In seinem neuen (und damit achten) Möbelhaus in Mainz hat der südwestdeutsche Filialist Möbel Martin sowohl an den Kassen als auch im Backoffice Automaten installiert, die das Bargeld-Handling rationalisieren. Dabei wird das an der Kasse entgegengenommene Bargeld von den Mitarbeiter(inne)n direkt in ein Recycling-Terminal eingegeben und bei Schichtende über ein geschlossenes, gesichertes Wertbehältnis ins Kassenbüro gebracht. Dort wird es in einen Automaten eingeschoben, der das Bargeld zählt, sortiert und zum Abtransport bereitstellt.
Unsere Mitarbeiterinnen gewinnen Zeit für die Kundenberatung, und ihre Sicherheit erhöht sich.
Fritz SchugDamit ist hausintern ein geschlossener automatisierter Bargeld-Kreislauf realisiert. Die Mitarbeiter sind damit von allen Routineaufgaben rund um das Bargeld-Handling befreit. „Zeit, die dem Kundenservice zu Gute kommt, außerdem erhöht sich die Sicherheit für unsere Mitarbeiterinnen“, erklärt Fritz Schug, Prokurist und Leiter Finanz- und Rechnungswesen bei Möbel Martin.
Möbelhandel als Vorreiter
Etwas überraschend entwickelt sich der Möbelhandel zu einer Vorreiter-Branche bei der Installation von POS-Cash-Automaten. Beim Einrichtungsdiscounter Poco sind inzwischen über 20 der insgesamt 96 Filialen mit den Systemen ausgerüstet – sie stammen wie bei Möbel Martin von Wincor Nixdorf. Auch Ikea Deutschland hat, in Person des Ikea-Managers Holger Apel, schon im Frühjahr 2012 angekündigt, seine Checkouts mit Automaten ausrüsten zu wollen. Im Lebensmittelhandel dagegen gibt es lediglich punktuelle Investitionen in die Cash-Automatisierung – schon seit einigen Jahren in Famila-Märkten der norddeutschen Bartels-Langness-Gruppe, aber auch bei mehreren selbstständigen Edeka-Händlern. Dazu gehört Marion Rørup, Inhaberin des E-Neukauf-Marktes in Rockenberg (Kreis Wetterau). Dort sind drei Kassenplätze mit Cash-Systemen des Toshiba-Partners Glory bestückt. „Die neuen Möglichkeiten des automatisierten Bargeldmanagements haben uns von Anfang an überzeugt“, erklärt Marion Rørup.
Handling-Kosten deutlich reduziert
Wie teuer Bargeld-Handling ist, hat vor Kurzem die Steinbeis-Hochschule Berlin ausgerechnet. Danach müssen Handel, Banken und Verbraucher jährlich rund 12,5 Mrd. Euro für die Versorgung mit Scheinen und Münzen aufwenden – rein rechnerisch 150 Euro pro Bundesbürger.
Bislang konnte die Technik, vor allem ihr Return on Invest, die meisten Handelsunternehmen jedoch nicht überzeugen. Natürlich bringen die Systeme Arbeitsentlastung und Zeitgewinn: Der Wegfall der morgendlichen manuellen Kassenvorbereitung und der abendlichen manuellen Kassenabrechnung, außerdem die schnellen Kassenübergaben während des Tages schlagen auf das Zeitkonto durch – pro Tag und pro Kassenmitarbeiter runde 30 Minuten. Das Sparpotenzial erhöht sich, wenn man beispielsweise ungeplant notwendige Kassenstürze einrechnet, weil Kunden falsche Rückgeld-Beträge reklamieren. Positiv zu Buche schlägt auch die weniger aufwändige Ver- und Entsorgung der Kassen mit Bargeld sowie die schnellere Konsolidierung der Tageseinnahmen im Backoffice. Außerdem gibt es keine Differenzen mehr bei der Kassenabrechnung.
Der besondere „Charme“ der Technologie liegt in der Tatsache, dass der Bargeldkreislauf komplett geschlossen ist. Wenn also auch das Kassenbüro automatisiert ist und idealerweise der dort stehende Tresor einer Bank gehört, die das Bargeld sofort nach Eingabe dem Händlerkonto gutschreibt. Wincor Nixdorf verfolgt dieses Konzept eines nicht nur betriebsintern, sondern auch branchenübergreifend automatisierten Geldkreislaufs.
Sicherheit gegen Überfälle
Offensichtlich jedoch können diese Pluspunkte allein die Investitionskosten für die Systeme momentan noch nicht aufwiegen. Laut EHI-Studie sind 59 Prozent der befragten Händler der Meinung, dass Cash-Management-Systeme vollständig ohne Relevanz für ihr Unternehmen sind. „Ich glaube nicht an eine relevante Verbreitung, solange kein eindeutiger ROI generiert wird. Eher werden sich je nach Risikolage standortbezogene Installationen finden“, prognostiziert auch Jochen Hampe, Geschäftsführer des IT-Beratungsunternehmens Retailer-Consult.
Der Aspekt des Überfallrisikos allerdings bleibt für manches Handelsunternehmen von hoher Relevanz. Nicht nur zum Beispiel in bestimmten Berliner Stadtbezirken gehören Raubüberfälle auf Handelskassen schon fast zur Tagesordnung. Dass Shell-Tankstellen quasi nicht mehr dazugehören, ist den Cash-Automaten in den über 1.300 Stationen zu verdanken, in denen das Bargeld unerreichbar für Mitarbeiter und Kriminelle verschwindet.
Fotos: Wincor Nixdorf (1), Glory (1)
Statement: Intelligente Automaten
„Karten und neue Formen wie Mobile Payment werden ihre Anteile ausbauen können. Komplett ablösen werden sie das Bargeld nicht. Für Händler heißt das, sie müssen beim Thema Bezahlformen breit aufgestellt sein. Angesichts des Kostendrucks müssen die einzelnen Verfahren so effizient wie möglich sein. Intelligente Automaten und Depositlösungen für das Cash-Handling schaffen auch in Zukunft die Basis dafür.“
Wolfgang Brand, Bereichsleiter Financial und Distribution Sector, Gunnebo