Key Facts
- Bei der elektronischen Preisauszeichnung steht jetzt nach den Branchen Consumer Electronics und Food der DIY-Markt im Blickpunkt.
- Rückläufige Preise, verbesserte Technologien und neue Funktionalitäten beeinflussen den ESL-Markt. Mit dabei sind Videoschienen mit komplett digitalisiertem Preisetikett.
- Zusätzliche Impulse setzt das Thema Dynamic Pricing in Verbindung mit KI: Dynamic-Pricing-Strategien funktionieren auf der Basis von ESL.
- Im deutschen Markt kommen Marketingfunktionen der elektronischen Etiketten bislang nur vereinzelt zum Einsatz. Man fokussiert sich auf die Preisauszeichnung und deren einfache Anpassung.
und 4.500 stationäre Geschäfte in Deutschland nutzen die Technologie der elektronischen Preisetiketten, schätzt Kai-Uwe Jensen, Prokurist bei Delfi Technologies (Schönkirchen), Lieferant von elektronischen Regaletiketten (Exklusivpartner von Display-Data). Preisänderungen erfolgen damit per Mausklick im Backoffice oder in der Zentrale – und das in Echtzeit. Insbesondere in den Bereichen Consumer Electronics und Food seien die Claims der ESL-Lieferanten bereits abgesteckt. „Im Fokus der Marktteilnehmer steht aktuell die DIY-Branche“, beschreibt Jensen die Situation.
Einer der Kunden von Delfi ist Globus. Das SB-Warenhausunternehmen setzt die Technologie in 4 seiner 47 Märkte ein. Der Einsatz in 4 weiteren Märkten ist in der Planung. Vor allem in den Food-Sortimenten inklusive TK sowie bei Drogerieartikeln sieht man dort die digitalen Etiketten. „Wir profitieren vor allem von einer Zeitersparnis. Ein zeit- und personalaufwändiges Umetikettieren entfällt komplett“, berichtet Olaf Schomaker, Geschäftsführer Infrastruktur und Vertrieb bei Globus. Weitere Vorteile sind der Wegfall von Papier- und Druckerkosten. Der Anschaffungspreis der Etiketten liegt je nach Größe zwischen 7 und 17 Euro. Die Übermittlung von Preisänderungen auf die Etiketten erfolgt drahtlos über Access Points (4-7 je Filiale). Ein Großteil des Nutzenpotenzials von ESL habe man bei Globus bereits realisiert. Was die weiteren Funktionalitäten von ESL über die Preisdarstellung hinaus angeht, sagt Schomaker: „Wir gehen davon aus, dass wir künftig auch davon profitieren können.“
Sinkende Preise
ESL ist heute kein Exklusivthema mehr für große und finanzstarke Unternehmen. „Die Investition kann sich schon bei einem Sortiment von 200 Artikeln rechnen“, meint Johannes Horst, Geschäftsführer von Woutex (Wiesloch), ein auf ESL-Hard- und Software spezialisierter Full-Service-Anbieter. Zu der Zeitersparnis durch elektronische Regaletiketten kommen laut Horst weiter rückläufige Preise hinzu. Der Anbieter schätzt, dass diese in den letzten 5 Jahren um 30 Prozent gesunken sind – bei gleichzeitig verbesserter Technologie und zusätzlichen Einsatzmöglichkeiten.
Während deutsche Unternehmen beim Einsatz von ESL bislang hauptsächlich an den Effizienzgewinn bei der Preisauszeichnung denken, stehen in anderen Regionen wie zum Beispiel in Fernost, aber auch Frankreich Marketing-, Bezahl- und Logistikfunktionen der elektronischen Etiketten gleichermaßen im Fokus. „Das Preisetikett hat dabei die Rolle eines digitalen Touchpoints übernommen“, sagt Michael Unmüßig, Senior Executive Vice President Group Marketing bei SES-Imagotag, Anbieter von elektronischen Preisetiketten.
