„Retail Technology“ ist eine von insgesamt sieben „Erlebnisdimensionen“ im neuen Konzept der weltweit größten Fachmesse für den Investitionsgüterbedarf des Handels. Der deutlich erweiterte Rahmen der EuroShop mit einer Nettoausstellungsfläche von insgesamt 126.000 qm bedeutet einen willkommenen Mehrwert für die primär an der Handels-IT interessierten Fachbesucher. Sie werden gerne die Gelegenheit nutzen, einmal über den eigenen Bereich hinauszublicken und bei einem Messerundgang noch weitere Inspirationen aufzunehmen. Vom neuen Messekonzept werden aber auch die rund 580 Aussteller im Bereich „Retail Technology“ profitieren: Aufgrund der Tatsache, dass die realen und virtuellen Welten immer mehr zusammenwachsen, werden sich viele Ladenplaner, Visual Merchandiser und Marketingspezialisten für die Exponate der Technologie-Anbieter interessieren. Die Besucher des Ausstellungsbereichs „Retail Technology“ erwartet eine Leistungsschau aller wichtigen Neuentwicklungen bestehender Technologien, und sie zeigt, wohin der technologische Trend im Einzelhandel geht und welche Technologien für die Zukunft des Handels möglich und erforderlich sind.
Beispiele sind mobile Technologien, Technologien für die Omnichannel-Vernetzung der Kanäle, die Kundenansprache über digitale Medien und natürlich Hard- und Software für die Kernprozesse der IT rund um den Checkout. Freuen Sie sich auf spannende Messetage in inspirierender Atmosphäre und mit reichhaltigem Rahmenprogramm. Im Folgenden geben wir einen Überblick über wichtige Themenbereiche.
POS-Hardware und Software
Bei Kassenrechnern und Peripherie warten die EuroShop-Aussteller mit sinnvollen Weiterentwicklungen auf. NFC-fähige Kartenleser sind Standard, bei den Scannern ist die Transformation hin zur Imager-Technologie im Gange. In die Kassenterminals selbst wird je nach Lifecycle der Modelle die neueste Generation von Intel-Prozessoren eingebaut – mit Skylake- und bald auch mit Kabylake-Mikroarchitektur. Zusammen mit modernen USB-Schnittstellen nach Standard 3.1 bringt dies noch mehr System-Leistungskraft und ein noch höheres Tempo der Datenübertragung – vor allem dann relevant, wenn die Kasse als Filialserver dient oder wenn von Omnichannel-Funktionen bis hin zur Multimedia-Kundenkommunikation viele Aufgaben zu bewältigen sind. Ansonsten geht es um Feinheiten, etwa beim Gerätevolumen, beim Energieverbrauch oder bei der Staubresistenz. Auf ein modernes Design der Geräte wird seitens der Händler inzwischen großer Wert gelegt, speziell in den Fashion-Branchen. Dort ist auch steigendes Interesse an hybriden Tablet-Systemen zu beobachten, die stationär wie mobil zum Einsatz kommen können.
Der eigentliche Investitionstreiber ist die Kassensoftware. Laut EHI -Research wollen knapp die Hälfte der großen Handelsunternehmen innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre neue POS -Anwendungen installieren, ein weiteres Drittel plant umfangreiche Updates der bestehenden Software. Optionen offenhalten, Zukunftsfähigkeit sicherstellen – darum geht es den Händlern mit Blick auf künftig erforderliche Kundenservices am POS, sei es der An- oder Ausbau von Loyality- und Promotionfunktionen, die Einführung von mobilen Beratungs- und Payment-Diensten oder die Bereitstellung kanalübergreifender Services wie Click & Collect, Online-Verfügbarkeitschecks, Online-Bestellungen oder Zugriff auf die Bestände anderer Filialen. Die IT-Dienstleister haben ihre Software-Lösungen entsprechend aufgerüstet, Live-Demonstrationen solcher Anwendungen stehen im Fokus der EuroShop-Präsentationen.
Self-Scanning/Self-Checkouts
Unter den Begriff Self-Checkout (SCO ) fallen Systeme, bei denen der Checkout-Prozess ganz oder teilweise dem Kunden überlassen wird. Self-Checkout-Systeme ermöglichen es den Kunden, ihre Waren selbst einzuscannen und auch eigenständig zu bezahlen. Diese Systeme sind mittlerweile in verschiedenen Varianten und Kombinationen für den Händler erhältlich und vielfach erprobt.
