Digitalisierung im Energiemanagement | stores+shops

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Die Referenten des EHI-Workshops „Smart Retail“ von links nach rechts: Andreas Kaupp (Hörburger), Joachim Wülbeck (Steen Harbach), Jürgen Mangelberger (Mangelberger Elektrotechnik), Dr. Thomas Goette (Green Pocket), Pablo Theux (KMLS ), Sören Söhnlein (Self Electronics), Tariq Hussain (Zumtobel Group), Benjamin Garufo (Ledxon), Jan Wollesen (EON) - Foto: Frank Rümmele

Digitalisierung im Energiemanagement

Zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit gehört, auch die energiebezogenen Prozesse stetig zu optimieren. Welche neuen Möglichkeiten, Potenziale, aber auch Risiken haben dabei innovative digitale Services? Wie weit sind Technik und Umsetzung? Diesen Fragen ging der EHI-Themenworkshop „Smart Retail“ mit Praxisberichten nach.

Energieverbräuche zu senken, Kosten und Aufwand für Instandhaltungsmaßnahmen zu minimieren und nachhaltige Effizienz-Maßnahmen abzuleiten, darum geht es beim Energiemanagement. Dieses wird immer wichtiger. Denn Energiekosten belasten den Einzelhandel in besonderem Maße. Seit 2008 ist Energiemanagement daher auch ein Forschungsbereich des EHI. Im dortigen Arbeitskreis, in dem Vertreter aus Handel, Industrie sowie Dienstleister regelmäßig Erfahrungen zur Energieoptimierung von Handelsgebäuden austauschen, kamen zuletzt verstärkt die Themen Digitalisierung und Internet of Things (IoT) auf.

Der Workshop „Smart Retail“ vertiefte intensiv die neuen Ansätze einer intelligenten, automatisierten Anlagensteuerung und einer filialübergreifenden, digitalen Vernetzung. „Die Technik, um Handelsgebäudesmart zu machen, ist da“, sagte Pablo Theux, geschäftsführender Gesellschafter von KMLS in seinem Vortrag. Und Jan Wollesen, Senior Segment Manager Retail & Logistics bei EON stellte fest: „Es gibt viele Themen, die sich rund um die Verbesserung der Effizienz einerseits und die Steigerung des Einkaufserlebnisses andererseits bewegen. Jetzt steht für jeden Retailer die Beantwortung der Fragen an: Was machen wir daraus? Welche Technologien bringen uns individuellen Mehrwert? Was sind die für uns richtigen Lösungen?“

Das Spektrum der digitalen Tools geht dabei weit über das Kernthema Energiemanagement hinaus und schließt u. a. die Prozessoptimierung ein. Self Electronics zum Beispiel, Spezialist für LED-Lichtlösungen, entwickelt derzeit Systeme für Verkaufsregale im Kosmetikbereich, die nicht nur steuerbares Licht beinhalten, sondern zugleich eine Live-Inventur ermöglichen sollen, das erläuterte Sören Söhnlein, Key Account Manager bei Self Electronics.

Das Unternehmen arbeitet bei seinen Entwicklungen mit der Steen Harbach AG, Berater rund um sichere Infrastrukturen, unter der Marke Point Blank Security zusammen. Denn so verheißungsvoll Digitalisierung ist, so ist sie doch auch mit Risiken behaftet. „Wenn kein ausreichender Schutz vorhanden ist, können Hacker eine Disco aus Ihrer Beleuchtung machen“, verdeutlichte Joachim Wülbeck, Produkt Manager bei Point Blank. Von Gateway-Lösungen riet der Experte eindeutig ab, jedes Gateway sei ein potenzielles Angriffsziel. Die sicherere Alternative sei eine PKI – Public Key Infrastructure auf Basis des neuesten TLS -Standards. „Die Sicherheitsmerkmale direkt in die IoT-Geräte und so nah wie möglich an die Datenpunkte zu bringen, ist aus unserer Sicht der einzige Weg. Wenn TLS bei den IoT-Geräten startet, wird jede Verbindung Ende zu Ende abgesichert und ist damit unabhängig von der Netzwerksicherheit.“

Der Workshop berücksichtigte vielfältige Aspekte, wobei auch das reine Energiemanagement nicht zu kurz kam. Dr. Thomas Goette, Geschäftsführer von Green Pocket, Anbieter von Smart-Energy-Lösungen, stellte beispielsweise die Ergebnisse einer Studie zum Einsatz von Energiemanagement-Software im Handel vor. Dabei zeigte er nicht nur auf, dass die Entwicklung „von der Energie-Transparenz zur Energie-Intelligenz“geht, sondern auch, dass „der Hunger auf mehr kommt, je intensiver man sich mit Energiemanagement beschäftigt.“ Gutes „Futter“ lieferten dafür die einzelnen Fachvorträge.

Vortrag 1: Talking Facilities

Die Voraussetzung für effizientes Energiemanagement ist ganzheitliche Datentransparenz. Dabei und darüber hinaus unterstützen Lösungen wie die IoT-Plattform „QBRX“.

Was nützen die modernsten Anlagen, wenn sie nicht richtig eingestellt und überwacht sind? Andreas Kaupp, in der Niederlassung Erfurt der Hörburger AG im Bereich Key Account Vertrieb beschäftigt, hatte ein konkretes und sehr plakatives Praxisbeispiel parat: Auf einer knapp 350 qm großen Retail-Fläche waren monatlich zusätzliche – soll heißen unnötige – Energiekosten in Höhe von 776,55 Euro angefallen. Die Ursache: Die eigentlich automatisch steuerbare Grundbeleuchtung befand sich aus Versehen im Modus „Handbetrieb“. Ein kleines Defizit mit großer Wirkung, das sich bei optimalen Monitoring- und Alarmierungsstrukturen hätte vermeiden lassen.

