Maßgeschneiderte Audio-Konzepte haben zum einen den Zweck, das Selbstverständnis einer Marke widerzuspiegeln. Zum anderen sollen sie die Zielgruppe der Marke ansprechen, sie in Konsumstimmung versetzen und zum Kauf animieren. Idealerweise motivieren Klangkulissen darüber hinaus auch die Mitarbeiter eines Stores, deren positives Auftreten das Shoppingerlebnis eines Konsumenten nachhaltig beeinflussen kann. Händler versprechen sich von individuellen Klangkulissen infolgedessen gesteigerte Umsätze und eine höhere Anziehungskraft als Marke.
Ob mit Gema-pflichtiger oder Gema-freier Musik – für die Kreation eines individuellen musikalischen Profils entwickeln Anbieter von Instore-Musik mit ihren Handelskunden die Markenwerte und die Persönlichkeitsprofile der Zielgruppe, die in musikalische „Eigenschaften“ übersetzt werden. Diese wiederum werden Songs zugeordnet.
Musikredakteure
Anbieter von Instore-Musik erstellen daraufhin verschiedene Playlists und können diese individuell um Werbespots, Soundlogos und Sprachnachrichten ergänzen. Radio Point of Sale (Radio POS), Anbieter von Instore-Musik, setzt bei der Erstellung der Playlists auf die Expertise von Musikredakteuren, damit ein homogener Sound entsteht. „Die Musikauswahl hängt immer von der Umgebung ab. In einem Supermarkt hört der Kunde eine andere Hintergrundmusik als in einem Rap-Mode-Label. Das Song-Tempo soll dabei weder beruhigend oder langweilig noch aufputschend wirken. Wir wollen erreichen, dass der Kunde sich wohlfühlt und sich möglichst lange im Geschäft aufhält“, sagt Finn-Ole Martins von Radio POS. Über die Anzahl der in den täglich wechselnden Playlists enthaltenen Songs entscheiden die Händler individuell. „Das musikalische Repertoire einer Marke wie Hugo Boss umfasst rund 5.000 Songs, die monatlich via Update um etwa 100 neue Songs ergänzt werden“, so Robin Hofmann, Creative Director und Managing Partner bei Hear Dis, einer Full-Service-Agentur für Corporate Sound.
Zentrale Steuerung
Aktueller Wunsch vieler Händler, so berichten verschiedene Entwickler von Instore-Musik, ist eine einheitliche Lösung für verschiedene Standorte, die zentral gesteuert wird. Auf diese Weise sollen Storemanager entlastet werden, und es soll vermieden werden, dass das Personal eines Stores in die Musikauswahl eingreift. Darüber hinaus bietet die zentrale Steuerung von Instore-Audio Gelegenheit, eineinheitliches Klangbild an allen Standorten zu erzeugen. Eine hohe Relevanz für die zukünftige Beschallung von Ladengeschäften sehen Dienstleister von Audiolösungen in der Echtzeitübertragung von Playlisten. Dies würde dem Handel ermöglichen, schneller auf unvorhersehbare Einflüsse wie das wechselnde Wetter reagieren zu können.
Technisch betrachtet „stehen Soundsysteme vor dem Wandel von analog auf digital und IP-basiert, wodurch für den Einzelhandel neue Möglichkeiten entstehen“, sagt Ralph Siegfried, Business Development Manager bei Axis Communications. Das Technologie-Unternehmen hat mit einer Netzwerk-Lautsprecherbox und einem Netzwerk-Deckenlautsprecher ein IP-basiertes komplettes Audiosystem auf den Markt gebracht, das für den sofortigen Einsatz vorkonfiguriert ist. Ermöglicht das Netzwerk „Power over Ethernet“, dann laufen Stromversorgung und Datenübertragung über ein einziges Netzwerkkabel.
IP-basierte Soundsysteme ermöglichen das Streaming von Instore-Musik an mehreren Einzelstandorten. Ansagen im Geschäft können sowohl live erfolgen als auch aufgezeichnet und zu einem späteren Zeitpunkt abgespielt werden. Mehrere Lautsprecher können zu einem variablen System zusammengestellt werden, sodass Händler die Möglichkeit haben, die Geräte separat oder zeitgleich anzusteuern. Diese Einrichtung von Sound-Zonen am POS erlaubt es, ausgewählte Lautsprecher mit unterschiedlicher Hintergrundmusik, Live-Ansagen oder Aufzeichnungen anzusteuern. Eine Pilotinstallation führte Axis Communications bei den Pariser Galeries Lafayette durch.
Grafik: Grafik: iStockphoto/proksima
Weitere Informationen: redaktion@ehi.org
Den Marken-Sound auch zu Hause hören
Die Fullservice-Agentur für Corporate Sound Hear Dis übernimmt für Händler die Konzeption, Planung und Durchführung akustischer Markenkommunikation. stores+shops sprach auf der EuroShop 2017 mit Robin Hofmann, Creative Director und Managing Partner.
Auf die CI eines Unternehmens abgestimmte Beschallung der Standorte war auch vor drei Jahren ein Thema auf der EuroShop. Was hat sich seitdem getan?
Wir spüren bei Händlern ein steigendes Bewusstsein für Instore-Beschallung. Vor drei Jahren war das Thema nur wenigen Entscheidern präsent. Heute müssen sich die Händler unserer Beobachtung nach noch stärker voneinander abgrenzen und noch mehr Erlebnis bieten. Man spricht immer häufiger von „Experience per square meter“.
Was ist aktuell wichtig bei maßgeschneiderten auditiven Konzepten?
Die Musikauswahl soll noch individueller und noch passgenauer auf die Marke und ihre Kunden abgestimmt werden. Außerdem merken wir eine Veränderung auf technischer Seite. Immer mehr unserer Kunden suchen nach Möglichkeiten, Musik über Online-Streams zu empfangen oder sogar an ihre Kunden weiterzugeben. Das ist ein Trend, dem wir mit eigenen Softwareentwicklungen gerecht werden wollen.
Die Modemarke Mango ermöglicht es ihren Kunden in Spanien, via Shazam-App mobil auf Playlisten zuzugreifen und ihre Musikwünsche für den Store auszuwählen. Welche Wünsche haben Ihre Handelskunden?
Unsere Kunden haben solche Anforderungen bisher nicht an uns gestellt. Da eine Marke im Grunde weiß, wie sie nach außen wirken möchte, stellt sich die Frage, inwieweit sie ihre Identität an äußere Einflüsse anpassen möchte. Überlässt man die Musikauswahl komplett seiner Zielgruppe, laufen Händler Gefahr, den Klang ihrer Marke zu verwässern. Unserer Meinung nach sollen Marken inspirieren. Manche unserer Handelskunden planen, Konsumenten in Zukunft die Möglichkeit zu bieten, den Sound der Marke auch zu Hause oder am Arbeitsplatz zu hören, um ihre Zielgruppe auch jenseits des POS zu erreichen.