In Deutschland wird Bargeld zwar weiterhin eine große Relevanz besitzen, doch das Bezahlen wird auch hierzulande einfacher, schneller und vielfältiger werden. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Mobile in Retail 2016“, in der das EHI im fünften Jahr im Auftrag von GS1 Germany den Status quo des Mobile Commerce in Deutschland ermittelt hat. Ein Schwerpunkt der diesjährigen Studie lag in der Betrachtung von Zahlungsmittelentgelten, Kleinbetragszahlungen und der Zukunft des Bargeldes als Einflussfaktoren für digitales Bezahlen. Neben dem Themenkomplex Payment wurden außerdem auch wieder die mobilen Anwendungsgebiete Media/Advertising, Couponing und Beacons berücksichtigt. Insgesamt bezogen 127 Experten aus den Bereichen Händler (HL), Hersteller (HST), Mobilfunknetzbetreiber (MNO), Zahlungsnetzbetreiber (ZNB), Wallet-Anbieter (WA), Banken (BK), Deutsche Kreditwirtschaft (DK) und Kreditkartenorganisationen (KKO) Stellung.
Während in der Vergangenheit viel über geeignete Zahlungsmittel, Übertragungstechnologien und Anwendungsfelder für Mobile Payment diskutiert wurde, kristallisieren sich mittlerweile klare Tendenzen heraus: NFC gilt inzwischen unter den Studienteilnehmern einstimmig als die am besten geeignete Übertragungstechnologie und digitale Karten als die erfolgversprechendsten Zahlungsmittel in einer digitalen Wallet. Auch ist man sich weitestgehend einig, dass sich das Bezahlen mit dem Smartphone insbesondere für kleinere und mittlere Beträge bis 25 Euro anbietet.
Gebühren bremsen
Derzeit hapert es im Handel allerdings noch an der Kartenakzeptanz für Kleinbetragszahlungen. Zwar wurden laut der EHI-Studie „Kartengestützte Zahlungssysteme im Einzelhandel 2016“ 44,5 Prozent der Umsätze des deutschen Einzelhandels 2015 über Karten abgewickelt, zumeist handelte es sich dabei jedoch um höhere Zahlungsbeträge. Neben den Zahlungsgewohnheiten der Kunden ist dies u.a. darauf zurückzuführen, dass viele Einzelhändler Kartenzahlungen erst ab einer bestimmten Bonhöhe akzeptieren und Geschäfte mit niedrigen Durchschnittsbons wie zum Beispiel Bäckereien Kartenzahlungen überhaupt nicht akzeptieren.
Mit der Deckelung der Interbanken-Entgelte für Debit- und Kreditkartentransaktionen auf 0,2 respektive 0,3 Prozent hat der Markt jedoch an Dynamik gewonnen. Bei Girocard-Transaktionen unter fünf Euro beispielsweise fallen durch die Deckelung nun Interchange-Gebühren von unter einem Cent an. Entsprechend bescheinigen 92 Prozent der befragten Händler, dass sich die Interchange-Regulierung sowohl im Girocard- als auch im Kreditkartenumfeld positiv auf ihre Kostensituation ausgewirkt hat. Dass sich die Girocard dennoch bisher nicht für Kleinbetragszahlungen durchgesetzt hat, ist den Experten zufolge vor allem auf die Kosten der technischen Infrastruktur (44 %) und die Abwicklungskosten des Zahlungsnetzbetreibers (42 %) zurückzuführen. Ähnliches gilt für die Abwicklung von Kleinbetragstransaktionen über internationale Kartenorganisationen. Hier sehen 71 Prozent der Händler die Abwicklungskosten des Acquires als größtes Hemmnis. 47 Prozent geben an, die Interchange-Gebühren seien weiterhin zu hoch.
Bargeld bleibt relevant
Das größte Potenzial dafür, dass künftig auch Kleinbetragszahlungen auf Einzeltransaktionsebene zu einem für Händler akzeptablen Gesamtpreis abgewickelt werden können, sehen 63 Prozent aller Befragten bei der Girocard (63 %). Es folgen Debitverfahren (41 %), Kreditkartenverfahren (37 %), ELV (28 %) und Payback Pay (19 %). Im Rahmen einer Mischkalkulation sehen 58 Prozent der Befragten dagegen Kreditkartenverfahren vorn. Und auch Paypal können sich 21 Prozent der Experten bei einer solchen Kalkulation an Handelskassen vorstellen. Der im Onlinehandel etablierte Zahlungsdienst platziert sich damit auf Rang 5. Als primären Vorteil der bargeldlosen Zahlung von Kleinbeträgen erachten 89 Prozent der Studienteilnehmer die Möglichkeit, die Kosten der Bargeld-Ver- und -Ent-sorgung zu reduzieren. Aber auch die Beschleunigung von Zahlungsvorgängen (82 %) und eine erhöhte Sicherheit zum Beispiel bei Überfällen (73 %) werden als vorteilhafte Aspekte genannt.
Wer nun erwartet, dass an Handelskassen langfristig nur noch bargeldlos bezahlt werden kann, liegt jedoch falsch. Auch im Falle einer verbesserten Kostenstruktur erwartet die Mehrheit der Studienteilnehmer, dass sich Kartenzahlungen für Kleinbetragszahlungen nur mittel- bis langfristig durchsetzen werden. Zu bedeutend ist und bleibt in Deutschland die Relevanz von Bargeld. 94 Prozent der Händler, 83 Prozent der Banken-Vertreter und 67 Prozent der Experten auf Seiten der Zahlungsnetzbetreiber sprechen sich gegen eine Abschaffung von Bargeld aus. Und auch die Kreditkartenorganisationen und die Vertreter der deutschen Kreditwirtschaft sind sich einig: Auch wenn auf digitale Bezahlverfahren gesetzt wird, sollte Bargeld beibehalten werden. Einzig auf Seiten der Wallet-Anbieter kann man sich zum Teil vorstellen, auf Bargeld zu verzichten. Die meisten Befragten sehen Bargeld jedoch künftig eher in einer Nebenrolle – für den Einsatz bei Händlern, die keine Kartenzahlung akzeptieren (61 %) oder als Backup, falls andere Zahlungsmittel nicht funktionieren (58 %). Aber auch für Person-to-Person-Zahlungen (37 %) oder für die Zahlung von Kleinbeträgen sehen die Experten weiterhin eine Relevanz von Bargeld.
Fotos (1): GS1 Germany
Grafiken (2): EHI / GS1 Germany
Weitere Informationen: frigge@ehi.org
Studie: Mobile in Retail
Mit der Studie „Mobile in Retail“ ermittelte das EHI bereits im fünften Jahr im Auftrag von GS1 Germany den Status quo des Mobile Commerce in Deutschland. Betrachtete Themenkomplexe sind Payment, Media/Advertising sowie Couponing & Beacons. Die umfangreiche Studie steht im kostenfreien Download zur Verfügung unter: www.ehi.org und www.gs1-germany.de