Händler, die in das Energiemanagement einsteigen, stehen meist vor vielen Herausforderungen. Mühsam werden die Verbrauchswerte aus den Rechnungen der Energieversorger zusammengesucht und manuell Zähler abgelesen. Zudem ist die technische Ausstattung der einzelnen Filialen oftmals unbekannt und das Dokumentenmanagement bruchstückhaft, so die Erfahrung von Andreas Kaupp: Welche Filiale hat welche Anlagen, wo sind die Handbücher dazu, welcher Handwerker hat woran Hand angelegt? Nicht selten sind auch die Prozessabläufe je Filiale unterschiedlich. Schon an dieser Stelle, bevor Retailer selbst Zeit und Nerven investieren, bietet Hörburger Unterstützung an. Das Unternehmen beschäftigt sich seit gut 20 Jahren mit MSR (Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik) sowie dem Schaltanlagenbau für den Retail und hat die smarte Energiemanagement-Lösung „QBRX“ entwickelt.

Je besser Anlagen vernetzt sind, umso effizienter sind sie zu betreiben.

Andreas Kaupp

Key Account Vertrieb Hörburger AG

„Wir starten zunächst mit einem Erstgespräch, bei dem wir unseren potenziellen Kunden intensiv zuhören. Wir lassen uns ihre Ausgangssituation, Probleme und Ziele schildern“, erklärte Andreas Kaupp das Procedere. Es folgen die Makro- und Einzelanalyse. Zur Bestandsaufnahme gehört ein bebilderter Filial-Check, der zugleich den ersten Schritt zur Inventarisierung darstellt. Je Standort wird Transparenz hergestellt: was passiert wann? und die energetische Gebäudesituation ermittelt. Eine Empfehlung von Andreas Kaupp in diesem Zusammenhang: „Wenn Medien wie Strom und Wärme bilanziert werden, sollte unbedingt das Wetter einbezogen werden.“

Die verbrauchsstärksten Filialen werden sichtbar gemacht, wodurch klar wird, an welchen Stellen Energiesparmaßnahmen den höchsten Nutzen bringen. Zudem zeigt der Benchmark-Vergleich Potenziale auf. Der abschließende Analysebericht bildet somit eine Grundlage für die dann folgenden Entscheidungen. „Wir erarbeiten ein individuell zugeschnittenes Konzept. Unsere Kunden können in allen Projektphasen Eigenleistungen erbringen – oder sich zurücklehnen und die Umsetzung vollständig uns überlassen“, so Kaupp. Wo immer sinnvoll und möglich, werde Bestandstechnik herstellerunabhängig einbezogen. Nur, wenn es wirklich nötig ist, werde diese ergänzt. Mitunter sei sogar weniger mehr: „Im Bereich der Messtechnik finden wir zum Beispiel mitunter mehr Zähler vor, als wir als erforderlich erachten“, berichtete der Key Account-Manager. Das Gebäudeautomationssystem oder einzelne Komponenten werden optimiert bzw. (erstmals) eine neue Gebäudeautomation oder vernetzte Regelung umgesetzt. „Je besser die einzelnen Anlagen vernetzt sind – Lüftung, Klima, Heizung, Licht, Türluftschleier, Fahrtreppen, Zutrittskontrolle –, umso effizienter kann das Gesamtsystem gesteuert, überwacht und betrieben werden“, sagte Kaupp.

Bestandstechnik einbeziehen

Top-Anlagentechnik ist das eine. Doch es kommt auch darauf an, die Effizienz dieser Technologie im laufenden Betrieb aufrechtzuerhalten bzw. stets weiter zu erhöhen. Neue Möglichkeiten für die Wartung und Instandhaltung sowie für die Erfolgskontrolle der komplexen Prozesse eröffnet laut Kaupp die noch junge IoT-Plattform „QBRX“, die Daten, Technik und Prozesse miteinander verknüpft. Bei Hörburger spricht man von „Talking Facilities“, wobei das englische Wort „Facilities“ für Gebäude, Anlagen und Komponenten steht, und mit „Talking“ ist gemeint, dass die Facilities über „QBRX“ miteinander kommunizieren. Wird bisher am Markt vielfach noch mit verschiedenen Software-Applikationen, also Einzellösungen gearbeitet, führt „QBRX“ das Energie- und technische Facility-Management sowie einige Gebäudeleittechnik-Funktionen in einem Tool zusammen. Da die Plattform cloudbasiert ist, haben freigeschaltete Nutzer praktisch von überall Zugriff auf Daten, Dokumente und Funktionen.

„In ‚QBRX‘ werden Daten gesammelt, visualisiert und analysiert. Die individuellen Energieleistungskennzahlen (EnPI) werden berechnetund alles zusammen automatisch in Berichte exportiert. Auch Benchmark-Vergleiche lassen sich vornehmen, sodass schnell Effizienzmaßnahmen abzuleiten sind“, so Kaupp. Laufen Energieverbrauch oder Anlagenwerte aus dem definierten Korridor, wird eine automatische Alarmierung ausgelöst. Damit können Fälle wie der eingangs beschriebene, bei dem sich die Beleuchtung unbemerkt im Modus Handbetrieb befand, der Vergangenheit angehören.

