieferanten geforderten Preiserhöhungen, und in welchem Umfang lassen sich diese an Ihre Kunden weitergeben?

Die weiter rasant steigenden Einkaufspreise für die benötigten Ausgangsmaterialen, aber unter anderem auch für Energie und Logistik, kennt der Handel als einer unserer Endkunden leider bestens aus seinem Verkauf der Handelswaren. Von daher ist die Weitergabe – zumindest der größeren Anteile – von Preiserhöhungen bereits gelebtes Tagesgeschäft in Form von Teuerungszuschlägen und Preisgleitklauseln.

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