Projektmanagement: Besser planen, besser steuern | stores+shops

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Projektmanagement: Besser planen, besser steuern

Die Key Accounter der IT-Dienstleister stehen unter Verkaufsdruck und in der Gefahr, mehr zu versprechen, als sie halten können. Die Händler formulieren ihre Anforderungen manchmal zu unpräzise oder erstellen unnötig umfangreiche Anforderungskataloge. Beim Management von Checkout-Projekten gibt es noch Optimierungspotenzial.

Wenn ein Handelsfilialist seine Kassen renoviert, geht es schnell um Budgets in höherer sechsstelliger Größenordnung. Mit der Etat-Höhe aber steigt auf Seiten der IT-Partner der Erfolgsdruck, und es kann die Versuchung entstehen, sich als Alleskönner zu präsentieren. „Ich wünsche mir generell mehr Offenheit, zumal wir spätestens beim ersten Testlauf merken, wenn ein IT-Anbieter mehr verspricht, als er letztlich halten kann“, sagt Detlev Anders, IT-Leiter bei Strauss-Innovation.

„Die entscheidenden Probleme entstehen meist schon im Vorfeld, weil Dienstleister die Tendenz haben zu verschweigen, dass sie einzelne Teilprojekte oder Prozesse nicht beherrschen“, so Holger Rommel, Geschäftsbereichsleiter IT-Organisation bei der Gries Deko Company. Das gilt insbesondere, wenn es nicht nur um Routineaufgaben, sondern um die Bereitstellung innovativer Funktionen am Checkout geht – von der Abbildung neuer Marketing-Tools wie etwa dem digitalen Couponing bis hin zur Integration von SB-Lösungen in die Kassenlandschaft.

Spätestens beim ersten Testlauf merken wir, wenn ein IT-Anbieter mehr verspricht, als er letztlich halten kann.

Detlev Anders

IT-Leiter, Strauss-Innovation

Erstmal den Auftrag reinholen, dann sukzessive an Zeit- und Honorarbedarf nachlegen, mit Hinweis auf unvorhersehbar steigende Komplexität und überraschend auftauchende Probleme – diese Akquisitions-Usance mancher Dienstleister ist sicherlich mitverantwortlich dafür, dass IT-Planungen sich zuweilen als unrealistisch und nicht fundiert erweisen. Nach einer Studie von Gartner Industry Research, IT-Marktforscher mit Sitz in Connecticut/USA, werden weltweit fast ein Drittel aller IT-Projekte ohne konkretes Ergebnis beendet. Budgets werden in nahezu allen Fällen überschritten, in rund der Hälfte der Projekte muss der Auftraggeber sein ursprünglich geplantes Budget sogar verdoppeln.

„Ich fürchte, diese Tendenz gilt auch für den deutschen Markt“, meint Jochen Hampe. Der Geschäftsführer von Retailer-Consult und Kooperationspartner des EHI Retail Institute blickt auf über 20 Jahre Erfahrung in der Branche zurück und berät Handelsunternehmen bei der IT-Prozess- und Organisations-Optimierung, darunter Adressen wie Breuninger, Douglas, Obi und Rewe. Wenn Checkout-Projekte aus dem Ruder laufen, sind aber beide Seiten beteiligt, die Händler und ihre IT-Dienstleister. „Letztlich liegt es am Händler, an seiner realistischen Analyse, an seiner ganzheitlichen Projektplanung und an seinem stringenten Projektmanagement, ob ein Vorhaben funktioniert und ob das Budget zumindest annähernd eingehalten werden kann“, erklärt Jochen Hampe.

Vertrauen aufbauen

Damit allerdings tut sich manches Handelsunternehmen schwer. Zuweilen führen Einflussnahmen und Eitelkeiten, Bedenken und Begehrlichkeiten auf allen hierarchischen Ebenen dazu, dass aus einer ursprünglich überschaubaren Planung ein hoch komplexes, kaum mehr beherrschbares Monstrum wird. Das Grundproblem der ganzen Sache ist historisch gewachsen. Viele IT-Investitionen im Handel müssen auf fragmentierten und inkonsistenten Strukturen aufsetzen. Denn sowohl in mittelständischen Betrieben als auch in Handelskonzernen wurden am Checkout über viele Jahre hinweg verschiedene Einzellösungen ergänzt und jeweils mühsam in die bestehende IT-Welt integriert. Dieser informationstechnologische „Flickenteppich“ erschwert die Projektplanung ungemein.

