Auch in den rund 700 Supermärkten der Edeka-Handelsgesellschaft Nordbayern-Sachsen-Thüringen, fast alle von selbstständigen Händlern geführt, wird zunehmend unbar bezahlt. Der durchschnittliche Cash-Anteil lag für das gesamte Jahr 2018 bei 57,3 Prozent – im ersten Quartal 2021 dagegen wurden lediglich noch 41 Prozent der Warenwerte mit Bargeld beglichen. Parallel dazu werden auch Self-Checkout-Angebote zunehmend in Anspruch genommen. Bislang sind in den 700 Märkten rund 190 SCO-Terminals in verschiedenen Konstellationen aufgestellt. Dort werden üblicherweise zwischen 15 und 20, in der Spitze mehr als 40 Prozent der Umsätze abgewickelt. „Deutliche Trends, die die Bereitschaft der Kunden zur Nutzung moderner Checkout-Optionen belegen“, sagt Pierre Vieweg, Abteilungsleiter IT/Einzelhandel in der Regionalgruppe.
Vor diesem Hintergrund entschloss sich die Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen im November 2019, eine neue stationäre Lösung in Form kompakter Express-Terminals zu entwickeln. „Wir wollen unseren selbstständigen Kaufleuten einen smarten Self-Checkout anbieten, mit dem die Lücke zwischen den großen SCO-Systemen und der konventionellen Kasse geschlossen werden kann“, erklärt Pierre Vieweg. Die Vorgaben: auf Standard-Kassenhardware basierend, kompakt und platzsparend, flexibel erweiterbar, wenig störanfällig, als Plug & Play einfach installier- und integrierbar, damit insgesamt kostengünstig. Das System muss außerdem tauglich sein für den Massen-Roll-out und für alle Markttypen (Supermarkt, E Center, Marktkauf, Discout-Schiene) innerhalb der Edeka-Gruppe.
In 6 Monaten zum Prototyp
Die Edeka-Zentrale in Hamburg fährt eine Vendor-Pool-Strategie, bei SCO-Systemen arbeitet sie mit den Technologie-Anbietern ITAB und Diebold Nixdorf zusammen. Für das Projekt der Regionalgesellschaft Nordbayern-Sachsen-Thüringen allerdings wurde ein anderer Weg gewählt. „Wenn es nichts Vergleichbares auf dem Markt gibt, was unseren Anforderungen gerecht wird, müssen wir eine eigene Lösung verfolgen“, erklärt Pierre Vieweg. Partner dafür ist das ebenfalls zur Lieferantengruppe der Zentrale gehörende Freiburger Unternehmen Pyramid. Der Technologieanbieter baut die neue SCO-Hardware nach Vorgaben der Edeka.
Die Zeitschiene des Projekts: Idee im November 2019, Projektstart im Dezember 2019, erste Visualisierungen der Terminals im Januar 2020, Verabschiedung von Design, Funktionalitäten und anderen Anforderungen im Februar 2020, Prototyp-Lieferung und Abnahmetests ab Juni 2020, schließlich die Pilotierung im August 2020, im E Center des Edeka-Händlers Stefan Scharrer in Fürth. „Die Nutzung bestehender Ressourcen und Kompetenzen, Face-to-Face-Absprachen und kurze Entscheidungswege, ein hohes Vertrauen zwischen den Geschäftspartnern sind die Voraussetzungen, um eine so ambitionierte Timeline einzuhalten“, sagt Pierre Vieweg. Zumal spezifische Vorgaben umzusetzen waren, die auf den Erfahrungen mit SCO-Systemen innerhalb der gesamten Edeka-Gruppe beruhen.
Mit Blick auf die Benutzerfreundlichkeit wurden unter anderem der Neigungswinkel des Displays, die farbliche Steuerung der LED-Leiste, die Breite und die Platzierung der integrierten Couponeinheit optimiert. Außerdem ging es um die Minimierung der Handling-Zeiten und der Handling-Kosten: Zum Beispiel wurde die Bondrucker-Einheit nicht mit dem üblichen Schloss, sondern mit einem schnell zu öffnenden Magnetverschluss versehen. Eine weitere der Detailoptimierungen, die in der Summe Zeit und Geld sparen: Die Terminal-Einheiten werden einzeln und nicht gebündelt auf Europaletten angeliefert. Das spart Logistikkosten, weil einzelne Terminals so direkt weitergeliefert werden können.
