Das Szenario am POS: Ein Konsument fragt sich, ob seine favorisierte Lederjacke unter fairen Bedingungen produziert wurde. Über die Kunden-App auf seinem Smartphone scannt er den QR-Code am Preisschild und erhält sofort alle Informationen zum Produkt – vom Herstellungsland über verarbeitete Materialien oder Inhaltsstoffe bis hin zu den im Laden verfügbaren Größen. Die AR-Funktion (Augmented Reality) der App zeigt ihm das Modell auch virtuell, in Kombination mit passender Hose und Schuhen, in anderen Farben und Variante – alles in 3D. Auch bezahlen kann er die Ware über die App und umgeht so die Warteschlange an der klassischen Kasse. Als registrierter Kunde erhält er zudem noch einen aktuellen Rabatt.
Free Wi-Fi als Voraussetzung für digitale Services
Basis für solche digitalen Dienste, mit denen der stationäre Handel in Zeiten des Onlineshoppings um Kundschaft wirbt, ist ein zuverlässiges Netz. Ob im Elektronikmarkt, im Bekleidungsfachhandel oder im Supermarkt: Immer mehr Menschen erwarten heute beim Einkaufen eine flächendeckende WLAN-Verbindung für ihre Smartphones und Laptops. Drei von vier Kunden wünschen sich beim Shoppen vor Ort mehr digitale Services, so ein Ergebnis einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom. WLAN im Geschäft oder im Shopping-Center ist dabei mit 40 Prozent der meistgenannte Wunsch.
Mit kostenlosem WLAN können Kunden im Supermarkt beispielsweise Produktvideos anschauen oder schnell ein Rezept nachschlagen und erhalten auf diese Weise weitere Inspiration für ihren Einkauf. Apps mit Services wie exklusive Rabattaktionen, Angebote zum Selberscannen für einen kontaktlosen Einkauf oder eine Navigation direkt zur Ware können die Kundenbindung fördern bzw. erhöhen.
Mehr Netz für mehr Nutzer
Dort, wo viele Menschen zusammenkommen – im Shopping-Center und im Stadion, am Bahnhof und am Flughafen – stören sich ihre digitalen Geräte oft gegenseitig. Selbst der aktuell schnellste Standard Wi-Fi 5 (auch WLAN-ac oder 802.11ac) stößt bei einer hohen Nutzerdichte an Grenzen. Zeit also für einen Nachfolger: 2019 hat die Wi-Fi Alliance, ein Zusammenschluss von mehr als 300 Technikunternehmen wie Apple, Huawei, IBM, Microsoft oder Samsung, den neuen Standard Wi-Fi 6 (WLAN-ax, 802.11ax) verabschiedet.
Mit der neuen Version steigt auch die Bandbreite – hier auf (theoretisch mögliche) elf Gigabit pro Sekunde. Darüber hinaus verfügt Wi-Fi 6 über technische Neuerungen (Kasten), mit denen deutlich mehr Nutzer als zuvor gleichzeitig zuverlässig auf das WLAN-Netz zugreifen können.
Wi-Fi 6: Neue Technologien
- Multiplexing: MU-MIMO-OFDM (Multi User Multiple Input Multiple Output Orthogonal Frequency Division Multiplexing) reduziert bei vielen parallelen Netzwerkzugriffen durch eine präzisere Signalaufteilung die Verzögerungen in der Übertragung.
- Modulation: Mit 1024-QAM (Quadratur-Amplituden-Modulation) lassen sich mehr Informationen in einem Datenstrom unterbringen.
- Kanalbreite: Auf einer Breite von 160 Gigahertz funkt Wi-Fi 6 auf mehreren Kanälen gleichzeitig, das erhöht den Datendurchsatz.
- Zugang: Dank OFDMA (Orthogonal Frequency Division Multiple Access) können mehrere Geräte gleichzeitig Daten austauschen.
Aktuelle Gerätegeneration reizt Wi-Fi 6 optimal aus
Mit Wi-Fi 6 Access Points lassen sich große Gebäude wie Shopping-Center dank smarter Antennentechnik ausleuchten. Die meisten großen Hersteller haben bereits Modelle gelauncht. Die aktuellsten Gerätegenerationen bieten zusätzliche Features, die noch weiteren Nutzen aus Wi-Fi 6 ziehen:
- Sie erkennen automatisch die Qualität der Verbindung und sind in der Lage, intelligent die Netzwerke zu optimieren. Dadurch lassen sich die Netzwerkkapazität und Benutzerfreundlichkeit verbessern. In Kombination mit einer intelligenten Antennentechnik können die Signalabdeckung um 20 Prozent steigen und Signalstörungen gleichzeitig um 15 Prozent sinken.
- Ein intelligenter Mechanismus kann Anwendungen (Multi-Queue) priorisieren, einen Datenstau verhindern und die Reaktionszeit auf zehn Millisekunden reduzieren. Das kommt vor allem latenzsensitiven Anwendungen wie Augmented und Virtual Reality oder Gaming zugute.
- Ein Algorithmus scannt die Topologie des Netzwerks, um schnell den optimalen Access Point für ein stabiles Roaming ohne Paketverlust zu finden. Für einen reibungslosen Handover zwischen zwei Gateways stellt die Technologie zuerst eine neue Verbindung her, bevor sie die ursprüngliche Verbindung trennt.
Mehr Informationen für ein besseres Einkaufserlebnis
Mit den neuen Funktionen kann Wi-Fi 6 dafür sorgen, dass selbst in vollen Kaufhäusern und Shopping-Centern jeder Kunde in jedem Winkel eine stabile Internetverbindung hat.
Shop-Betreiber haben die Möglichkeit, zu analysieren, wie lange sich Kunden an einem Warenregal oder in einem Gang aufhalten, um anschließend Sortiment, Öffnungszeiten, Personaleinsatz und Marketing zu optimieren. Dies geschieht datenschutzkonform – also ohne persönliche Daten der Nutzer zu erfassen. Auch die Mitarbeiter im Geschäft können Kunden unter Umständen besser beraten, wenn ihre Mobilgeräte einen optimalen Empfang haben.
Der neue Standard ist abwärtskompatibel: Vorhandene WLAN-Geräte müssen nicht ausgetauscht werden. Die Aufrüstung auf Wi-Fi 6 erfordert also keine hohen Investitionen.
Autor Henning Czerny ist CTO & Vice Director Networking bei Huawei Technologies Deutschland GmbH