In „QBRX“ lassen sich zudem, so führte Kaupp weiter aus, die technischen Dokumente der Anlagen hinterlegen, sodass diese an jedem Standort „griffbereit“ sind. Ebenso lassen sich Hersteller-Updates einspielen. Installateuren wird der Handlungsbedarf aufgezeigt (Wartung, Reparatur etc.), diese können dann die Dokumentationen ihrer Arbeit einpflegen. Jede Aktion lässt sich somit nachvollziehen. Das System istauf diese Weise eine umfassende Informationsquelle und stets up-to-date. Last, but not least, unterstütze „QBRX“ bei der Erfüllung der Betreiberpflichten. „Auch das wird schließlich, insbesondere rund um Klimaanlagen, immer wichtiger“, unterstrich Kaupp.

Vortrag 2: Die Zukunft ist jetzt

Schon seit 2008 verbaut Mangelberger Smart-Meter-Module in alle Schaltanlagen – Industrie 4.0 ist längst Realität. Die Schwesterfirma Edison Street übernimmt Daten-Hosting und -Analyse.

Standardisiert – dies Wort passt eigentlich nicht zu einem Quer- und Vorausdenker wie Jürgen Mangelberger. Sein Unternehmen, Mangelberger Elektrotechnik im fränkischen Roth, fertigt standardisierte Schaltanlagen und Light-Control-Panels. Zwar werden diese sehr wohl kundenindividuell konzipiert, aber so, dass sie sich im Fall der Expansion schnell multiplizieren und auf allen Kontinenten einsetzen lassen. Die filial- und länderübergreifend einheitlichen Elektroverteilungen sind somit auch gleich in der Bedienung.

„Alle Normen und Vorschriften sind selbstverständlich berücksichtigt. Auch werden die Anlagen an die jeweilige Landessprache angepasst. Zugunsten von Effizienz verzichten wir jedoch auf Wildwuchs“, sagte Jürgen Mangelberger. Ebenfalls wichtig: Jede Steuerung kann für den Fernzugriff und ein zentrales Energiecontrolling an eine industriekonforme Online-Datenbank angebunden werden. Bereits seit Jahren verbaut Mangelberger Smart-Meter-Module in alle Schaltanlagen, wodurch sich deren gesamte Peripherie digital erfassen lässt. „Viele Kunden wussten gar nicht, dass die intelligenten Zähler bereits installiert sind. Sie zahlen auch erst ab der realen Nutzung dafür. Aber dann spart unser vorausschauendes Handeln den Monteur für den nachträglichen Einbau“, erläuterte der von der Technologie überzeugte CEO schmunzelnd.

Dank Automatisierung haben wir sehr viel mehr Zeit für Kreativität.

Jürgen Mangelberger

Geschäftsführer Mangelberger Elektrotechnik GmbH

2013 gründete Jürgen Mangelberger das Schwesterunternehmen Edison Street. Spätestens seitdem laufen die Fäden zusammen – sowohl für die eigene, weiter perfektionierte Produktion als auch für die Kunden aus Gastronomie und Retail. Als systemunabhängiger Dienstleister beschäftigt sich Edison Street mit Datenintegration, -verwaltung, -hosting und -analyse sowie mit dem Benchmarking für Energie- und technisches Gebäudemanagement. Sensor- und Messdaten aus mehreren tausend Filialen fließen realtime in „superschnelle, intelligente und zudem kundensegmentierte Datenbanken ein. Wir betreiben in Schweden hoch performante Rechenzentren“, so Mangelberger.

Alles aus einer Hand

Bewusst hat er sich für eigene Datenbanken entschieden, wobei die Frage vorausging: „Wer ist unser Wettbewerber von morgen: ABB, Siemens oder Amazon?“ Damit wurde eine weitere Frage zentral: „Wer analysiertin Zukunft die Daten? Retailer sollten ihre Daten nicht von potenziellen Konkurrenten hosten lassen“, findet der Unternehmer. „Unsere Systeme ermöglichen mannigfaltige Analysen, auch über die Energie-Thematik hinaus. Dabei können unsere Kunden stets selbst entscheiden, welche Daten sie an Dritte geben.“

Im Sinne von „alles aus einer Hand“ reicht das Mangelberger-Leistungsspektrum von der ganzheitlichen Elektroplanung, speziell abgestimmt auf den Bedarf von Gastronomie und Handel über den Schaltanlagenbau mit Schwerpunkt Gebäudeautomation, das Energiemanagementsystem (ebenfalls aus eigener Entwicklung), Light Control und Smart-Meteringbis hin zur Online-Datenbank samt Analyse, Reporting und Controlling.

Die Daten aus dem Energie- und Utility-Management nutzt Mangelbergerauch für die automatische Konfiguration der kundenspezifischenSchaltanlagen. Nachfolge- und Ergänzungsanlagen werden hinsichtlichGröße und Auslegung nahezu automatisiert an den aktuellenBedarf der betreffenden Filiale angepasst: Wo steht bereits eine ähnliche Anlage? Automatisch verhilft Big Data zu einer Referenzierung der Komponenten innerhalb der Schaltanlage. „Wird die Filiale oder das Restaurant beispielsweise kleiner, empfiehlt das System, auch die Schalt-anlagen kleiner zu dimensionieren“, erläuterte Mangelberger. Über Geo-Koordinaten wird klar, welcher Country-Code für die Beschriftung oder Verkabelung zugrunde gelegt werden muss. Ebenso gibt die Datenerfassung her, wo Schaltschränke zur Wartung anstehen oder Verschleißteile ausgetauscht werden müssen. Das Ersatzteilwesen ist anhand der Lebenszeitanalyse von Bauteilen bereits vorbereitet.

