Auf Trend-Tour in Manhattan | stores+shops

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Eindrucksvolles Markenstatement: Die Glasfassade von Uniqlo an der 5th Avenue

Auf Trend-Tour in Manhattan

New York gilt seit jeher als Trendsetter in Sachen Storedesign und Visual Merchandising. Trifft das auch heute noch uneingeschränkt zu? Auf Einladung des dlv – Netzwerk Ladenbau besuchte eine bunt gemischte Truppe aus Ladenbauern, Visual Merchandisern, Planern und Architekten den Retail-Hotspot Manhattan.

50 Läden in 2 Tagen – so lautet die zahlenmäßige Bilanz der „Shopfitting und Visual Merchandising Trend-Tour New York.“ Ein so dichtes Programm lässt sich nur mit lokaler Fokussierung und einer intensiven Vorrecherche bewerkstelligen. Als Tour Guide und operative Projektleiterin führte Regula Wirth die vom dlv initiierte Studienreise an. Die Shop-Besichtigungen konzentrierten sich am ersten Tag auf die Retail-Szene rund um die 5th Avenue mit den aktuellen Store-Konzepten der international agierenden Filialisten und der bekannten Luxus-Labels.

Am zweiten Tag der Studienreise lag das Hauptaugenmerk auf der kleinteiligen, individuellen Handelsszene im Meatpacking District und in Soho. Im dicht gestaffelten Programm blieb auch noch genügend Zeit für den Besuch von zwei „Hot Spots“ mit Kult-Charakter: dem Warenhaus Macy`s mit den legendären Holzfahrsteigen und dem unterirdisch gelegenen Apple Store mit seinem markanten Glas-Kubus.

Landhaus-Romantik in Manhattan vermittelt Abercrombie am Rockefeller Park.

Landhaus-Romantik in Manhattan vermittelt Abercrombie am Rockefeller Park.

Erwähnenswert, da keineswegs selbstverständlich: In fast allen Läden – egal ob Luxus Mono Brand Store oder Fashion Start-up – durfte ungehindert fotografiert werden. „May I help you, guys?“ Dem unerwarteten Andrang der Besuchergruppe aus Deutschland begegneten selbst die Doormen gelassen und freundlich.

Auch das Verkaufspersonal war stets höflich und hilfsbereit. Je nach gewähltem Themenfokus konzentrierten sich die Teilnehmer auf die Beobachtungsschwerpunkte Architektur, Ladenplanung und Storedesign, Ladenbau, Materialien und Oberflächen, Visual Merchandising und Schaufenstergestaltung.  

In Midtown präsentieren sich die Flagship Stores der globalen Marken mit üppigen, großflächigen Glasfassaden. Bei Uniqlo an der Ecke 52./53. Straße sind sie Bestandteil des Store-Konzepts und transportieren die Markenbotschaft eindrucksvoll nach draußen. Zwei zentrale, illuminierte Fahrsteige im Eingangsbereich des 8.000 qm großen Hauses erzeugen eine Sogwirkung, der man sich nur schwer entziehen kann. Viel Edelstahl bei Warenträgern und Fußböden, in einigen Abteilungen einfache Holzregale, niedrige Raumhöhen, weiß gestrichene offene Industriedecken, Spiegelwände und digitale Großbildschirme, wohin man blickt. Das Storedesign von Uniqlo ist ein nicht in allen Facetten stimmiger Komponenten- und Materialmix. Bemerkenswert ist die Allianz mit New Yorker Künstlern, deren Designprodukte in verglasten Show-Vitrinen präsentiert werden.

Detailverliebte Inszenierungen

Bei Armani bildet eine Raum greifende, kühn geschwungene Treppe den optischen Mittelpunkt des Stores. Eine natürliche, offenbar gewollte Barriere, welche die Exklusivität der Luxusmarke unterstreicht. Bei Dolce & Gabbana erwartet den Besucher eine detailverliebte Inszenierung mit Kronleuchtern, verzierten Tapeten und Samtstoffen auf Präsentationsmöbeln. Alles perfekt inszeniert und stimmig, aber ohne ernste Kaufabsicht ist man doch schnell wieder draußen. Kaum anders ergeht es bei Fendi und Stuart Weitzmann, zwei benachbarten Schuhanbietern im Luxussegment. Selbst die mehr „konsumigen“ Mode-Labels wie Polo Ralph Lauren oder Tommy Hilfiger bauen mit einer an Perfektion grenzenden, teilweise minimalistischen Inszenierung eher eine Hemmschwelle auf als dass sie Kaufimpulse auslösen. Ist diese Atmosphäre so gewollt? Ist das noch im Sinne des Kunden und des Handels?

