Im Lebensmitteleinzelhandel war Matthias Schulz schon beruflich unterwegs, bevor er im vergangen Jahr das Unternehmen „go to emma“ gründete. Als Inhaber einer Vertriebsagentur führte er unter anderem Akquisegespräche und Industrie-Durchgänge für die Getränkeindustrie durch. Ein Wochentag im Frühjahr 2016 ist dem Unternehmer besonders in Erinnerung geblieben. Nach erfolgreicher Listung der Produkte eines Hamburger Getränke-Start-ups bei der Edeka Minden Hannover besuchte Schulz mehrere Edeka-Märkte in Berlin. Ziel war wie immer die Aufnahme von Neubestellungen. Doch dann passierte Folgendes: An jenem Tag erhielt er keine einzige Rückmeldung – weder eine Bestellung noch eine Absage. Die relevanten Ansprechpartner in den Supermärkten hatten entweder keine Zeit oder sie wollten gerade keine Entscheidung treffen. So etwas hatte Matthias Schulz in seinen 16 Jahren Vertriebstätigkeit, unter anderem bei Red Bull und Warsteiner, noch nicht erlebt.
Die gleiche Erfahrung machen heute tagtäglich viele Außendienstmitarbeiter und Agenturen, die für den Lebensmitteleinzelhandel tätig sind. Die Markt- und Abteilungsleiter können oder wollen sich keine Zeit nehmen für die Vielzahl von Vertreterbesuchen. In großen Märkten kann sich deren Anzahl auf bis zu 50 Besuche pro Woche summieren. Eine Heerschar von Außendienstmitarbeitern der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie ist täglich auf deutschen Straßen unterwegs. Matthias Schulz: „Es war einfach an der Zeit, die Einkaufs- und Vertriebsprozesse mit Hilfe einer digitalen Logik zu vereinfachen.“
Going live im März 2017
Die Idee für ein Geschäftsmodell war also geboren. Mit Tobyas Faroß und Matthias Heußner fand der Initiator zwei Mitstreiter, die bereit waren, das Wagnis einer Firmengründung mit zu tragen. Im März 2017 ging die Software-Lösung „emma“ live. Seit dem Start haben sich laut Schulz über 140 Hersteller mit knapp 1.200 Produkten bei der Plattform angemeldet. Sie versprechen sich reduzierte Vertriebskosten und eine erhöhte Reichweite. Auch große Nahrungsmittelunternehmen wie Kellogg´s Deutschland haben schon erfolgreich den Einsatz von „emma“ getestet, berichtet Schulz: „Der Vorteil für die Hersteller liegt auf der Hand: Jede digitale Rückmeldung kann einen persönlichen Besuch ersetzen oder sinnvoll ergänzen. Die Rückmeldungen werden zudem in Echtzeit ausgewertet, so dass eine bessere Vertriebssteuerung ermöglicht wird.“
Mit der Resonanz aus dem Lebensmitteleinzelhandel ist der Start-up-Unternehmer ebenfalls sehr zufrieden. Innerhalb der ersten 5 Monate hätten sich über 350 Lebensmittelmärkte der Bestellplattform angeschlossen. Zu den Kunden zählen insbesondere selbständige Lebensmitteleinzelhändler mit mehreren Betrieben wie die Edeka-Händler Bergmann und Süllau oder der Rewe-Händler Freidank. Hendrik Süllau: „Tool und Gründer haben uns überzeugt. Mit emma können wir unsere internen Einkaufsprozesse optimieren. Unsere Einkäufer erhalten attraktive Anfragen von Produktlistungen, mit denen wir unser Sortiment optimieren können. Unsere Marktleiter haben wieder mehr Zeit für andere Tätigkeiten.“ Die Filialunternehmer binden ihre Marktleiter direkt in den Dispositionsprozess ein. Diese geben die für ihre Märkte relevanten Produkte für den digitalen Besuch frei.
Prozesse im Einkauf und Vertrieb mit einer digitalen Plattform vereinfachen.
Matthias SchulzZum Kundenkreis von „go to emma“ gehören mittlerweile auch die ersten Großhändler. Sie können bei Nutzung der Software direkt von neuen Produkten und Aktionen erfahren. „Mit der Integration von Großhändlern in Kombination mit den Strukturen der Mehrbetriebsunternehmer wird die Abbildung des wahren Handelslebens weiter vervollständigt“, sagt Matthias Heußner. Ziel sei es, dass zukünftig ein Lebensmittelmarkt alle Anfragen von Direktlieferanten, Zweitlieferanten, regionalen Landwirtschaftsbetrieben oder Industriebesuche auf einem Dashboard erhält.
Die einfache Bedienbarkeit und die Verfügbarkeit aller relevanten Produktinformationen für die Einkäufer haben auch die ersten Regiemärkte der großen Lebensmittelfilialisten vom Nutzen der Software überzeugt, ergänzt Tobyas Faroß. Für die Zukunft sieht Matthias Schulz viel Potenzial. „Von der Agentur- und Vertriebssteuerung, dem Bestell- und Bestandskundenmanagement, über die direkte Kommunikation zwischen Hersteller und Handel bis zur Vereinfachung des Datenaustausches: Überall lassen sich Prozesse digitalisieren. Wir haben eine Reihe von Weiterentwicklungen in der Roadmap und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit dem Lebensmitteleinzelhandel.“
Fotos (2): go to emma GmbH
Weitere Informationen: redaktion@ehi.org