Konsequent hat Mangelberger seine Produktion in den letzten Jahrenauf das Konzept Industrie 4.0 umgestellt, „damit Bayern sich weiter gegen China behaupten kann“. Weiterer Grund war jedoch, dass sich Jürgen Mangelberger und sein Team intensiv mit Themen wie dem demographischen Wandel und der Zukunft des Arbeitens beschäftigt haben. Dafür wurden 1.200 Schüler und 260 Praktikanten befragt. Das Resümee: „Jugendliche gehen davon aus, dass sie später durchschnittlich nur etwa fünf Jahre in einem Unternehmen bleiben werden. Sie möchten zudem, dass über Work-Life-Balance nicht nur geredet wird. Für uns bedeutet das, dass wir uns auf einen Fachkräftemangel ebenso einstellen müssen wie darauf, Wissen zu bündeln, um Mitarbeiter jederzeit ersetzen zu können, zum Beispiel den Projektleiter, der in Elternzeit geht“, erläuterte Jürgen Mangelberger. Nicht nur interdisziplinäre Gruppenarbeit wird seitdem gefördert, sondern es wurde auch eine in großen Teilen selbstorganisierte Produktion aufgebaut – sehr viel Robotik inklusive. Nun kommunizieren Menschen, Produktionsmaschinen und Produkte.

„Der Wandel in unserem Unternehmen war krass“, sagte Jürgen Mangelberger. „Aber wir sind nun technisch, qualitativ und hinsichtlich unserer Lieferzeiten besser aufgestellt als je zuvor. Haben wir früher 40 Stunden an einer Verteileranlage gearbeitet, bauen wir sie heute in weniger als zehn Stunden“, so Mangelberger. „Offiziell beträgt unsere Lieferzeit drei Wochen. Aber wenn es drauf ankommt, können wir deutlich schneller sein. Und wir haben zudem sehr viel mehr Zeit für Kreativität.“

Vortrag 3: Digitalisierung im Bestand

In rund 300 Märkten der Baumarktkette Obi hat KMLS ein neues Energiekonzept umgesetzt. 31 Prozent weniger Strom- und 15 Prozent weniger Gasverbrauch sind das Ergebnis.

Bestandsmärkte sind im Hinblick auf Energiesparmaßnahmen bekanntlich eine besondere Herausforderung, erst recht, wenn es sich um Mietobjekte handelt. Die Baumarktkette Obi stellte sich der Aufgabe, ihre Energiekosten umfassend und nachhaltig zu optimieren. Nach der Bemusterung von zwei Pilotmärkten gewann KMLS , technischer Dienstleister für Gebäude- und Filialtechnik mit Sitz in Hamburg, das Ausschreibungsverfahren.„Wir haben sowohl vor als auch nach der Ausschreibung intensiv und lange analysiert“, berichtete Pablo Theux, geschäftsführender Gesellschafter von KMLS . „Dieses Vorgehen halten wir grundsätzlich für sinnvoll.“

Mittels Carpet-Plot-Analyse wurden die Immobilien energetisch bewertet. Der technische Status quo der Gebäudetechnik wurde ermittelt und geprüft: Was funktioniert wie? Wo gibt es Optimierungs- oder Erneuerungsbedarf? Ebenso wurden die jährlichen Energieverbräuche jeder Filiale visualisiert, um auf einen Blick sichtbar zu machen, ob ein Standort unter Energie-Gesichtspunkten gut läuft oder eher nicht. Auf Basis dieser Erkenntnisse erarbeitete KMLS ein Maßnahmenpaket, das den von Obi vorgegebenen Return-on-Investment ebenso berücksichtigte wie die mietvertragsrechtlichen Parameter. Die rund 300 Märkte in Deutschland, Österreich, Tschechien und Ungarn wurden dann „in mehreren Wellen umgerüstet“.

Es lohnt sich, sich für die Inbetriebnahme von Regelungstechnik Zeit zu nehmen.

Pablo Theux

geschäftsführender Gesellschafter KMLS GmbH

Beginnend mit der Planung der technischen Gebäudeausrüstung bis hin zur Wartung deckt das Unternehmen KMLS alle Technik-Themen von Einzelhandelsimmobilien ab – und das über den gesamten Lebenszyklus. 85 Prozent des Umsatzes erwirtschaften die Hamburger laut Pablo Theux im filialisierten Handel, für etwa 60 Handelsketten waren und sind sie tätig.

Der besondere Fokus von KMLS liegt auf Beleuchtung, Energiemanagement und Regelungstechnik. Diese Kernkompetenzen spielten auch bei der Arbeit für die Obi-Märkte die zentrale Rolle. Mit der Umsetzung von über 1.000 Einzelmaßnahmen wurden laut Theux der Stromverbrauch um 31 Prozent, der Gasverbrauch um 15 Prozent und die Energiekosten insgesamt um mehrere Millionen Euro gesenkt. „Wir konnten bei diesem Projekt viel tun“, so Theux über die Ergebnisse, wies aber zugleich darauf hin, dass diese niedriger ausfallen, je mehr die Objekte bereits „auf dem Stand der Technik“ sind.

Herausforderung Regelungstechnik

Gut 120.000 T8-Leuchtstofflampen wurden bei Obi gegen LED-Röhrenlampen getauscht, zudem 5.000 Hallentiefstrahler mit 400 Watt gegen LED-Strahler mit 163 Watt ausgewechselt. Auch die Regalbeleuchtung ist jetzt eine andere. Je nach Situation vor Ort wurde überdies erstmals eine Lichtsteuerung eingebaut oder die vorhandene erneuert, wo immer möglich inklusive Tageslichtsteuerung. „Beleuchtungssteuerung ist ein eher einfaches Thema“, findet Pablo Theux. „Viel Arbeit“ sei es indes, die Regelungstechnik in den einzelnen Märkten zu harmonisieren und einen jeweils gleichen Aufbau sicherzustellen. „Bei manchen Anlagen war nichts an MSR-Steuerung vorhanden, bei anderen mehr, das ist schwer zusammenzubringen.“ Über 90 Projekte wickelte KMLS bei Obi allein in dieser Hinsicht ab.

