Mikrokosmos Kassenplatz | stores+shops

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Die Kassen im Kaufhaus Woha in Donauwörth haben alles, was eine Kasse braucht gut integriert, der Stauraum befindet sich hinter den beleuchteten Poster-Wänden. (Foto: MAI Messerschmid)

Mikrokosmos Kassenplatz

Die Kasse ist weit mehr als ein Ort der Finanztransaktionen. Sie muss vielfältigen funktionalen wie auch optischen Ansprüchen genügen. Effizienz, Ergonomie, Erscheinungsbild – Experten berichten, wie all das am besten Hand in Hand geht.

„Eine Standard-Kassenlösung, die für alle passt, gibt es nicht“, sagt Jochen M. Messerschmid, Inhaber des Planungsbüros MAI Messerschmid Architekten und Innenarchitekten. Messerschmid: „Am Anfang sollte eine penible Analyse der Erfordernisse stehen. Vieles muss berücksichtigt werden, zudem hat jeder Händler individuelle Vorstellungen. Wir definieren zunächst die notwendigen Funktionen und berücksichtigen diese planerisch, erst dann gestalten wir eine ansprechende Hülle drumherum.“ Philipp Beck, Geschäftsführer von Atelier 522 aus Markdorf, formuliert das alte „Form follows Function“ neu: „Das Design soll dem Verkauf dienen.“ Aus seiner Sicht „liegt die Kunst bei Kassen-Planungen darin, aus dem Erfahrungsschatz zu schöpfen, aber sich damit nicht zufriedenzugeben und zu wiederholen, sondern kundenindividuell optimierte Lösungen zu kreieren“.

Am besten die Kassen-Mitarbeiter in die Planung mit einbeziehen.

Claudia Breil

Breil+ Interior Design

Für die Hamburger Innenarchitektin Claudia Breil von Breil+ Interior Design hat es sich bewährt, „ein Gespräch mit den Mitarbeitern zu führen, die an der Kasse arbeiten. Sie kennen die Abläufe am besten, daher ist es klug, sie zu integrieren und nach Must-haves, Verbesserungsvorschlägen und Idealvorstellungen zu befragen“.

Die typische modulare Doppelkasse der Galeria Kaufhof im Corporate Design (Foto: Galeria Kaufhof)

Die typische modulare Doppelkasse der Galeria Kaufhof im Corporate Design (Foto: Galeria Kaufhof)

Bei Galeria Kaufhof beispielsweise arbeiten die Unternehmensbereiche Einrichtung und Betriebsorganisation zusammen, um Kassenzonen und -möbel bedarfsgerecht zu konzipieren. Sie werden zudem noch von den jeweils zuständigen Ausschüssen des Gesamtbetriebsrats begleitet. Rd. 440.000 Kassiervorgänge finden pro Tag in den Filialen des Warenhauskonzerns sowie bei dessen Tochterunternehmen Sportarena und Dinea statt. Dabei akzeptiert das Unternehmen mehr als 80 verschiedene Zahlungsmittel.

Kein Wunder, dass der Optimierung von Abläufen hohe Bedeutung beigemessen wird. Fred Skrzeba, Teamleiter Betriebsorganisation Verkauf, berichtet: „Die Kassenbereiche bestehen bei Galeria Kaufhof immer aus zwei Komponenten: Kassenecke und Packtisch. Meist werden zentral positionierte Kassenzonen installiert, bei denen links und rechts eine Kassenecke von 1,50 m und dazwischen zwei Packtische von 1,25 m beziehungsweise 70 cm positioniert werden. Die weißen Möbel sind GS-zertifiziert, 96 cm hoch und ergonomisch gestaltet. Hinter den Tischen liegen Fußmatten, um den Mitarbeitern das Stehen zu erleichtern. Die rückwärtigen Rücklagen- und Aufbauschränke sind im Normalfall 1,45 m hoch, um die Sicht darüber hinweg zu ermöglichen, es sei denn, der Kassenbereich ist an einer Rückwand angeordnet, dann können die Schränke auch raumhoch sein.“

Die Haupt-Funktionalitäten

Es kristallisieren sich folgende Punkte heraus, die in den Planungsgesprächen für Kassen geklärt werden sollten:

  • 1. Der Bezahlvorgang an sich. „Welche Technikkomponenten sind unterzubringen? Wie groß sind sie? Wie sollten sie zueinander angeordnet sein?“, das sind laut Jochen M. Messerschmid die zunächst entscheidenden Fragen. Dabei betont er: „Ein No-Go sind für den Kunden sichtbare Verkabelungen der Technikkomponenten.“ Bei Wöhrl in Ingolstadt ist die Anordnung beispielsweise wie folgt gelöst: Hier gibt es 4 Kassen, neben denen jeweils rechts die Bildschirme positioniert sind, links befinden sich die Bondrucker. Den Kunden sind Bildschirme zugewandt, auf denen die Einkäufe abgebildet werden. Bei Galeria Kaufhof sind Mitte 2013 insgesamt 3.500 Kartenzahlungsterminals der neuesten Generation installiert worden, die durch die Vereinigung von Pin-Pad und Kartenleser in einer Komponente die Dauer der Kartenzahlung verkürzen sowie auch für kontaktlose Zahlverfahren (NFC) gerüstet sind. Die Kunden können damit „im Vorbeigehen“ bezahlen und ihr Mobiltelefon als Geldbörse nutzen. Auch diese Entwicklungen verändern Kassenzonen. „Im Ausland ist die klassische Kassensituation unter anderem durch Self-Service-Terminals vielfach schon aufgehoben“, berichtet Claudia Breil. So sagt auch Martin Barzauner, Geschäftsleiter des Wöhrl-Hauses in Ingolstadt: „Unsere Kassenlösungen werden regelmäßig überprüft, ob sie noch effizient und zeitgemäß sind.“  
  • 2. Die Entfernung der Sicherungsetiketten. „Wir bauen die Geräte zur Entsicherung der Ware immer in die Theke ein. Die entfernten Sicherungsetiketten werden durch Schlitze in den Tischen in darunter befindliche Behälter geworfen“, erläutert Jochen M. Messerschmid. So geschieht es auch bei Galeria Kaufhof. In Mehrweg-Transportbehältern werden die Etiketten dann in eines der Lager transportiert, sortiert und dann entweder zur Sicherung neuer Ware genutzt oder an die Lieferanten zurückgeschickt, die die Ware selbst sichern. Messerschmid: „Alternativ zur Sortierung im Lager ließen sich auch direkt mehrere Öffnungen und Behälter in die Kassentheke integrieren.“  
  • 3. Die Entfernung und Sortierung von Kleiderbügeln. Hiermit verhält es sich ähnlich wie mit den Sicherungsetiketten, auch sie können bereits an der Kasse oder später im Lager sortiert werden. Bei Galeria Kaufhof werden die Bügel an der Kasse in Mehrweg-Transportbehältern oder fahrbaren Wagen gesammelt, die in die Rückwand eingeschoben sind, später ins Lager weitergeleitet und entweder beim Aufbügeln neuer Ware genutzt oder an einen Sortierdienstleister rückgeführt werden, der seinerseits erneut die Bekleidungsindustrie bestückt. Claudia Breil gefallen für das Sammeln an der Kasse am besten Bügelständer, auf denen die Bügel übereinander geschichtet werden. „Das ist optisch ansprechend und einfach im Handling.“
  • 4. Die Rücknahme und Lagerung von Schuhkartons. Bei Galeria Kaufhof werden auch diese in Mehrweg-Transportbehältern gesammelt, anschließend gepresst und einem Papierverwerter zugeführt.
  • 5. Die Verpackung der Ware in Tüten, Taschen oder Geschenkpapier. „Die Lagerung von Plastiktüten und Tragetaschen sollte immer unter dem Packtisch beziehungsweise der Kassentheke erfolgen, zum Beispiel auf ausziehbaren Fächern, gehängt oder gerollt“, rät Jochen M. Messerschmid. Geschenkverpackungen seien indes im Wandbereich hinter der Kasse oder in einem Nebenraum gut aufgehoben. Für Geschenkpapier und -bänder gibt es spezielle Abroller. In den Galeria-Kaufhof-Filialen wird der Verpackungsservice an einem zentralen Standort abseits der Kassen angeboten. Ausnahme ist die Parfümerieabteilung, in der direkt verpackt wird. Aber auch die „normalen“ Kassenmöbel sind so ausgerüstet, dass bei Bedarf eine Geschenkpapierrolle eingehängt werden kann. Zum Weihnachtsgeschäft werden separate Verpackungstische aufgebaut. Ohnehin wird Flexibilität groß geschrieben, so Fred Skrzeba: „Unser Baukastensystem erlaubt Sonderlösungen. So kann in der Abteilung Glas/Porzellan die verpackte Ware umreift werden, in der Abteilung Reisegepäck gibt es zum Beispiel eine Durchreiche, um die Koffer nicht über den Kassentisch hieven zu müssen.“
Die edel-cleane Kasse im Modehaus Susanne Benter in München hat ihre Funktionalitäten und den rückwärtigen Stauraum gut versteckt. (Foto: Breil+ Interior Design)

Die edel-cleane Kasse im Modehaus Susanne Benter in München hat ihre Funktionalitäten und den rückwärtigen Stauraum gut versteckt. (Foto: Breil+ Interior Design)

