Je spektakulärer, desto besser | stores+shops

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Die Herrenmodemarke Digel tourt derzeit mit einem Barber-Shop durch den Handel (Foto: Digel)

Je spektakulärer, desto besser

Pop-up-Stores sind seit Langem ein Thema. Aktuell entscheiden sich immer mehr (Mode-)Einzelhändler für variable Pop-up-Flächen innerhalb ihrer Häuser. In Eigenregie oder in Kooperation mit Partnern bespielen sie diese in kurzfristigen Rhythmen neu.

Durchschnittlich 39-mal im Jahr lassen sich Damenmode-Kundinnen beim Mindener Platzhirsch Hagemeyer sehen. „Da müssen wir einfach Abwechslung bieten“, ist Hans-Peter Vankerkom bewusst, der die Geschäftsleitung Einkauf/Verkauf innehat. Vielleicht ist es auch andersherum: Weil es Hagemeyer gelingt, immer wiederzu überraschen und zu inspirieren, ist der Zulauf rege. Besonderes mit zeitlicher Begrenzung ist es anscheinend möglich, Begehrlichkeiten zu wecken.

Auffallend, emotional, variabel

Im Grunde genommen sind Pop-up-Flächen ein modernerer Begriff für das, was es unter der Bezeichnung Aktions- und Themenflächen seit Langem gibt. Doch die Präsentationsform erfährt aktuell eine zeitgemäße Weiterentwicklung und erreicht eine neue Dimension. Das Modehaus Zinser mit 7 Filialen in Baden-Württemberg hat gerade seinen Stammsitz in Tübingen umgebaut. „Pop-up-Flächen sind ein zentraler Konzept-Bestandteil geworden“, berichtet Christian Klemp, Mitglied der Geschäftsführung. Auf einer Bruttofläche von jeweils 60 qm sind diese in die Hauptfluchtachsen der 4 Etagen integriert. Matthias Kraiss, Geschäftsführer des Retaildesign-Büros Invention, Bad Urach, zeichnet mit seinem Team für die Planung verantwortlich. Er ist überzeugt, dass Pop-up-Flächen „generell an zentralen Punkten und Wegen richtig positioniert sind. Dabei kommt es auf eine ausgewogene proportionale Integration in die Laufwege an. Die Flächen sollten auffallend, emotional und flexibel gestaltet sein.“

Im Modehaus Zinser sind Pop-up- Flächen mit eigenem Mobiliar in die Hauptachsen integriert (Foto: Zinser)

Im Modehaus Zinser sind Pop-up- Flächen mit eigenem Mobiliar in die Hauptachsen integriert (Foto: Zinser)

Für das Modehaus Zinser wurden spezielle Warenträger entwickelt, darunter Podeste und Cubes in unterschiedlichen Höhen, die sowohl hängende als auch liegende Präsentation ermöglichen und durch Figuren ergänzt werden. Teilweise werden Trendthemen inszeniert wie zum Beispiel in dieser Saison Blousons. „Auf diese Weise werden diese pointierter herausgestellt und viel intensiver wahrgenommen“, so Christian Klemp. „Unsere Pop-up-Zonen sind richtig gute Verkaufsflächen.“

Neben der Bespielung in Eigenregie kooperiert Zinser mit seinen Lieferanten. Kürzlich wurde das eigene Mobiliar zugunsten des Pop-up-Shops der Herrenmodemarke Roy Robson beiseite geräumt. Dieser stellte Key-Looks der Saison in Catwalk-Form dar, begleitet von großen, aufmerksamkeitsstarken Bewegtbild-Screens. Vorausschauend wurden bei Zinser alle Pop-up-Flächen mit Strom und Datenleitung ausgestattet.Alle 3-4 Wochen findet der nächste inhaltliche Wechsel statt. „Zum einen muss sich der Aufwand für die Lieferanten lohnen, zum anderen das Ganze für uns selbst handhabbar bleiben“, so der Geschäftsführer, der die Flächen mittels Werbeplan steuert.