Grundsätzlich werden zwei Systeme nach ihrem Funktionsprinzip unterschieden: der stationäre Self-Checkout und das mobile Self-Scanning. Im praktischen Einsatz sind beide Systeme jedoch mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Detaillösungen ausgestattet. Beim stationären Self-Checkout scannt der Kunde am Ende des Einkaufs jedes einzelne Produkt selbst ein und verpackt es in bereitgestellte Tüten oder mitgebrachte Taschen. Danach bezahlt er seinen Einkauf bar oder per Karte an einem Automaten. Beim mobilen Self-Scanning erhält der Kunde bereits am Eingang des Geschäfts ein mobiles Erfassungsgerät und scannt die Artikel während des Einkaufs damit selbst ein. Am Ende des Einkaufs werden die Daten in das Kassensystem übernommen, und der Kunde zahlt in der Regel ebenfalls an einem Automaten.
Obwohl die genutzten Systeme mittlerweile Marktreife erreicht haben, gibt es im deutschen Einzelhandel bisher nur relativ wenig SCO-Angebote. Derzeit findet man bundesweit gut 300 Geschäfte, die mit stationären Self-Checkout-Kassen ausgestattet sind. Rund 25 Geschäfte bieten ihren Kunden mobiles Self-Scanning an.
Im Rahmen der EuroShop wird die SCO-Initiative tägliche Führungen für Händler zu den Anbietern von Self-Checkout und Self-Scanning-Systemen anbieten. (Anmeldung für Händler unter www.self-checkout-initiative.de/termine) Händler erhalten dabei die Möglichkeit, den stationären Self-Checkout und das mobile Self-Scanning selbst auszuprobieren und offene Fragen mit Experten direkt vor Ort zu erörtern.
Wägetechnik
Omnichannel-Strategien und Trends wie Cloud Computing werden dafür sorgen, dass die digitale Transformation in den kommenden Jahren auf der Agenda des LEH bleibt. Parallel dazu zeichnet sich auch bei den Waagen und ihrer Software ein Philosophie-Wechsel ab. Julia Krügers, Marketingleiterin bei Mettler Toledo: „Der Trend geht weg von mächtigen Standard-Softwarepaketen und hin zu Apps und Web-Services, die ein gezieltes Customizing der Wägelösung und ihre Einbettung in Handel-4.0-Strategien erlauben.“ Andreas Wegeleben, Unternehmenssprecher von Bizerba, bestätigt diesen Trend: „Wir befinden uns inmitten einer digitalen Revolution, in der es um mehr geht als die Transformation vom stationären zum digitalen Handel.“ Die digitalen Waagen übernehmen zunehmend Aufgaben über das eigentliche Wiegen hinaus. Sie bieten Verkaufsunterstützung, beraten bei Rezepten und Inhaltsstoffen, setzen Warteschlangenlösungen ein und nehmen sogar Online-Bestellungen entgegen. Wegeleben: „Vom Infoterminal mit oder ohne Drucker über die reine Kassenfunktion bis zur kompletten Waage ist heute nahezu jede Kombination realisierbar.“
Auch das Inszenieren des Einkaufserlebnisses im Lebensmittelhandel bringt neue Anforderungen an die Waagen mit sich. „Die Ansprüche an das Design der Geräte steigen“, sagt Julia Krügers. Die Variabilität bezüglich der Einbettung der Geräte in die Thekengestaltung wird immer wichtiger. Hinzu kommt, dass modular konzipierte Touchscreen-Waagen individuelle Funktionen schneller bereitstellen können, weil die Software schlanker und maßgeschneiderter ist. Bizerba wird auf der EuroShop das Thema „Digital Slicing“ vorstellen: Die Waage ist in die Schneidemaschine integriert und erweitert damit einen mechanischen Prozess um eine digitale Komponente. Ein weiterer Punkt sind individuell konfigurierbare Service-Pakete. Kunden können sich aus den Bizerba-Standardangeboten ihr eigenes Portfolio aus Verfügbarkeit, Nutzungsvarianten, Kalibrierung, Full-Service und Lifecycle-Management frei zusammenstellen.
