Kältekammer, Höhenkammer, Tauchbecken, Kletterwände – wer schon einmal in einer Globetrotter- Filiale war, kennt die zahlreichen Erlebnisse, die dort geboten werden. „Als Händler muss man sich aber stets die Frage stellen: Was genau ist Customer Experience heute und in der Zukunft?
Die Rezepte der Vergangenheit werden uns nicht in die Zukunft tragen“, so die Worte von Johannes Jurecka, COO von Globetrotter Ausrüstung. Vor zwei Jahren begann Globetrotter, die Interaktion mit den Kunden auf der Fläche neu zu denken. 2016 war das Unternehmen noch sehr dezentral aufgestellt, mit einer hohen Eigenständigkeit der einzelnen Stores. Bei Beratung und Verkauf verließen sich die Mitarbeiter auf ihre individuelle Einschätzung, es gab keine verbindlichen Standards. Der Storemanager war für eine große Bandbreite an Aufgaben verantwortlich, die neben dem Verkauf zum Beispiel auch Reparaturleistungen oder die Sortimentsgestaltung umfasste.
Diese bis dahin sehr breite Aufgabendefinition fokussiert Globetrotter seitdem mehr auf die Kundenberatung in den Stores. Während sich die Filialmitarbeiter früher vor allem als Experten definierten, die vom Kunden gesucht und konsultiert wurden, steht heute die proaktive Ansprache durch den Mitarbeiter im Vordergrund. „Customer Experience muss das Wichtigste sein, was ich im Store abbilden und was ich im Store beeinflussen kann“, so Jurecka zum neuen Kurs. Dieser Logik folgend sind Aufgaben wie die Sortimentsgestaltung in die Zuständigkeiten der Hamburger Zentrale gewandert. Diese Neuausrichtung stellt eine klare, veränderte Aufgabenverteilung dar.
KPI-System
Um Erkenntnisse aus den eingeleiteten Maßnahmen gewinnen zu können, setzt Globetrotter ein neues KPI (Key Performance Indicator)-System ein, das über Umsatz, Durchschnittsbon oder Konversion hinaus die Customer Experience und die Kundenzufriedenheit auf der Fläche mess- und steuerbar machen soll.
Globetrotter nutzt zur Messung der Kundenzufriedenheit pro Filiale 3 Befragungsterminals des Hamburger Start-ups Qualitize, gegründet 2013 vom Unternehmerpaar André und Kathrin Kistner. Das Start-up hat ein Befragungstool entwickelt, das Kundenmeinungen über Touchpad-Terminals in Echtzeit einholt und die Erkenntnisse für die Zentrale und Filialmitarbeiter fertig aufbereitet und interpretiert. Die Terminals sind an Orten wie dem Wartebereich der Kasse oder am Ausgang positioniert.
Die Befragung erfolgt in einem als spielerisch bezeichneten Ansatz mit Smiley-Symbolen und Bildern. Zudem gibt es ein offenes Textfeld, in dem Kunden ihr Feedback eingeben können. Pro Woche gehen bei Globetrotter immerhin rund 2.000 Kundenstimmen ein. Die Bewertungen und Kommentare der Kunden laufen in einer zentralen Online-Management- Plattform zusammen. Das Feedback aus Terminals, Online-Bewertungen und Mitarbeiterbefragungen wird vollautomatisiert ausgewertet und ist per Browser mit jedem internetfähigen Endgerät einsehbar.
Alert-System
Möglich ist auch ein automatisches Alert-System: Taucht im offenen Textfeld ein bestimmtes und vorab definiertes Keyword auf (z. B. unfreundlich, kaputt, Wartezeit etc.), wird automatisiert an die Filialverantwortlichen oder eine zentrale Servicestelle eine Alert-Mail verschickt. Entscheidend ist laut Jurecka die klare Verantwortlichkeit für die Ergebnisse sowie deren feste Verankerung in Routinen.
Die Teams bei Globetrotter besprechen jede Woche ihre Ergebnisse und setzen sich Ziele, wie bestimmte Werte bis zur nächsten Woche verbessert werden können. „Die Messbarkeit schafft es erst, dass ich in ein fundiertes Gespräch mit meinem Store-Team gehen kann“, beschreibt Jurecka die Bedeutung der neuen Zahlenbasis für die Personalentwicklung. Der Fokus der abgefragten Inhalte liegt bewusst auf beeinflussbaren Faktoren wie Begrüßung, aktive Kundenansprache, Beratungskompetenz oder auch die Freundlichkeit an der Kasse.
Mehr Smileys für Globetrotter
Nach zwei Jahren zieht Globetrotter eine positive Bilanz. Seit 2016 bis heute konnte der Anteil der positivsten Smileys auf der 5er-Skala laut Jurecka in vielen Bereichen gesteigert werden. Zum Beispiel wurden die Faktoren „Wahrnehmung des Kunden“ und „Begrüßung“ im Vergleich zu 2016 um 13 bzw. 12 Prozentpunkte verbessert. Der Faktor „Wartezeit an der Kasse“ stieg um 11 Prozentpunkte in der Zufriedenheit.
Neben diesen Zahlenwerten liefern die offenen Textkommentare der Kunden aufschlussreiche Impulse. Beispiel Hamburg. Dort hatte Globetrotter die Abläufe am Checkout verändert. Nachdem die Kunden die Änderungen mehrfach kritisierten, wurden diese wieder rückgängig gemacht. „Die Fähigkeit zur schnellen Reaktion auf Unzufriedenheit ist hierbei wichtig“, erklärt André Kistner, Geschäftsführer von Qualitize. Auf der anderen Seite können positive Textkommentare die Filialmitarbeiter motivieren. Die Verantwortlichen können darüber hinaus ersehen, wo sie im Vergleich zu den anderen Standorten stehen.
Globetrotter hat inzwischen auch die Möglichkeit für Kundenrückmeldungen zu Omnichannel- Services, Werbewirkung oder Ladengestaltung integriert. Auf der Website werden zudem sogenannte Zufriedenheitsergebnisse je Store ausgewiesen. Johannes Jurecka weist darauf hin, dass die positive Entwicklung nicht nur auf die Terminals zurückzuführen sei. Entscheidend seien die Maßnahmen auf der Fläche sowie die Mentalität, die Rückmeldungen ernst zu nehmen. Man sei zufrieden mit dieser Entwicklung,. „Aber“, sagt Jurecka, „wir sind noch nicht am Ende unserer Reise angekommen.“