Dennoch und gerade deswegen muss der Handel alles dafür tun, seinen IT-Partnern sehr klare Angaben zu Ziel, Zeitrahmen und Projektspezifikationen zu vermitteln. Unbedingte Voraussetzung dafür ist es, sich intern über die künftigen geschäftskritischen Anforderungen des eigenen Unternehmens klar zu werden. Also: Kein Verschicken von Standard-Katalogen, wie sie im Markt kursieren und bei denen der eine vom anderen abschreibt. IT-Berater Hampe: „Ich habe aktuell mehrere Kassenauswahl-Projekte bei Handelsunternehmen unterschiedlicher Branchen durchgeführt: Kein Anforderungskatalog war wie der andere, aber es hat sich sehr wohl eine einheitliche Methodik herausgeschält, die ich empfehle.“ (siehe Checkliste-Kasten am Fuß dieses Artikels)

Support: Differenzierte Service-Verträge

Nur noch wenige Handelsunternehmen schließen Wartungsverträge für die Kassen-Hardware ab – kleinere Probleme können meist hausintern behoben werden. Service-Verträge für die Software dagegen sind fast obligatorisch.

Zwar wird laut EHI-Kassenstudie auch hier ein Teil der Störungen durch eigene Mitarbeiter bewältigt (siehe Chart), doch ist der Support durch Hersteller bzw. Dienstleister deutlich stärker gefordert. „Hier wäre zu begrüßen, wenn Anbieter entsprechend differenzierte Serviceangebote entwickeln“, regt IT-Berater Jochen Hampe an. So könnte etwa nach Problemrelevanz differenziert werden – schließlich erfordert eine kleine Anzahl an Kassen pro Filiale eine viel schnellere Reaktion als bei großen Checkout-Linien. Auch könnte die Wartungsintensität besser an die Lifecycles der Komponenten angepasst werden. Hampe: „Die Abrechnungsmodalitäten sollten dem Händler auf Basis differenzierter Service Level Agreements ein hohes Maß an Planungssicherheit ermöglichen.“   

Und fast ebenso wichtig: Besteht ein gewachsenes Vertrauensverhältnis zwischen Händler und IT-Partner, verbieten sich Übertreibungen und Falschinformationen, Tricksereien und taktische Finessen von vornherein. „Wir versuchen, eine vertrauensvolle Basis der Zusammenarbeit aufzubauen“, erklärt Detlev Anders von Strauss-Innovation. Natürlich schaut der Handel bei seinen Projekten in erster Linie auf ein adäquates Preis-Leistungsverhältnis. „Aber ebenso wichtig ist, dass der Dienstleister die Branche gut kennt und eigenständig auf Risiken oder optimale Lösungswege hinweist“, so Anders.

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Checkliste: Bereit für den „Beauty Contest“

Wie man bei Checkout-Projekten Anforderungskataloge erarbeitet und Ausschreibungsunterlagen erstellt: Tipps von Jochen Hampe, Geschäftsführer von Retailer-Consult, Kooperationspartner des EHI Retail Institute und langjährig erfahrener IT-Berater im Einzelhandel:

1. POS-Praxis einbinden: Kollegen ins Projektteam einbeziehen, die hinterher mit der Kasse arbeiten müssen, etwa ausgewählte Filialleiter und Kassier-Mitarbeiter.

2. Keine Wunschlisten aufmachen: Ein gut strukturierter Kick-off ist in der Lage, die groben Eckpunkte des zukünftigen Systems zu fixieren, die dann im Kern-Team zu einem ersten Draft eines Anforderungskatalogs ausgearbeitet werden können.

3. Relevanz feststellen: Bei der Diskussion relevanter Trends ist gemeinsam festzulegen, was davon für das eigene Unternehmen künftig relevant sein soll. Es sollte auch noch mal nach Aufwands-Wirkungsverhältnis abgeklopft werden, um sich nicht bei den Nice-to-haves zu verlieren.

4. Ein kleines, aber schlagkräftiges Kernteam bilden: Dieses entwickelt den Anforderungskatalog, der an alle relevanten Abteilungen geht, um dort modifiziert und dann final abgezeichnet zu werden. Wichtig ist zu wissen, WAS man will, aber möglichst offen zu bleiben beim WIE. Denn einerseits kennt keiner die Zukunft im Detail, andererseits verbaut man sich vielleicht die Option auf Best Practices bei Standardsystemen.

5. Scorecard einsetzen: Der Rücklauf mit den Antworten der Anbieter auf den Anforderungskatalog sollte nach einem Scorecardverfahren mit vorher intern abgestimmten Gewichtungsfaktoren durchgeführt werden, um die Shortlist-Anbieter mit dem besten Abdeckungsgrad identifizieren zu können.

6. Zum „Beauty Contest“ laden: Jeder Anbieter präsentiert nach einem exakt vorgegebenen Drehbuch vorab definierte Use-Cases direkt am System. Der interne Bewerterkreis – auch hier müssen unbedingt Kollegen von der Fläche eingebunden sein – vergibt parallel Noten, sodass nach drei bis vier Anbieter-Präsentationen en bloc der Gewinner feststeht (besser: die zwei Gewinner – dann verhandelt es sich leichter).

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