Mit Food-Scannern lassen sich zum Beispiel Zuckergehalt, Festigkeit und Trockenmasseanteil von Tomaten in wenigen Sekunden bestimmen

Mit Food-Scannern lassen sich zum Beispiel Zuckergehalt, Festigkeit und Trockenmasseanteil von Tomaten in wenigen Sekunden bestimmen.
Foto: Fraunhofer IOSB

Mit solch mobilen Geräten lassen sich etwa Reifegrad und Haltbarkeit von Obst, Gemüse, Käse, Fleisch und anderen Frischwaren per Infrarotmessung ermitteln – zerstörungsfrei und durch die Verpackung hindurch. Damit ließen sich auch Fragen zur Echtheit beantworten.

„Weitgereiste Lebensmittel werden manchmal gefälscht, Lachsforellen als Lachs ausgegeben oder Olivenöl gepanscht“, sagt Dr. Robin Gruna, Projektleiter und Wissenschaftler am Fraunhofer Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB, das einen kompakten Food-Scanner entwickelt hat, mit dem gegenwärtig schon Hackfleisch und Tomaten getestet werden können. „Auf Knopfdruck“ und innerhalb weniger Sekunden lassen sich beispielsweise der Zuckergehalt, die Festigkeit sowie der Trockenmasseanteil von Früchten zerstörungsfrei ermitteln und so Rückschlüsse auf die Qualität ziehen.

Im Labor können Inhaltsstoffe zwar schon lange per Nahinfrarotspektroskopie (NIR) quantifiziert werden, doch das ist zeitraubend und teuer. „Neu ist, dass dies jetzt zeitnah mit kleinen Low-Cost-Sensoren möglich ist“, sagt Julius Krause, Kollege im Team von Gruna. Der Handscanner muss dazu vorab entsprechend „eingelernt“ werden. Er sendet die gemessenen Daten an eine Cloud-Datenbank, in der die komplexen Auswerteverfahren hinterlegt sind. Die gemessenen NIR-Spektren zum Beispiel von Hackfleisch werden dort mithilfe statistischer Verfahren mit dem mikrobiellen Verderb korreliert und die weitere Haltbarkeit des Produkts daraus abgeleitet. Die Ergebnisse lassen sich anschließend mittels App anzeigen.

Die tatsächliche Haltbarkeit

Das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb IFF hat mit der App HawkSpex und entsprechendem Scanner einen „Demonstrator“ für die Frische-Bestimmung von Obst und Gemüse sowie zur Erkennung verschiedener Kaffeesorten entwickelt.

Das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb IFF hat mit der App HawkSpex und entsprechendem Scanner einen „Demonstrator“ für die Frische-Bestimmung von Obst und Gemüse sowie zur Erkennung verschiedener Kaffeesorten entwickelt.
Foto: Fraunhofer IFF/Viktoria Kühne

Damit ist potenziell eine engmaschige Kontrolle entlang der Logistikkette möglich, etwa durch Unterstützung der Wareneingangskontrolle und zur Vorhersage des „Shelflife“, so Gruna. Bestimmen lassen sich etwa Merkmale wie Wassergehalt, Einfärbung, Festigkeit, Konzentrationen von Inhaltsstoffen wie zum Beispiel sekundäre Pflanzenstoffe oder der Proteingehalt. Auch die Untersuchung der Fruchtreife und des Zucker-Säuregehalts bei Früchten ist möglich.

Ein Prototyp des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb IFF aus der App „HawkSpex“ und einem Scanner kann verschiedene Kaffeesorten wie Robusta und Arabica unterscheiden. Der Mini-Spektrometer soll bald auch bei dem Nachweis von Gluten sowie Pestizidrückständen oder Schimmelsporen helfen und in diesem Zusammenhang zum Beispiel falsch ausgezeichnete Inhaltsstoffe aufdecken, etwa um proaktiv Rückrufaktionen zu vermeiden. Im Einsatz sind solcherart Lebensmittel-Handscanner zum Beispiel bei dem US-Einzelhändler Target, entwickelt von MIT-Spin-offs.

Cloud-Lösung

Der Scanner des kanadischen Unternehmens TellSpec macht u. a. Angaben zu Zucker- und Glutengehalt.

Der Scanner des kanadischen Unternehmens TellSpec macht u. a. Angaben zu Zucker- und Glutengehalt.
Foto: TellSpec

Eine komplette Cloud-Lösung für das Management von Frischedaten entlang der Lebensmittellieferkette bietet das Stuttgarter Unternehmen Tsenso. Das System „FreshIndex“ ermittelt ein „dynamisches Haltbarkeitsdatum“ in Echtzeit und soll die tatsächliche Frische und Haltbarkeit von leicht verderblichen Lebensmitteln anzeigen. Das System befindet sich aktuell in einem Praxistest mit Schweinefleisch in ausgewählten Metro-Stores. Die Metro verfolgt das Ziel, Lebensmittelabfälle im eigenen Geschäftsbetrieb bis zum Jahr 2025 um 50 Prozent zu reduzieren.

Unlängst wurde drei Unternehmen von der EU der Research Innovation Horizon Preis für innovative Lösungen im Bereich Foodscanner verliehen: das finnische Start-up Spectral Engines, das mit seiner Lösung den Fett-, Eiweiß-, Zucker- und Gesamtenergiegehalt von Lebensmitteln bestimmen kann, das israelische Start-up Consumer Physics für seinen „Scio-Sensor“ sowie das kanadische Unternehmen TellSpec für seinen Scanner, mit dem sich die Reife von Früchten in weniger als 15 Sekunden ermitteln lassen soll. Solche Mini-Spektrometer für jedermann, die in ein Smartphone integriert werden können und preislich im dreistelligen Euro-Bereich liegen, richten sich durchaus auch an Endverbraucher und Konsumenten. „Die eine Lösung, die sich für alle Frischeprodukte und Anwendungsbereiche eignet, wird allerdings noch ein wenig auf sich warten lassen“, schätzt Experte Gruna.

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

Miniatur-Spektrometer

Herzstück der mobilen Scanner ist ein Nahinfrarot-Sensor. Das Infrarotlicht wird punktgenau auf das zu untersuchende Lebensmittel geschickt. Anschließend misst der Sensor das Spektrum des reflektierten Lichts.

Die absorbierten Wellenlängen lassen Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung der Ware zu. Charakteristische Transmissionsspektren für das jeweilige Lebensmittel sind in einer Datenbank hinterlegt. So lassen sich Rückschlüsse etwa auf den Reifegrad des Nahrungsmittels ziehen und auf Art und Menge der Inhaltsstoffe. Mobile Scanner stehen aber erst am Anfang ihrer Entwicklung und weisen noch einige Schwachstellen auf. So wird die Aussagekraft der Spektralmessung noch beeinflusst durch Typen-Divergenzen der Sensoren, Abhängigkeiten von der Beleuchtung sowie Unterschiede des spektralen „Fingerabdrucks“ der gemessenen Produkte – zum Beispiel unterscheidet sich die Reflexionsbandbreite von Fett in Rindfleisch von der von Fett in Käse oder Fisch. Die gemessenen Werte differieren bisweilen nicht nur von Produkt zu Produkt, sondern sogar von Saison zu Saison.