Unter dem Strich steht ein kompaktes, modernes und benutzeroptimiertes SCO-Terminal – in seiner Basisversion auf die unabdingbaren technischen Bausteine beschränkt (Scanner, Noncash-Bezahlmodul, Bondrucker, Coupon-Einheit), allerdings problemlos etwa durch Cash-Modul und Waage erweiterbar. Außerdem kostengünstig. „Wir können unseren Kaufleuten einen sehr attraktiven System-Preis anbieten, verspricht Pierre Vieweg (siehe Interview).
Wartung in Eigenregie
Die Betreuung der technischen Infrastruktur in der Gruppe ist dezentral geregelt und gehört zum Aufgabenbereich der jeweiligen Regionalgesellschaft – einige bedienen sich dazu externer Dienstleister, andere wie die Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen arbeiten mit eigenen Wartungsteams. Das bringt Kostenvorteile, zumal hohe Wartungsfreundlichkeit schon bei der Planung der Systeme mit einfließt. „Unsere Techniker brauchen keine Revisionstabellen in Buchstärke“, so Vieweg. Interessierten Edeka-Händlern wird so zum günstigen Pauschalpreis eine Betriebsgarantie für die Geräte geboten, die mindestens zwei Jahre über die steuerliche Abschreibung von sechs Jahren hinausreicht.
Größere Roll-outs der Express-Kassen sind für das laufende Jahr geplant, Installationen gibt es bisher in zwei der regionalen Gesellschaften, mit insgesamt knapp 30 Terminals. Die Edeka-Gruppe arbeitet mit einer auf eigene Erfordernisse zugeschnittenen Anwendung der GK Software AG, in der Self-Checkout-Funktionen integriert sind. „Die Systeme sind innerhalb von 15 Minuten nach Aufstellung der Hardware betriebsbereit“, berichtet Vieweg.
Schlanke Kostenstruktur
Pierre Vieweg, Abteilungsleiter IT/Einzelhandel der Edeka Unternehmensgruppe Nordbayern-Sachsen-Thüringen, über die eigenentwickelte Self-Checkout-Lösung.
Was zeichnet die Selfmade-Expresskasse aus?
Wir verwenden hochwertige Materialien und Module, ebenso hochwertig ist die Verarbeitung. Wir denken, das Design der Geräte ist sehr modern und sehr ansprechend. Um es aber salopp zu formulieren: Unser Partner Pyramid schraubt nach unseren Vorgaben aus Blech und aus am Markt verfügbarer Standard-Technik ein Terminal zusammen. Das bringt schlanke Produktionskosten, hinzu kommen Skaleneffekte durch die zu erwartende hohe Zahl an zu produzierenden Einheiten. Daher können wir den Edeka-Kaufleuten ein vergleichsweise günstiges Angebot machen.
Wie kommt die Lösung bei den Kaufleuten an?
Die bislang acht Kaufleute in der Gruppe, die Expresskassen installiert haben, äußern sich rundum zufrieden. Das System schließt die Lücke zwischen großen SB-Systemen und traditionellen Bedienkassen. Es steht exklusiv für Edeka-Händler bereit, es ist sehr flexibel und für den Einsatz in allen sieben Regionalgesellschaften der Edeka ausgelegt. Ich bin überzeugt, dass die Kasse großes Interesse finden wird.
Was berichten die Händler über die Kundenakzeptanz?
Unterschiedliche Konstellationen und unterschiedliche Kundenstrukturen führen zu unterschiedlichen Nutzerquoten. Unsere allgemeine Erfahrung lautet: Je nach Marktgröße und Anzahl der Systeme werden Umsatzanteile von im Schnitt 15 bis 20 Prozent, in der Spitze von mehr als 40 Prozent erreicht.