Eine Standard-Steuerung wurde entwickelt, dafür wurden BACnet (Building Automation and Controll Networks, Netzwerkprotokoll für die Gebäudeautomation)-Standards definiert. Die Regelungstechnik wurde durch die Installation neuer Devices – bei KMLS stets herstellerunabhängig – ergänzt. Bei der Heizungs- und Lüftungssteuerung fand KMLS teilweise veraltete Technik vor, die nicht CO2-geregelt war und auch keinen Volumenstrom regelte. Bei den Lüftungs- und Heizungsanlagen tauschte bzw. ergänzte man diverse Brenner und Heizkessel, Pumpen, Keilriemen und Frequenzumrichter. Letztere optimieren nun die Motoren-Ansteuerung. Alle Steuerungen wiederum wurden auf eine Gebäudeleittechnik (GLT) und diese auf eine Leitwarte aufgeschaltet. „Es lohnt sich, sich für die Inbetriebnahme von Regelungstechnik Zeit zu nehmen“, empfiehlt Pablo Theux. Auch für den Bedarf individueller Einstellungen nannte er ein konkretes Beispiel: „Bei Obi spielen Weihnachtssterne eine wichtige Rolle. Wenn dieses saisonale Produkt in den Verkauf kommt, muss den Pflanzen zuliebe in dieser Phase die Heiztemperaturan den Standorten erhöht werden.“

Die Leitwarte betreibt KMLS im 24/7-Betrieb als Dienstleister. „Dies kann der Händler aber auf Wunsch auch selbst übernehmen“, sagte Theux, der es ohnehin als wichtig erachtet, dass Händler strategisch unabhängig von Dienstleistern und Herr über die Daten beziehungsweise Informationen bleiben. Theux: „Entscheidend ist, dass mit den Informationen gearbeitet wird, dass man also zum Beispiel Verbrauchsabweichungen auch wirklich nachgeht sowie aus Störfällen lernt.“

Für die Zukunft sieht Pablo Theux viel Potenzial in der proaktiven Steuerung von Gebäudetechnik, wobei jedoch auch hier die Unabhängigkeit gewahrt bleiben sollte, was in diesem Fall heißt, dass der Mensch eingreifen können muss. Proaktiv bedeutet, dass man Prognose-Tools in die Systeme einbezieht, zum Beispiel hinsichtlich Wetter oder Frequenz. „Bisher wird ja meist ausschließlich reagiert“,stellte Theux fest. Auch die Nutzung von AI (Artifical Intelligence)-Komponenten werde künftig zur weiteren Optimierung der Steuerung beitragen.

Vortrag 4: Vollintegrierte Fernsteuerung

Der britische Drogerie-Filialist Boots führte in Zusammenarbeit mit EON eine intelligente Beleuchtung ein, die nahtlos in das Gebäude-Energiemanagement integriert wurde. Der Essener Konzern EON war bis vor wenigen Jahren vor allem als Energieerzeugerbekannt. Mittlerweile ist EON jedoch auch als Lösungsanbieterim B2B-Geschäft tätig. Mit 21 Niederlassungen in Europa setzt das Unternehmen auf integrierte Energielösungen – und das technologie-und anbieterneutral über die gesamte „Lieferkette“. Die Lösungen ergeben sich jeweils aus den kundenspezifischen Problemstellungen, mit einem Fokus auf Profitabilität, Sicherheit, Nachhaltigkeit und Komfort, wie es heißt.

Eines der aktuellen Projekte: Der Einzelhändler Boots ist in Großbritannien mit rund 2.500 Filialen Marktführer für Gesundheitsprodukte. In der Diskussion mit EON ergab sich folgende Frage: Wie können im Rahmen der Umstellung auf LED-Beleuchtung die Wettbewerbsposition gestärkt und die Effizienz verbessert werden? Mit kleinen Filialen, hohem Kostendruck und wenig Personalressourcen für die technische Bewirtschaftung war die Ausgangslage, wie häufig, schwierig.

70 Prozent der Störungen können aus der Ferne behoben werden.

Jan Wollesen

Senior Segment Manager Retail & Logistics EON Connecting Energies

Im Zuge der Umrüstung auf LED wurde eine smarte Beleuchtungssteuerung integriert, die man um eine Mikro-Gebäudeleittechnik ergänzte. Im Dialog mit dem Kunden fiel die Wahl auf das Lichtsteuerungssystem „Eye Nut“ des Unternehmens Harvard Technology. Die mit „Zig Bee“vernetzten Leuchten lassen sich drahtlos in jedem bestehenden Geschäft nachrüsten, sodass eine schnelle und störungsfreie Installation außerhalb der Öffnungszeiten möglich ist. In Testphase eins wurden zunächst 8 Filialen umgestellt, es folgten weitere 24 Pilot-Stores und dann, als sich Funktionsfähigkeit und Nutzen eindeutig abzeichneten, der weitere Roll-out.