Digitale Instore-Kommunikation
Digitale Komponenten verbreiten sich immer mehr in den Geschäften. Verkaufsmitarbeiter mit Tablets, Monitore in der Umkleidekabine, elektronische Preisauszeichnung an den Regalen oder interaktive Wegeleitsysteme sind keine Seltenheit mehr, das bestätigte auch der „EHI-Laden-Monitor 2017“. Die Haltung in Einzelhandelsunternehmen ist grundsätzlich „pro digital“, doch mittlerweile sind auch die vielfältigen Herausforderungen bekannt. „In den vergangenen Jahren wurden mitunter technische Gimmicks vorgestellt, die sich letztlich nicht rechneten und vom Endverbraucher auch nicht angenommen wurden“, so Angela Kreutz, Head of Communication beim Stuttgarter Architektur- und Designbüro Blocher Partners. Mit Blick auf die EuroShop prognostiziert sie: „Wir erwarten digitale Lösungen, die vielleicht nicht so schillernd sind, dafür aber effizient, und die den POS im Sinne des Omnichannel-Gedankens nahtlos mit der digitalen Welt verknüpfen.“ Denn mittlerweile ist klar, dass die digitale Dimension nicht als Add-on betrachtet wird, sondern bei allen Planungen als integraler Bestandteil der jeweiligen Retail-Strategie gesehen wird. Das Gesamtkonzept aus Mobiliar, Hardware, Software und Content muss stimmen.
Die Euroshop, auf der Spezialisten aller relevanten Disziplinen zusammenkommen, bietet dafür einen idealen Treffpunkt. Als wichtiges Messe-Thema erwartet Jürgen Berens von Rautenfeld, Vorstandsvorsitzender von Online Software, „personalisierte Angebote und Location-based-Services, die perfekt auf den jeweiligen Konsumenten zugeschnitten sind.“ Er fügt hinzu: „Massiv an Bedeutung gewinnt überdies der Zugriff auf detaillierte Produktinformationen wie Herkunft, Herstellung und Zusammensetzung. Diese sollten sowohl für das Verkaufspersonal als auch für wissbegierige Kunden jederzeit abrufbar sein – ob über mobile Endgeräte, Stelen, Kassen- und Waagenbildschirme oder digitale Regale.“ Ein bisschen schillernd wird es in puncto digitaler Instore-Medien aber sicher auch zugehen, nicht zuletzt dank der Virtual-Reality-Brillen. Die virtuelle Realität eröffnet zum Beispiel neue Möglichkeiten für die Wareninszenierung.
Elektronische Preisauszeichnung
Die elektronische Regalpreisauszeichnung (ESL) hat sich vom funktionalen Tool der Preis- und Produktanzeige zu einem strategischen Instrument für den Einzelhandel weiterentwickelt. Aufgrund der Wettbewerbssituation und der Notwendigkeit der Synchronisierung mit dem E-Commerce bilden Preisänderungen in Echtzeit heute einen großen Vorteil für den stationären Handel. Hinzu kommt, dass die manuelle Preisauszeichnung für den Handel sehr aufwändig ist. ESL verkürzt den Vorgang auf wenige Minuten.
Große Filialunternehmen aus der Lebensmittelhandelsbranche wie die Rewe Gruppe oder aus der Unterhaltungselektronik wie die Media Markt-Saturn Gruppe haben die ESL-Technologie in jüngster Vergangenheit flächendeckend ausgerollt. Die Funktechnologie zur Übertragung der ESL Datenmacht wegen ihrer relativ geringen Installations kosten die Anwendung von ESL mittlerweile auch für kleinere Märkte interessant. Die Kombination von ESL und Smartphone erlaubt es dem Handel, den POS noch enger mit den Kunden zu vernetzen.
Mit einer vom Technologie-Anbieter Pricer entwickelten Software-App kann sich der Kunde beispielsweise schon zu Hause Einkaufslisten auf seinem Smartphone erstellen. Im Markt zeigt ihm das Smartphone-Display auf einem Layoutschema an, wo er die Produkte seiner Einkaufsliste im Markt findet.
Wenn die Kunden ihr Smartphone an das Preisschild halten, können sie Informationen über das Produkt abrufen wie zum Beispiel Bilder, Inhaltsstoffe und andere Produktdaten. Aber auch dem Marktpersonal eröffnen die per Funk- oder Infrarot-Technologie gesteuerten Etiketten neue Möglichkeiten. Beispiele sind die Anzeige von Bestandsdaten in Echtzeit und die Anzeige von Sonderpreisen oder von Preisen der Mitbewerber.
Auch große Ladenbauunternehmen wie die Umdasch Shopfitting Group werden sich des Themas „Electronic Shelf Labeling“ auf der EuroShop 2017 annehmen. Auf ihrem Ausstellungsstandzeigen die Österreicher mit „ESL.inclusive by Umdasch“ Beispiele für die nahtlose Integration von elektronischen Preisetiketten in Regalsysteme.
Fotos (3): Messe Düsseldorf/EuroShop; Shutterstock.com (1), Bizerba (1), Umdasch Shopfitting (1)
Weitere Informationen: redaktion@ehi.org