Die Einsatzoptionen von ESL umfassen beispielsweise:
- Abruf von Produktinformationen und Kundenbewertungen
- Unterstützung des Personals bei der Bestandskontrolle
- Produkt-Lokalisierung in Echtzeit
- Loyalty, Couponing und Bezahlfunktionen
- LED ermöglicht Pick-by-Light oder Put-to-Light
SES-Imagotag arbeitet an weiteren Innovationen wie der „Vusion Rail“. Bei dieser Neuentwicklung handelt es sich um eine Videoschiene, die am Regal angebracht wird und bei der das elektronische Etikett vollständig digitalisiert wird.
Auch beim chinesischen ESL-Spezialisten Hanshow, der in Deutschland von Düsseldorf aus agiert, sieht man als Konsequenz von ESL neue digitale Optionen für den stationären Handel, die den Abstand zwischen Stationär und Online in puncto Automatisierung verringern sollen. Hanshow-Sprecherin Jingzhe Liu weist ähnlich wie auch SES-Imagotag auf die Möglichkeit hin, Minikameras zwecks Monitoring der Bestände in die Preisetiketten zu integrieren: Der Mitarbeiter erhält auf seinem Smartphone automatisiert die Information, welcher Artikel nachgefüllt werden muss und wo sich dieser befindet.
Eine neue Dynamic-Pricing-Lösung von GK Software (Schöneck) kalkuliert in Echtzeit den „marktgerechten“ Preis für jedes Produkt. Marktgerecht, das bedeutet eine Anpassung der Preise an die vom Händler formulierten Ziele unter Einbeziehung der wahrscheinlichen Reaktion der Kunden. Das System bezieht durch interne Simulationen auch Einflüsse wie die sogenannten Kreuzpreis-Elastizitäten zwischen sich substituierenden Produkten ein. Jens Scholz, Geschäftsführer der GK Software-Tochter Prudsys (Chemnitz), erläutert mögliche Zielsetzungen: „Die Lösung ermöglicht die Umsetzung unterschiedlicher Preisstrategien wie Umsatz- oder Ertragssteigerung, Abschriften-Optimierung oder Promotion-Pricing.“
Wir stehen noch am Anfang
Nicht überall, wo KI drauf steht, ist KI drin. Das sagt Johannes Schick, Geschäftsführer des Software-Anbieter Roqqio, Bad Hersfeld und seit gut 30 Jahren an der Schnittstelle zwischen Handel und IT tätig.
Elektronische Preisauszeichnung kann das Regal zu einem digitalen Touchpoint machen. Was braucht der Handel wirklich davon?
Elektronische Preisetiketten machen es möglich, Preise schneller als bisher dem Markt anzupassen, dabei den Personalaufwand und die Fehlerquote durch falsche Preise zu reduzieren. Vor allem Handelsformate mit häufigen Preisanpassungen – auch nach oben – profitieren.
KI in Verbindung mit Dynamic Pricing setzt zusätzliche Impulse bei ESL. Was passiert da gerade?
Vorsicht! KI ist oft nur ein wohlklingendes Verkaufsargument. KI ist, wenn das System wirklich selbst lernt, immer besser wird und selbst den Entwickler zum Staunen bringt. Bei den meisten Systemen ist das jedoch nicht der Fall. Wir stehen noch am Anfang. Dennoch ist in den nächsten Jahren mit großen Innovationen zu rechnen. Für mittlere und kleinere IT-Anbieter bleiben lukrative Nischen.
Dynamic Pricing braucht elektronische Preisetiketten, wenn es Sinn machen soll. Aber was ist mit der Gefahr, dass sich die Konsumenten von Preisänderungen à la Tankstelle genervt fühlen?
Genau das kann passieren. Besonders irritierend wäre es, wenn sich der Preis ändert, während der Kunde zur Kasse geht. Hinzu kommt: Den optimalen Preisänderungszyklus gibt es nicht. Hier muss individuell ausgetestet werden, welcher zum eigenen Geschäft passt.
Wie sollte sich der Handel den Themen elektronische Preisauszeichnung und Dynamic Pricing nähern?
Der Handel kann mit ausgewählten Warengruppen oder Abteilungen beginnen, vor allem mit Liegeware auf Tischen oder in Regalen.