Automatische Fehlererkennung

Das Ergebnis: „Allein im Bereich Beleuchtung konnten die Energiekosten um 34 Prozent reduziert werden, zusätzlich werden 20 Prozent Energie durch die Fernüberwachung der Mikro-Gebäudeleittechnik eingespart“, stellte Jan Wollesen, Senior Segment Manager Retail & Logistics bei EON , das Projekt und die Details vor. „Es konnten jedoch nicht nur die Kosten optimiert, sondern auch die Qualität verbessert werden. Mit spezifischen Lichtszenarien bieten die umgerüsteten Boots-Filialen nun ein stimmiges Einkaufserlebnis.“ Hinterlegte Zeitpläne und eine Tageslicht-Sensorik tragen dazu bei, dass je nach Kundenfrequenz und Tageslichtintensität ein energieeffizienter Betrieb gewährleistet ist.

Was Jan Wollesen für eine der weiteren Stärken hält, ist die automatische Fehlererkennung des Systems bei Leuchten und Treibern. Fällt eine Leuchte aus oder lässt die Beleuchtungsstärke nach, geht automatisch eine Fehlermeldung an das Facility Management. Über die zusätzliche Fernaufschaltung der Mikro-Gebäudeleittechnik ist darüber hinaus die weitere technische Ausstattung im Blick. „Etwa 70 Prozent der Störungen der Anlagentechnik können, so die bisherigen Erfahrungen, im ersten Zugriff aus der Ferne behoben werden“, berichtete Wollesen. Die Techniker müssen somit nicht erst die Filiale aufsuchen, was schon deshalb ein Trumpf ist, da der Personal-Engpass in der technischen Bewirtschaftung bei vielen Einzelhändlern ein Problem darstellt. Per Multi-Site-Dashboard hat das Management Zugriff auf die Daten. „Die Eingriffsmöglichkeiten von der Filiale aus haben die Boots-Verantwortlichen hingegen bewusst gering gehalten“, teilte der EON -Manager mit.

Die Einbindung der Mikro-Gebäudeleittechnik in der Filiale in die cloudbasierte Infrastruktur von EON ermöglicht eine ganzheitliche Überwachung und Steuerung von Heizung, Lüftung und Klimatisierung sowie weiteren technischen Gewerken wie Beleuchtung und Sicherheitsfunktionen. „Die EON -Software-Lösung ‚Optimum Professional‘ liefert eine vollständige Übersicht über die Energiedaten, inklusive CO2-Emissionen und anderen Steuerungsgrößen. Eine aktive Kostenkontrolle und wertvolle Einblicke zur Steigerung der Energieeffizienz sind somit möglich“, so Wollesen.

Auch die vorgeschriebenen Tests der Notbeleuchtung lassen sichautomatisiert durchführen und die Ergebnisse in der Zentrale einsehen. Die monatliche Vor-Ort-Prüfung kann dadurch entfallen. Zudem gewähr-leisten Over-the-Air-Update-Funktionen, dass die Lichtsteuerung technisch stets auf dem neuesten Stand bleibt.

Jan Wollesen, der auf berufliche Erfahrungen im Einzelhandel zurückblicken kann, zeigte auf, dass die Möglichkeiten einer intelligenten Beleuchtungssteuerung noch lange nicht ausgereizt sind und es mittel- bis langfristig interessante Ansatzpunkte gibt. „Die Beleuchtung ist häufig die einzig durchgehende Infrastruktur, sodass sie für intelligente Konzepte prädestiniert ist. Viele Daten zu Einkaufsgewohnheiten können beispielsweise über smarte Beleuchtung erfasst werden: Wie wird die präsentierte Ware wahrgenommen? Im Onlineshop ist derartige Transparenz bereits gelebte Praxis, der stationäre Einzelhandel aber wird in den kommenden Jahren gewaltig aufholen. Die intelligente Beleuchtung wird hier eine Schlüsselrolle einnehmen“, ist Wollesen überzeugt.

Vortrag 5: Kleiner Store, große Wirkung

Einzeln ansteuerbare LED-Leuchten von Ledxon verhelfen der Papeteriewelt-Filiale im Donau-Einkaufszentrum Regensburg zu deutlicher Energieersparnis und attraktiverer Optik.

2017 übernahm Berit Liebl die rund 180 qm umfassende Papeteriewelt-Filiale im Donau-Einkaufszentrum Regensburg. 16 Jahre waren seit dem letzten Umbau vergangen, Zeit also für frischen Wind. „Ich habe nach Maßnahmen mit einem besonders positiven Kosten-Nutzen-Verhältnis gesucht“, erzählte die Betriebswirtin und geschäftsführende Gesellschafterin. Die Entscheidung fiel auf die Modernisierung der Beleuchtungsanlage,mit der Begründung: „Die Einrichtung wirkt noch immer zeitgemäß, beim Licht allerdings gab es Handlungsbedarf.“

90 Prozent der Energiekosten, das wurde beim Blick auf die Rechnungen deutlich, entfielen am Standort auf die Beleuchtung. Die 79 CDM-T-Strahler mit 80 Watt waren für den Stromverbrauch verantwortlich und sorgten darüber hinaus für eine starke Wärmeentwicklung im Store. Ohne Akzent- und Detailbeleuchtung, als einheitlich helle „Lichtsoße“, ließ zudem die Atmosphäre zu wünschen übrig, zumal es in der Center-Lage auch keinen Tageslichteinfall gibt. Die Ziele waren somit klar: Über die Erneuerung der Beleuchtung sollten die Energiekosten gesenkt und gleichzeitig das optische Erscheinungsbild verbessert werden. Es sollten Lichtzonen geschaffen werden, um die Kunden zu lenken sowie Lichtszenarien, die den Sortimenten – Papier- und Schreibwaren, Geschenkartikeln und -verpackungen sowie Grußkarten – spezifisch gerecht werden. Zudem sollte eine farbechte Beleuchtung die Ware schonen.

