Food-Angebote werden sich weiter individualisieren.
Dr. Daniel WerthHerr Dr. Werth, wie würden sie den gegenwärtigen Wertewandel in der Gesellschaft kurz umschreiben und welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf das Ernährungsverhalten der Verbraucher?
Verbraucher switchen nach Lust und Laune: Sie kaufen hier ein, essen dort etwas, googeln zwischendurch und treffen Entscheidungen für das eine oder gegen das andere Angebot und informieren sich über Angebote, die sie spontan interessieren. Gerade beim Einkauf von Lebensmitteln und beim Außer-Haus-Verzehr zeigt sich, wie Nachhaltigkeit, Regionalität und Qualität von Lebensmittelerzeugnissen sowie das zunehmende Gesundheitsbewusstsein die täglichen Kaufentscheidungen von Verbrauchern beeinflussen.
Wie wird sich der Lebensmitteleinzelhandel aufgrund der erkennbaren Veränderungen im Ernährungsverhalten nach Ihrer Einschätzung zukünftig weiterentwickeln?
Wir beobachten im Lebensmitteleinzelhandel eine zunehmende Klassifizierung nach Preissegmenten und Verzehrgewohnheiten. So wird sich in Zukunft ein kleines Premiumsegment für hochpreisige Food-Angebote herausbilden. Jeder, der regional, biologisch und nachhaltig essen möchte, wird aktiv nach Produkten aus diesem Segment suchen. Daneben wird es weiterhin die in Massenproduktion hergestellten Nahrungsmittel geben. Sie werden mit kostengünstigen Preisen den mengenmäßig größten Kundenanteil auf sich vereinen. Zwischen diesen beiden Polen wird in Zukunft ein drittes Segment entstehen mit Lebensmitteln, die aus dem 3D-Drucker hergestellt werden. Mit dieser Technologie lassen sich Rohprodukte individuell nach Kundenwunsch herstellen.
Die Änderungen im Ernährungsverhalten spiegeln sich unter anderem auch in der Zunahme des Außer-Haus-Verzehrs wider. Welche neuen Konzepte in der Gastronomie beobachten Sie derzeit, die diesem Trend erfolgreich Rechnung tragen?
Mit dem Motto „Einfach gutes Essen. Morgens. Mittags. Abends“ lässt sich das Wachstum im Außer-Haus-Verzehr umschreiben. Jeder Gastronom kann heute „frische Ideen“ für den To-go-Bereich entwickeln. Bei der zunehmenden Convenience-Orientierung der Verbraucher gewinnen Konzepte wie Street-Food, Food-Trucks, Coffee- oder vegane Formate an Bedeutung, die den Ansprüchen der Verbraucher an Wirtschaftlichkeit und Qualität von Lebensmitteln gerecht werden.
Mit welchen gastronomischen Konzepten könnte der Lebensmitteleinzelhandel von den aktuellen Trends im Ernährungsverhalten profitieren?
Der Lebensmittelhandel könnte zum Beispiel das Angebot regionaler Produkte mit Trends aus der Street-Food-Szene kombinieren. Generell wird sich auch bei den gastronomischen Angeboten künftig eine Dreiteilung herausbilden: Die Fastfood-Restaurants für das schnelle Essen, ein Premiumsegment mit einem hohen Qualitätsanspruch an Speisen, serviert in einem besonderen räumlichen Ambiente und ein drittes Angebotssegment mit Speisen, angepasst an die individuellen Bedürfnisse der Kunden. Beispiele sind vegane Angebote, „Weltküche“, regionale Angebote, Street-Food und Essen „auf die Hand“.
Können Sie uns ein Beispiel für eine erfolgreiche Umsetzung im Lebensmitteleinzelhandel nennen, die den genannten zukunftsgerichteten Aspekten schon heute Rechnung trägt?
Ein Beispiel sind die Supermärkte der Schmidt’s Märkte GmbH aus Rickenbach. An den Bedienungstheken der Supermärkte erhalten die Kunden fertig gekochte Gerichte, die in der „Schmidt’s Hausküche“ zentral hergestellt und an die zehn Supermärkte ausgeliefert werden. Diese Gerichte für den Sofortverzehr können im Markt aufgewärmt werden oder kalt als To-go-Variante mit nach Hause genommen werden.
Das Interview führte Winfried Lambertz.
Grafiken (2): Verbraucherpanel CRESTonline der npdgroup Deutschland GmbH; Nürnberg
Weitere Informationen: www.handelsgastronomie.de