Philipp Beck ist der Meinung: „Das Thema Verpacken und wie man es inszeniert kommt häufig zu kurz.“ Er verweist auf den Onlinehandel, der immer mehr Engagement in diesem Bereich zeige, mit Seidenpapieren oder edlen Kartons beispielsweise. Für die Kassenzonen der Zukunft empfiehlt Beck „mehr Platz zum Inszenieren“. Aktuell arbeitet Atelier 522 an einem Projekt, bei dem mit grafischen Mustern geschmückte Holzkisten als Geschenkverpackungen geplant sind. Diese sollen in sozialen Einrichtungen gefertigt und zum Preis von 3 Euro an die Kunden abgegeben werden. Diese erwerben eine schöne Verpackung und das Gefühl, damit Gutes zu tun.

  • 6. Die Bevorratung reservierter Ware. „Diese erfolgt am besten im Schrank hinter der Kasse oder im Nebenraum“, empfiehlt Jochen M. Messerschmid. So ist es auch bei Galeria Kaufhof. Der Rücklagenschrank für Reservierungen bis zu drei Werktagen ist mit einer Kleiderstange und vier Fachböden ausgestattet. Die Größe der Flächen ist auch vom Sortiment abhängig, sagt Philipp Beck. „Bei Wäsche ist der Platzbedarf geringer als bei Konfektion.“ Wie Funktionalität und Optik eine Liaison eingehen können, zeigt die Hauptkasse im neu gestalteten Obergeschoss des Kaufhauses Woha in Donauwörth (Planung MAI Messerschmid). Dort sind von innen beleuchtete Poster-Segmente auf die Schiebetüren des Wandschranks aufgebracht. Darüber hinaus befindet sich ein großzügiger Nebenraum in direkter Anbindung an die Kasse. Auch bei Wöhrl in Ingolstadt gibt es einen separaten Raum, der für reservierte Ware genutzt wird. Claudia Breil schätzt zudem Warenaufzüge. „Diese sind wunderbar, Dinge direkt vom Lager zu holen oder dorthin zu liefern.“
  • 7. Die Retourenabwicklung. Jochen M. Messerschmid hält auch hierfür angrenzende Lagerbereiche für sinnvoll. „Bei größeren Häusern gibt es im Regelfall eine Servicekasse und mehrere Abteilungs- bzw. Etagenkassen. Dann sollten Retouren an der Servicekasse zentral abgewickelt werden, wo auch geänderte Ware abgeholt werden sollte.“ Da mit Retouren mitunter Diskussionen einhergehen, hält Claudia Breil „einen ruhigeren Platz, entfernt von der Kasse“ für überlegenswert. Galeria Kaufhof indes nimmt den Umtausch an der Kasse zurück („ohne Wenn und Aber gegen Kassenbon“), sammelt sie dort und führt sie, wenn möglich, wieder dem Verkauf zu.

Wie auch immer die Lösungen ausfallen, in einem sind sich die Experten einig: Kassenzonen sollten aufgeräumt sein. Also: „Genügend Schubladen vorsehen und als Händler immer ein Auge auf den Kassenbereich werfen und alles, was dort nicht hingehört, entfernen“, mahnt Jochen M. Messerschmid, dem in der Realität oft anderes begegnet. Seine Detail-Tipps: „In den Tisch integrierte Schreibflächen zur Unterschrift von Kreditkartenbelegen und Ablagemöglichkeiten für den Kugelschreiber. Schön sind auch spezielle Displays für Kundenkartenanträge oder Visitenkarten des Verkaufsteams. Für sehr sinnvoll halte ich Taschenablagen für die Kunden. Ein Zeichen der Wertschätzung sind in das Mobiliar eingelassene Stufen, die kleine Kinder auf Augenhöhe mit den Kassenmitarbeitern bringen.“

Immer wieder sollte daran gedacht werden: „An der Kasse wird das Einkaufserlebnis beendet. Der Kunde hat während des Scannens der Etiketten sowie des Einpackens der Ware einige Augenblicke Zeit und widmet seine Aufmerksamkeit dabei meist dem Bereich, der ihn umgibt. Daher ist es ideal, wenn Platz für Großposter, Bildschirme oder Videowalls eingeplant werden kann, um den Kunden zu unterhalten“, so Messerschmid. Weitere Tipps vom Fachmann: „Als sehr wichtig erachte ich den Einsatz schöner Materialien wie Leder, echtes Holz oder Stein mit hoher Wärmeleitfähigkeit, die dem Kunden ein gutes Gefühl beim Berühren vermitteln. Auf kalte Materialien wie Glas oder Edelstahl sollte eher verzichtet werden.

Fotos: Breil+ Interior Design (1), Galeria Kaufhof (1) und MAI Messerschmid (1) 

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