Ein besonders positives Kosten-Nutzen-Verhältnis der Maßnahmen war mir wichtig.

Berit Liebl

geschäftsführende Gesellschafterin Papeteriewelt GmbH

Im Landshuter Unternehmen Ledxon und Benjamin Garufo, dem Geschäftsführer des Segments Retailbeleuchtung, fand Berit Liebl ihren Partner. 35,81 Watt pro Quadratmeter Energieverbrauch bildeten den Ausgangspunkt. Man könnte es auch so ausdrücken: Die Helligkeit im Store war hoch, kam aber nicht an, wo sie ankommen sollte – an der Warenfront wurden durchschnittlich nur 450 Lux gemessen.

„Einfach nur auf energieeffizientere Leuchtmittel zu wechseln, wäre keine Lösung gewesen, denn bei den Strahlern handelte es sich um fest installierte Einbautöpfe“, berichtete Benjamin Garufo. Somit fiel die Wahl auf ein komplett neues Leuchten-Set-up mit 66 LED-Bluetooth-Leuchten à 36,5 Watt. Die Veränderung kann sich im wahrsten Sinne sehen lassen: 13,65 Watt pro Quadratmeter entsprechen einer Energieersparnis von 62 Prozent. Gleichzeitig kommen nun durchschnittlich 1.100 Lux an der Warenfront an. Weniger Licht im Gang, mehr auf dem Sortiment kommt der besseren Wahrnehmung zugute. Weiterer Vorteil: Dank variabler Stromschienensysteme mit ebenso flexiblen Leuchten kann die Beleuchtung nun stets mit der Ware „mitgehen“, wechselnde Sortimente können „gehighlightet“ werden.

Ansteuerbare Leuchten sind heute fast zwingend erforderlich, weil sich ein Laden immer wieder neu erfinden muss.

Benjamin Garufo

Geschäftsführer Retailbeleuchtung Ledxon GmbH

Zudem wird das Licht seit der Modernisierung, die Anfang des Jahres im Laufe einer Woche stattfand, nun frequenzabhängig gesteuert. Dafür wurden zwei Grundszenarien programmiert. In den Stoßzeiten, das sind mittags und nachmittags insgesamt 7 Stunden, liegt das Beleuchtungsniveau bei 100 Prozent, alle 8 definierten Store-Zonen „erstrahlen“. Bei niedrigerer Frequenz – morgens und abends insgesamt 4 Stunden – wird das Beleuchtungsniveau auf 70 Prozent gedimmt. Dennoch kommen auch in dieser Zeit durchschnittlich 770 Lux an der Warenfront an – erheblich mehr als in der Vergangenheit. Der Spareffekt allein dieser Maßnahme: 10,9 Prozent.

Auch wenn Grundszenarien hinterlegt sind – ein manueller Eingriff in den Ablauf ist jederzeit möglich: Alle Lichtquellen sind ansteuerbar, und das via App über Tablet oder Smartphone. Der Szeneriewechsel kann vom Store aus erfolgen, auf Wunsch aber auch von der Ledxon-Zentrale ausgehen. Sollte die Frequenz abends ungewöhnlich hoch sein, so lässt sich die Beleuchtung praktisch auf Knopfdruck auf100 Prozent Helligkeit hochfahren.

„Ansteuerbare Leuchten sind heute beinahe zwingend erforderlich, weil sich auch ein Laden immer wieder neu erfinden muss“, dieser Überzeugung ist Benjamin Garufo. Im vorderen Store-Bereich der Papeteriewelt im Donau-Einkaufszentrum Regensburg wurden aus diesem Grund paarweise steuerbare Leuchten in den Farbstellungen Warmweiß und Neutralweiß installiert. In der Herbst- und Weihnachtszeit kann nun beispielsweise eher stimmungsvolles warmweißes Licht eingesetzt werden, im Frühjahr das kühlere Neutralweiß. „Rund ums Jahr sind individuelle Mischungen der Lichtfarbe möglich“, betonte Benjamin Garufo. Und Berit Liebl stellte bereits fest: „Laufkunden bleiben seit der Umrüstung viel häufiger vor unserem Store stehen und werden auf uns aufmerksam.“

Auch an die Zukunftssicherheit wurde bei dem neuen Konzept gedacht. „Nachträgliche Laden-Modernisierungen sind problemlos möglich“, verspricht Benjamin Garufo. „Ebenso können zu einem späteren Zeitpunkt weitere Module angebunden werden, zum Beispiel Wärmesensoren, Bewegungssensoren oder Kameras zur Detektion.“

Vortrag 6: Mehr Umsatz dank vernetztem Licht

In einem Pilotprojekt beim französischen Einzelhändler E. Leclerc in Langon verband Zumtobel Group Services (ZGS) das Lichtkonzept mit dem Internet der Dinge (IoT). Eine Erfolgsstory.

Seit Längerem beschäftigt sich die Zumtobel Group, Dornbirn/Österreich,als internationaler Lichtkonzern mit vernetztem Licht – also mit datenbasierten Diensten, die rund um die Beleuchtungssysteme angeboten werden. Der neu geschaffene Geschäftsbereich ZGS startete in diesem Zusammenhang 2017 ein Pilotprojekt mit dem Hypermarché E. Leclerc in Langon. Dessen CEO Alain Lafforgue ist sehr an den neuen Technologien interessiert, berichtete Tariq Hussain, Head of Strategic Partnership bei der Zumtobel Group. Einen modernen und interaktiven Einkaufsort zu gestalten, an dem die Konsumenten eine ganz neue Art des Shoppings erleben, sei Lafforgues Ziel. Generell sei dem Unternehmen E.Leclerc eine starke Kundenbindung wichtig, seit Langem betreibt man ein Loyalty-Programm. Dieses wurde in das Pilotprojekt eingebunden.