Wenn das Modehaus Garhammer seine „Holzkäfige“ aufstellt, ist klar: Hier passiert etwas Besonderes (Foto: Garhammer)

Wenn das Modehaus Garhammer seine „Holzkäfige“ aufstellt, ist klar: Hier passiert etwas Besonderes (Foto: Garhammer)

Ähnlich sieht es beim Modehaus Garhammer in Waldkirchen aus, wo in der DOB und Haka Pop-up-Flächen zwischen 5 und 15 qm zur Verfügung stehen und teilweise temporär an Markenpartner vermietet werden. „Dabei ist uns wichtig, dass wir die Hoheit über die Flächen behalten. Teilweise akzeptieren wir zum Beispiel nicht das vollständige Konzept, wenn dieses nicht zu unserer Einrichtung passt“, erklärt Geschäftsführer Johannes Huber. Garhammer kennzeichnet die Areale grundsätzlich mit einem „Holzkäfig“, der als Flächenbegrenzung,vor allem aber Wiedererkennungssymbol fungiert. „Wenn sie dieses Gestaltungselement sehen,wissen unsere Kunden sofort: Hier gibt es wieder etwas Besonderes“, so Huber.

Bei Hagemeyer sind Pop-up-Präsentationen in noch größerem Stil an der Tagesordnung. Alle 14 Tage laden 19 dieser Flächen, zwischen 5 und 40 qm groß, zur neuerlichen Erkundung ein. Mehrheitlich sind sie Teil der Erschließungswege, nicht der Abteilungen: Sie befinden sich im Eingangsbereich, an den Rolltreppen sowie am Lichthof. Auch Hagemeyer hat einen Aktionsplan für die Flächen, um die sich die Abteilungen mit eigenen Themen sowie die Industriepartner bewerben können. Für eigene Gestaltungen stehen den Hagemeyer-Merchandisern ein Möbel-Pool und ein separates Budget zur Verfügung. Alle Möbel wurden inklusive Fassungsvermögen exakt vermessen und fotografiert. Mittels Google-Sketchup werden im Vorfeld 3-D-Animationen der Flächen erstellt und ihre Gestaltung minutiös geplant.

Hohe Ansprüche

Die Miete für Lieferanten richtet sich bei Hagemeyer nach der Lage. Einen Mangel an Bewerbungen gibt es nicht, so Vankerkom, der hohe Ansprüche stellt. „Unsere Partner müssen ein perfektes Paket liefern, sonst inszenieren wir die Flächen selbst. Eine echte Botschaft gehört dazu, schließlich soll nicht die Frequenz abgeschöpft werden, die ohnehin da ist, sondern neue generiert werden. Je spektakulärer das Pop-up-Konzept, desto besser.“ Die Luftfahrt-affine Marke PME Legend zum Beispiel brachte kürzlich einen Flugzeugmotor mit.

Auch was die Sortimente angeht, geht der Blick immer öfter „über den Tellerrand hinaus“. Bei Engelhorn in Mannheim bot ein bekannter Bäcker aus der Region auf einem Sonder-Areal Brot an, auch einen indisch-orientalischen Einrichtungsmarkt gab es bereits. Breuninger in Stuttgart wartete mit einem Pop-up-Shop des Werkzeug-Herstellers Würth auf. Die Herrenmodemarke Digel macht mit einem Barber-Shop bei seinen Handelspartnern Station. Auf den nostalgisch gestalteten Flächen macht der Barbier Tim klassische Hot-Towel-Nassrasuren und trimmt die modisch derzeit angesagten Bärte.

Für kaum beherrschbaren Andrang sorgte kürzlich CG – Club of Gents, ebenfalls eine Herrenmodemarke. Sie ging mit dem Tätowierer Bronko Steel auf Tour und bot kostenlose Tattoos an. Bei Breuninger in Nürnberg bildete sich schon viereinhalb Stunden vor Geschäftsöffnung am Haupteingang eine Traube von Menschen. „Manchmal braucht es mehr Mut als große Investitionen“, stellt Jürgen Putzer, Marketingleiter von CG – Club of Gents fest, der weiter auf progressive Pop-up- und Event-Ideen setzen will.

Fotos (3): Digel, Zinser, Garhammer

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

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