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Foto: Viessmann

Wärme aus Kälte nutzen

Die Abwärme aus Kälteanlagen ist mehr als ein Abfallprodukt: Sie lässt sich wirtschaftlich sinnvoll direkt oder indirekt für Heizung und Warmwassererzeugung nutzen. In immer mehr Supermärkten ist das inzwischen selbstverständlich.

Kälteanlagen sind einer der größten Energieverbraucher in jedem Supermarkt. Kein Wunder also, dass Unternehmen des LEH angesichts steigender Energiepreise und des harten Wettbewerbs innerhalb der Branche diesen Verbrauchsfaktor in den Fokus nehmen, um ihn sowohl ökologisch als auch ökonomisch zu optimieren. Ein möglichst geringer Energieverbrauch sowie ein klimaunschädliches Kältemittel sind wichtige Parameter, hinzu kommt inzwischen immer häufiger die Nutzung der vom Kühlmöbel erzeugten Abwärme. Die Renditen von Maßnahmen zur Abwärmenutzung liegen laut Deutschen Energieagentur (Dena) in der Regel im zweistelligen Prozentbereich.

Der Hit-Markt Ullrich in Berlin-Wilmersdorf besitzt ein besonders energieeffizientes System zur Warenkühlung, Klimatisierung und Beheizung des Markts. (Foto: Viessmann)

Der Hit-Markt Ullrich in Berlin-Wilmersdorf besitzt ein besonders energieeffizientes System zur Warenkühlung, Klimatisierung und Beheizung des Markts. (Foto: Viessmann)

Ein Beispiel für eine Abwärmenutzung auf vorhandenem Temperaturniveau ist bei einer Kälteanlage die Auskopplung des überhitzten Heizgases für eine Vorwärmung von Frischwasser oder für ein Heizsystem mit geringer Vorlauftemperatur. Bei einer solchen direkten Nutzung wird seitens der Kältemaschine kein zusätzlicher Energieaufwand benötigt, um die Abwärme zu nutzen – der Verflüssigungsdruck der Kältemaschine wird nicht mit energetischem Mehraufwand gezielt erhöht, um ein besser nutzbares Temperaturniveau der Abwärme zu erreichen, und es kommen keine zusätzlichen Wärmequellen zum Einsatz. Beide Varianten lassen sich jedoch einsetzen, um Abwärme zu nutzen, die kein ausreichendes Temperaturniveau für eine direkte Nutzung hat. Die Abwärme wird dabei – mit zusätzlichem Energieeinsatz – von einem niedrigen auf ein höheres und damit besser nutzbares Temperaturniveau angehoben.

Die direkte Nutzung von Abwärme ist zwar laut Dena oft die konstruktiv einfachste und kostengünstigste Variante. Die Gebäudetechnik von Supermärkten jedoch ist komplex – die erforderliche Warentemperatur des Kühlguts hat höchste Priorität, gleichzeitig müssen die Einkaufsumgebung angenehm und alle Bereiche des Gebäudes verlässlich versorgt sein. Wie ein solches ganzheitliches System aussehen kann, haben Forscher am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg in einem mehrjährigen Projekt entwickelt und mit Aldi Süd teilweise umgesetzt. Alle Kühlstellen hängen dabei an einem zentralen Kälteverbund. Die Wärme wird nicht in den Raum abgeführt, sondern über eine Rückkühlung abgeleitet. Im Winter gewinnt das System die Wärme über einen Wärmetauscher zurück und heizt damit den Verkaufsraum. Die Restwärme führt es über einen Gaskühler und ein Erdsondenfeld in die Umgebung ab. Da zum Heizen die Wärme verwendet wird, die als Abfallprodukt der Kühlanlagen entsteht, sind Gas- und Ölkessel überflüssig. Das System hat auch Auswirkungen auf die Lüftungsanlage: Sie wird nicht mehr als Heizung gebraucht, sondern bringt ausschließlich frische Luft in den Raum und ist daher um ein Drittel kleiner.

Energie sparen mit dem Kühlregal

Für Nils Kreuznacht, Bereichsleiter Technische Gebäudeausrüstung bei der STF Energy GmbH, ist die intelligente Planung des Wärmesystems der Schlüssel. Das Unternehmen ist für die Fachplanung eines zweiteiligen Wohn- und Geschäftshauses verantwortlich, das die Stroetmann GmbH & Co. KG gerade in Münster Hiltrup errichtet. Einen Teil des Gebäudes wird ein Edeka-Markt mit 1.750 qm Verkaufsfläche sowie Lagerflächen, Kühl- und Nebenräumen beziehen, die Versorgung der ver schiedenen Verbraucher übernimmt eine CO2-Verbundkälteanlage von Carrier. Die Abwärme des Kälteverbundes – durch Enthitzung des gasförmigen Kältemittels mittels Wasser auf der Sekundärseite – wird zur Beheizung des Edeka-Marktes und der dazugehörigen Neben- und Sozialräume genutzt sowie für die zentrale Warmwasserbereitung der Verkaufstheke, der Vorbereitungsräume der Zonen Fleisch und Fisch sowie aller relevanten Nebenräume. Die Beheizung des Verkaufsraums erfolgt über eine Lüftungsanlage, die Beheizung der Neben- und Sozialräume sowie der Lagerbereiche über statische Heizflächen und Lufterhitzer. „Durch die intelligente Planung des Wärmesystems, nämlich der Nutzung der Abwärme der Kältetechnik, wird der Energieverbrauch und damit auch die Energiekosten deutlich gesenkt“, sagt Kreuznacht: „Gegenüber konventionellen Wärmeerzeugungsmethoden liegen die Einsparungen bei den Energiekosten bei circa 30 Prozent und die CO2-Reduktion bei circa 50 Prozent. Außerdem werden Investitionskosten in Anlagen für die Wärmeerzeugung reduziert.“

