In einem Einkaufszentrum in Köln schlugen drei Ladendiebe Schaufensterscheibe ein, durchbrachen mit einer Flex die Wände mehrerer Ladenlokale und gelangten so an den Tresor eines Juweliergeschäfts, in dem Schmuck im Wert von 150.000 Euro lagerte. An diesem Punkt endete der Einbruch: Ein Wachmann hatte die Polizei verständigt; die das Trio auf frischer Tat ertappte. Hilfreich dabei: die Aufzeichnung einer Überwachungskamera. Auch in Hamburg ereignete sich zum Ende des letzten Jahres eine Serie derartiger „Blitzeinbrüche“ in Geschäften mit Luxusgütern – mit Erfolg dank des Know-hows zweiter Hafturlauber. Die Beute des Altershauses wurde mithilfe eines E-Scooters eingesammelt.
Elektronische Sicherungstechnik entscheidend
Ein Winkelschleifer (auch Flex genannt) kann Ladendieben über Decken und Wände Zutritt zum Innenraum verschaffen. „Es ist zu beobachten, dass die baulichen Standards unsicherer geworden sind“, so Martina Faßbender, Sprecherin der Gothaer Versicherung, die derartige „Brüche“ in Gebäuden vor allem bei Lagerräumen verzeichnet. Immer häufiger handele es sich bei der Gebäudearchitektur um eine Leichtbauweise mit Wandungen aus Trapezblech. Die Außenhaut könne simpel aufgeschnitten werden.
„Einbrecher sind meistens auf aktuellem Stand der Technik und wissen, wo sie ansetzen müssen. Schwachstellen der Gebäudehülle lassen sich allerdings durch elektronische Sicherungstechnik ausgleichen“, so Dr. Urban Brauer, Geschäftsführer des BHE Bundesverband Sicherheitstechnik e. V., über die Anforderungen an eine wirksame Sicherheitsarchitektur.
Erschütterungsmelder detektieren auch Wanddurchbrüche, Sensoren an Fenstern und Türen bzw. die Einstiegsversuche durch gewaltsames Aufbrechen oder Einschlagen. Nach Geschäftsschluss können die Räume durch Bewegungsmelder überwacht werden. Die Daten der Sensoren und Melder laufen in einer Einbruchmeldeanlage zusammen, die bei der Polizei oder einem Wachdienst aufgeschaltet ist und so – falls notwendig – sofortiges Eingreifen ermöglicht. Brauer: „Sicherheitstechnik verhindert Einbrüche nachweislich. Das Risiko, durch einen ausgelösten Alarm entdeckt zu werden, schreckt viele Einbrecher ab.“
Während die Zahl der Wohnungseinbrüche rückläufig ist, wozu Lockdown und Homeoffice erheblich beitragen, werden Gewerbeobjekte dadurch begünstigt zu bevorzugten Angriffszielen. In der betrieblichen Einbruchdiebstahlversicherung lässt sich im Vergleich zu den Vorjahren ein ansteigender Trend an Einbrüchen in Gewerbeobjekte erkennen, berichtet die Alte Leipziger. Dies sei „zwar noch nicht beunruhigend“, werde aber „kritisch beobachtet“. Ein plausibler Grund: Dort können Ladendiebstähle mehr erbeuten.
Oft haben die Täter leichtes Spiel. „Durch den Sparkurs der letzten Jahre wurden auch die Schutzmaßnahmen vernachlässigt“, sagt Urban Brauer vom BHE. Genauso sehen es die Versicherungsunternehmen, die ab einem bestimmten Risikovolumen höhere Vorkehrungen verbindlich vorschreiben. Bei der Gothaer Versicherung wird die Qualität der Wandungen im Rahmen der Risikobegehungen überprüft. Martina Faßbender: „Ist die Bauart der Wandungen nicht massiv, wird geprüft, ob diese Schwachstelle durch diverse Vereinbarungen kompensiert werden kann.“ So ist bei einem Juwelier nur die Ware versichert, die in einem hochwertigen Wertschutzschrank aufbewahrt wird, der sich im direkten Überwachungsbereich einer Einbruchmeldeanlage befindet. In anderen Fällen unzureichender Bausubstanz können Höchstentschädigungen für bestimmte Warengruppen festgelegt werden. Bei E-Bikes etwa, die einem erhöhten Einbruchdiebstahlrisiko unterliegen, wird ab einer Versicherungssumme von 150.000 Euro eine von der Gesellschaft akzeptierte Einbruchmeldeanlage verlangt.
Einbruchsicherung im LEH
„Im Lebensmittelhandel reicht das typische bündige und nicht von außen demontierbare Zylinderschloss aus, während zum Beispiel der Handel mit Mobilfunk-Waren – in Abhängigkeit der Versicherungssumme – weitergehende mechanische Sicherungen oder eine Einbruchmeldeanlage für einen guten Schutz erfordert“, erläutert Michael Syring, Bevollmächtigter für das Firmengeschäft der Allianz, das risikoadjustierte Konzept der Gesellschaft.
Ein passgenaues Sicherheitskonzept lässt sich nur auf Basis einer individuellen Schwachstellenanalyse vor Ort erstellen, die bei allen größeren Versicherern obligatorisch ist.
Über geeignete Schutzmaßnahmen informieren Fachfirmen für sicherheitstechnikidentifiziere Schwachstellen. Einige Versicherer bieten die Möglichkeit von Beitragsreduzierungen oder Prämiennachlässen beim Einbau von Einbruchmeldeanlagen, wenn über die Anforderungen hinausgehende Sicherungsmaßnahmen vorgenommen werden. Fehlende Sicherungen könnten nicht durch einen Zuschlag kompensiert werden, betont die Gothaer. Kunden der Alten Leipziger erhalten einen Prämiennachlass auf ihre Einbruchdiebstahlversicherung, wenn sie freiwillig zusätzliche eine Einbruchmeldeanlage installieren.
Als sicher gilt Alarmtechnik lediglich, wenn sie den geltenden Normen DIN VDE 0833 oder DIN EN 50131 entspricht und von einem qualifizierten Fachbetrieb für Sicherheitstechnik mit entsprechender Ausbildung und Zertifizierung, zum Beispiel vom BHE oder vom VdS, installiert wird.