ZGS installierte Bluetooth-Beacons in die bereits vorhandenen „Tecton LED smart location“-Leuchten von Zumtobel. Über eine App, die eigens entwickelt wurde, stellen diese eine Verbindung zu den Smartphones der Konsumenten her. „Als Teil des Lichtsystems nehmen die Beacons keinen zusätzlichen Platz ein, stören optisch nicht und sind zugleich über die Leuchten stromversorgt“, erklärte Tariq Hussain. Damit sind Licht-Infrastrukturen aus seiner Sicht perfekt positioniert und wie gemacht für die neuen digitalen Optionen.

In enger Zusammenarbeit zwischen ZGS und dem Management-Team von E. Leclerc in Langon wurden aus einer Vielzahl prinzipieller Möglichkeiten zunächst 5 gewünschte Anwendungen definiert.
Use-Case 1: Die Kunden sollen per Push-Benachrichtigung zielgerichtete Angebote auf ihren Handys empfangen, wenn sie sich im jeweiligen Store-Umfeld bewegen und bei Interesse auch zu der jeweiligen Produktkategorie geführt werden.
Use-Case 2: Die Konsumenten sollen über die App in die Lage versetzt werden, fehlende Produkte zu melden.
Use-Case 3: Kunden-Feedback soll auf diesem Weg grundsätzlich möglich sein.
Use-Case4: Durch Indoor-Navigation sollen die Konsumenten auf schnellstem Weg zu ihrem Wunschprodukt finden.
Use-Case 5: die intelligente Einkaufsliste, die die Kunden im Store möglichst effizient „abarbeiten“ können.

Testgruppen

Via E-Mail informierte E. Leclerc Langon drei ausgewählte Testgruppen über die neue App und ihre Funktionen. Die VIP-Kunden zählten ebenso zu diesem Kreis wie die Family-Kunden – zusammen 2.260 Personen – und 437 Mitarbeiter. 1.119 der Angeschriebenen luden daraufhin die App herunter. Letztlich setzten 771 Personen, also immerhin knapp 30 Prozent des Ursprungs-Verteilers, die App aktiv ein, wobei die Zahl der Nutzer während der Pilotphase kontinuierlich stieg.

Die quantitativen Daten wurden ebenso analysiert wie qualitative Befragungen durchgeführt. Die Ergebnisse: „Use-Case 1 verzeichnete klar den höchsten Zuspruch“, so Tariq Hussain. Die Anzeige von Produktempfehlungen und Sonderangeboten auf dem Smartphone – beispielsweise wurde ein Discount auf die Produktgruppe Roséwein angeboten – erhöhten den Umsatz in allen drei Testgruppen deutlich. Die Angebote waren jeweils an die Zielgruppe angepasst worden. Im Januar 2018 – der Januar gilt im Handel als ein „neutraler“ Monat, sodass er sich gut für Vergleiche eignet – stieg der Umsatz der App-User aus der Family-Gruppe bei den beworbenen Produktgruppen um 41 Prozent gegenüber dem Vorjahres-Zeitraum. Bei den Nicht-App-Nutzern entwickelte er sich währenddessen sogar leicht negativ (minus ein Prozent).

Beleuchtungssysteme bilden die ideale Infrastruktur für IoT-Anwendungen.

Tariq Hussain

Head of Strategic Partnership Zumtobel Group

Zugleich war der durchschnittliche Warenkorb der Family-Gruppe um 39 Prozent höher als zuvor. Bei den VIP-Kunden war die positive Wirkung nur ungleich geringer (plus 33 Prozent beim Umsatz, plus 24 Prozent beim Warenkorb). „Die Push-Nachrichten haben mich motiviert, neue Produkte auszuprobieren“ – Aussagen wie diese waren laut Tariq Hussain seitens der Test-Kunden vielfach zu hören. Es gab aberauch Optimierungshinweise wie zum Beispiel: „Für mich waren es ein bisschen zu viele Benachrichtigungen.“ Diese Verbesserungsvorschläge wurden bereits aufgegriffen.

Die Feedback-Funktion der App fand ebenfalls hohen Anklang. Als praktisches Tool wurde zudem die intelligente Einkaufsliste angenommen, wohingegen die reine Navigation wenig Nachfrage erfuhr. Tariq Hussain hat eine Erklärung dafür parat: „80 Prozent der Besucher kennen sich im E. Leclerc-Store aus, weil sie Stammkunden sind. Das Ergebnis bedeutet also nicht, dass das Tool generell für Retail-Anwendungen uninteressant ist.“ Zum Tool „Meldung fehlender Produkte“ seien noch logistische Herausforderungen zu meistern.

Insgesamt zeigte sich Alain Lafforgue mit dem Verlauf des Pilotprojekts sehr zufrieden, sagte Tariq Hussain. Man lerne die Kunden und ihre Wünsche auf Basis der virtuellen Interaktion noch besser kennen. Tariq Hussain seinerseits freut sich, den Nutzen von vernetztem Licht jetzt anhand konkreter Praxis-Zahlen belegen zu können.

Fotos (8): Frank Rümmele

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

stores+shops Special

Kostenloser Download des stores+shops Specials zum Thema "Smart Retail – Digitalisierung im Einzelhandel" unter: https://go.ehi.de/X4OTA

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