Im zweiteiligen Wohn- und Geschäftshaus, das die Firma Stroetmann zurzeit in Münster-Hiltrup baut, wird die Abwärme der CO2-Verbundanlage des neuen Edeka-Supermarktes zur Beheizung des Marktes und der zugehörigen Neben- und Sozialräume genutzt. (Foto: SFT Energy)

Im zweiteiligen Wohn- und Geschäftshaus, das die Firma Stroetmann zurzeit in Münster-Hiltrup baut, wird die Abwärme der CO2-Verbundanlage des neuen Edeka-Supermarktes zur Beheizung des Marktes und der zugehörigen Neben- und Sozialräume genutzt. (Foto: SFT Energy)

Ein besonders effizientes und energiesparendes System zur Warenkühlung, Klimatisierung und Beheizung des Marktes war auch die Vorgabe für den Hit-Ullrich-Markt in Berlin-Wilmersdorf. Der Markt befindet sich in einem alten Wohn- und Geschäftsgebäude, das für den Umbau komplett entkernt und um einen fünfstöckigen Neubau erweitert wurde. Bedientheke, Kühl- und Tiefkühlmöbel hat Kältespezialist KKE an eine transkritische CO2-Anlage von Teko angeschlossen. Die Wärmeübertragung zur Beheizung des Marktes an das bauseitige Niedertemperatur-Heizsystem erfolgt mittels Plattenwärmeübertrager. Falls die Rückgewinnung aus den Kühlstellen der Normal- und Tiefkühlung nicht ausreicht, um das gewünschte Temperaturniveau im Markt zu erreichen, ist die Anlage mit einem Gaskühlerbypass und einer WP-Stufe mit luftbeaufschlagten Wärmeübertragern ausgestattet. Das macht eine zusätzliche Heizungsanlage überflüssig.

Ohne fossile Heizung kommt ebenfalls der XL-Markt von Rewe Petz im rheinland-pfälzischen Herdorf aus. Im Einsatz ist auch hier eine transkritische CO2-Kälteanlage, die Abwärme wird zur Beheizung der insgesamt 2.100 qm Fläche genutzt. Der Kälteverbund enthält eine zusätzliche Wärmepumpen- und Klimafunktion, außerdem wurde Geothermie in den Kühl- und Heizprozess integriert. Die Klimatisierung des Markts mit Kaltwasser erfolgt größtenteils über die bauseitig installierten Geothermie-Erdsonden, die Kaltwassererzeugung für das Lüftungsgerät zur Frischlufteinbringung über einen an die Kälteanlage angebundenen Plattenwärmeübertrager. Die Beheizung erfolgt über die Geothermie und die Abwärmenutzung der Kälteanlage, bei Bedarf greifen auch hier ein Gaskühlerbypass und eine integrierte WP-Stufe. Als Seco bei Rewe Petz das erste Mal eine Lösung mit Geothermie und Betonkernaktivierung umsetzte, fiel die Wahl der Unternehmen auf eine R134a/CO2-Kaskade. „In Herdorf haben wir uns für eine transkritische CO2-Booster-Anlage mit Parallelverdichtung entschieden“, berichtet Rayk Pothmann von Seco. Das biete unter anderem die Chance, beide Projekte energetisch miteinander zu vergleichen. In einer ersten Auswertung habe die CO2-Booster-Anlage effizientere Ergebnisse gezeigt, aber Seco wolle beide Technologien noch weiter beobachten und auswerten.

Integralanlage für Heizen und Kühlen

Auch Kaufland setzt bei dem gerade entstehenden Standort in Bad Neustadt auf eine Integralanlage, die Klima- und Kältetechnik miteinander vernetzt und so gleichzeitig zum Heizen und Kühlen des Gebäudes dient. Zur Beheizung der Filiale wird in erster Linie die überschüssige Abwärme aus der vorhandenen Kälteanlage genutzt. Erst wenn die Außentemperatur unter den Gefrierpunkt sinkt, wird eine Luft-Wasser-Wärmepumpe hinzugeschaltet. Auch eine Geothermieanlage ist integriert. Deren Sole-Wasser-Wärmepumpe erschließt jedoch nicht nur im Winter die in den tieferen Erdschichten gespeicherte Wärme, sondern unterstützt im Sommer die Raumkühlung, da sie kaltes Wasser für die Betonkernaktivierung und die Lüftungsanlage liefert. Durch die Kopplung von Heizungstechnik und Kälteanlage kommt die Filiale ohne einen konventionellen Heizkessel aus. Das Unternehmen rechnet daher mit niedrigeren Energiekosten, zudem entfalle ein separates Kältemittel für die Kühlung des Gebäudes.