Schriller Stilmix: Alice & Olivia, ein Fashion Store im New Yorker Meatpacking District

Schriller Stilmix: Alice & Olivia, ein Fashion Store im New Yorker Meatpacking District

Mit einer ansprechenden Mischung verschiedener Stilrichtungen warten die Stores von Anthropology, Free People und ABC Home auf. Ein bunter Mix aus Vintage-Stil, Shabby Chique und spontan-kreativen Inszenierungen ersetzt hier den Systemladenbau. Auf authentische, naturbelassene Materialien mit „Used-Optik“ wird großer Wert gelegt. Kunststoffplatten, Spanplatten und Schichtstoffe wurden ebenso wenig gesichtet wie Schichtstoffe.

Ob Holz, Metall, Eisen oder Kupfer: die Materialien werden nicht zusätzlich bearbeitet, sondern man belässt sie in ihrer natürlichen Form. Antike Einzelmöbel wie eine alte Werkbank aus Eichenholz oder ein alter Mühlstein als Präsentationstisch für Legeware sind echte „Hingucker“. Vieles wird auf hohem Niveau improvisiert und ausgetüftelt. Beispiele: Fleischerhaken oder Materialien aus dem Gerüstbau und Sanitärhandel als Warenträger.

Das große Thema „Patchwork“: Dover Street Market hat sich voll und ganz diesem Trend verschrieben.

Das große Thema „Patchwork“: Dover Street Market hat sich voll und ganz diesem Trend verschrieben.

Dover Street Market hat sich voll und ganz dem „Patchwork-Stil“ verschrieben. Von außen nicht als Handelsgeschäft zu erkennen, vermittelt das japanische Label einen Mix teilweise skurril anmutender Styles. Der Store mit seinen sieben Etagen ist ein Unikat, die dargebotenen Kollektionen nur etwas für gut betuchte Shopper. 

Ein gutes Signal für die Ladenbauer: Auch im New Yorker Lebensmittelhandel kommen die bekannten und bewährten Systemmöbel zum Einsatz, so etwa bei Whole Foods, der legendären Gourmet-Kette mit den üppigen Auslagen und verführerischen Delikatessen. Die neueste Filiale im Stadtteil Brooklyn soll an Erlebniswerten alles Bisherige übertreffen, auch den schon etwas älteren Markt in Soho, der von den Reiseteilnehmern ebenso besucht wurde wie Eataly an der 5th Avenue – ein „Muss“ für jeden Manhattan-Besucher, der am Thema Handelsgastronomie interessiert ist.

Sinnliche Erlebnisse

Im Meatpacking District und Soho sind die Start-ups, die Modedesigner von morgen zu Hause. Die Industriearchitektur aus dem 19. Jahrhundert mit dem sehenswerten Chelsea Market als Ausgangspunkt verleihen dem Carreé von Washington Street und Greenwhich Street seinen besonderen Charme. So extrovertiert wie die Designer-Kollektionen gibt sich das Interieur der Läden: Zu Warenauslagen zusammenmontierte Klimaschächte schlängeln sich bei Marni wie ein Reptil durch den Laden, bei Owen wurden Wand und Decke komplett mit braunen Papiertüten ausgekleidet. Alice & Olivia korrespondiert mit seiner schrill-türkisfarbenen Sitzgruppe und der weißen Jugendstilwendeltreppe im Hintergrund eher mit dem amerikanischen als dem mitteleuropäischen Stilempfinden.

Für den Systemladenbau wird das Leben angesichts der zunehmenden Individualisierung der Läden in Zukunft nicht einfacher, lautet eine Erkenntnis zum Abschluss der Studienreise. Dementsprechend werden sich die Aufgabenstellungen für Planer und Ladenbauer weiter verändern. Junge, extrovertierte Start-ups machen den eigentlichen Reiz der New Yorker Retail-Szene aus. Sie lassen Ware und Architektur hautnah erleben.

Alle Fotos: dlv – Netzwerk Ladenbau 

Kontakt: lambertz@ehi.org 

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