Die Schweiz ist bei der Abwärmenutzung von Kälteanlagen Deutschland übrigens einen Schritt voraus. „Die Bauverordnung verlangt, dass im Gebäude anfallende Abwärmemengen zu nutzen sind“, erklärt Jakob Nussbaum von der Kältering AG. Das gelte insbesondere für die Abwärme aus der Kälteerzeugung. Zwar gibt es in der Verordnung die Einschränkung, dass die Nutzung der Abwärme nur vorgeschrieben ist, wenn sie im Einzelfall wirtschaftlich ist. Wer diese Rentabilität in Frage stellt, muss das allerdings mit einem Ausnahmegesuch nachweisen.

Fotos (2): Viessmann

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

Fördermittel: Abwärme vermeiden oder nutzen

KfW: Mit einem neuen Angebot zur Finanzierung von Investitionen in die Vermeidung bzw. Nutzung von Abwärme in Unternehmen unterstützt die KfW die Offensive des Bundeswirtschaftsministeriums „Deutschland macht’s effizient“. Das Förderprogramm bietet gewerblichen Unternehmen aller Größen und Branchen zinsverbilligte Kredite sowie Tilgungszuschüsse. Gefördert werden Investitionen in die Modernisierung, die Erweiterung oder den Neubau von Anlagen, wenn dadurch betriebliche Abwärme vermieden oder bislang ungenutzte Abwärme effizient genutzt wird. Aus dem Programm können bis zu 100 Prozent der förderfähigen Investitionskosten finanziert werden. Für die innerbetriebliche Vermeidung und Nutzung von Abwärme wird ein Tilgungszuschuss in Höhe von bis zu 30 Prozent gewährt, bei der außerbetrieblichen Nutzung von Abwärme beträgt der Zuschuss bis zu 40 Prozent. Kleine und mittlere Unternehmen erhalten einen zusätzlichen Bonus von zehn Prozent.

Weitere Informationen: www.kfw.de/294 und www.machts-effizient.de

BAFA: Das Bundesumweltministerium fördert seit 2008 im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative Maßnahmen an Kälte- und Klimaanlagen. Seit Oktober 2015 ist die novellierte Richtlinie zu dieser Förderung in Kraft. Durch diese Novellierung werden auch Anlagen gefördert, die Kühlung und Heizung in einem integrierten Gerät oder System ermöglichen. Im Rahmen der Basisförderung sind folgende Anlagenklassen förderfähig: Kompressions-Kälteanlagen mit fünf bis 150 kW sowie Kompressions-Klimaanlagen mit zehn bis 150 kW elektrischer Leistungsaufnahme, Sorptionsanlagen mit fünf bis 500 kW Kälteleistung und Anlagen mit fünf bis 150 kW elektrischer Leistungsaufnahme, die Kühlung und Heizung in einem integrierten Gerät oder System ermöglichen. Voraussetzung für die Förderung von Sorptionskälteanlagen ist, dass die Wärme aus KWK-Anlagen stammt oder Abwärme genutzt wird.

Weitere Informationen: www.bafa.de und http://www.klimaschutz.de/sites/default/files/
kaelte-flyer_2015_web_bf_cps.pdf

Dena: Die Deutsche Energie-Agentur (Dena) sucht im Rahmen des Projekts „Leuchttürme energieeffiziente Abwärmenutzung“ Unternehmen, die ihr bisher unerschlossenes Abwärmepotenzial heben wollen. So will die Dena bundesweit Projekte für energieeffiziente Abwärmenutzung realisieren, Unternehmen bei der effizienten Erschließung ihrer Abwärmepotenziale unterstützen und den Anpassungsbedarf bei der Förderung von Abwärme-Maßnahmen identifizieren. Das Projekt ist offen für Unternehmen jeder Größe und Branche. Teilnehmende Unternehmen müssen über ein bisher unerschlossenes Potenzial zur Abwärmevermeidung verfügen, bereits konkrete Planungen für eine Abwärmenutzung haben und mit einer Veröffentlichung der Ergebnisse aus dem Leuchtturmprojekt einverstanden sein. Dafür erhalten sie eine kostenfreie Beratung und Prozessbegleitung durch die Dena, Unterstützung bei der Auswahl von Experten für die Planung sowie eine Auszeichnung als Vorreiter für den Klimaschutz.

Weitere Informationen: www.abwaerme-leuchtturm.de

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