Die aktuelle Kriminalstatistik besagt, dass die Zahl der angezeigten einfachen Ladendiebstähle im Jahr 2012 mehr als 6 Prozent zurückgegangen ist. „Das stimmt zwar, doch haben sich die angezeigten schweren Ladendiebstähle in den letzten fünf Jahren verdoppelt“, rückt Frank Horst, Leiter des Forschungsbereichs „Inventurdifferenzen/Sicherheit“ im EHI Retail Institute die Entwicklung ins rechte Licht. Durch Inventurdifferenzen und Sicherheitsmaßnahmen entgehen dem Handel nach Ergebnissen der jüngsten EHI-Erhebung derzeit 1,3 Prozent seines Umsatzes. Bei Verursachern der großen Schäden handelt es sich nach Einschätzung deutscher Handelsunternehmen vor allem um Täter mit „professionellem“ Hintergrund oder Personen, die ihren Lebensunterhalt durch Straftaten bestreiten.
Der Ernst der Lage ist keineswegs übertrieben: „In Juweliergeschäften gab es im Jahr 2012 pro Woche rund 14 Taten und Versuche. Davon waren 7 Einbrüche, 4 Trick-/Diebstähle und 3 Raubüberfälle“, unterstreicht Martin Winckel, Inhaber der Martin Winckel Unternehmensberatung, und durch den Wegfall der EU-Grenzen wurde die Kriminalitätsrate nicht minder beeinflusst.
Beim EHI-Sicherheitskongress 2013 vermittelte der Sohn des Goldschmiedemeisters Klaus Winckel rund 120 Teilnehmern kurzerhand anhand von Straftat-Videosequenzen, mit welcher Brutalität und Schlagkraft Täter mittlerweile zu Werke gehen, um Ware zu erbeuten. Um dem Problem beizukommen, weitete Winckel den vom Vater gegründeten „Internationalen Juwelier-Warndienst“ auf die D/A/CH-Region aus. Informationen, die das Kriminal-Präventions-Netz mit gleichgelagerten Diensten für die Schmuckbranche in Frankreich, Großbritannien, in den Niederlanden und den USA austauscht, führten dazu, dass bereits mehr als 10.000 Taten und Tatversuche ausgewertet werden konnten. Per Videoaufzeichnung festgehaltene Bilder vom Tathergang liefern laut Winckel Hinweise zu Arbeitsweisen der Täter, die zur Wiedererkennung bei einer erneuten Tatvorbereitung führen können, und offenbaren auch Schwachstellen an Schaufenstern sowie Eingangstüren: „Oft sind mechanische Absicherungen von Geschäften noch unzureichend oder veraltet und elektronische Sicherungen falsch positioniert.“
Zu empfehlen sei definitiv, Sicherheitslaminatglas in Vitrinen und an Schaufensterrückseiten mit entsprechend stabilen Rahmen nachzurüsten, eine Eingangsschleuse statt einer Eingangstür einzubauen, sowie innen liegende Rollläden und Nebelgeräte zu installieren. Vorhandene Videoüberwachungstechnik muss aber auch identifizierbare Täterbilder liefern. „Der Internationale Juwelier-Warndienst testet fortlaufend neue Sicherheitslösungen und schult Mitarbeiter auch durch Sicherheits-Beratungen“, erläutert Winckel. Bei Investitionen in eine Alarm- beziehungsweise Einbruchmeldeanlage sollten Schmuckhändler zum Mitarbeiterschutz außerdem an Funkhandmelder denken.
„Funk-Steuereinheiten ermöglichen in Kombination mit Handsendern auch während eines Überfalls einen stillen Alarm an eine hilfeleistende Stelle abzusetzen“, ergänzt Horst Fuhrmann, Vertriebschef der Telenot Electronic GmbH. Der Befehl des Scharf- oder Unscharfschaltens wird per Funk mit einer Reichweite von bis zu 100 m übertragen. Ebenso sicher ist laut Fuhrmann aber auch: „Die Absicherung wird niemals statisch bleiben, sondern sich permanent weiterentwickeln.“
Künftig besteht die größte Gefahr durch besser geschützte Geschäfte für die sogenannten Schlüsselträger. Bei diesem „Tigerkidnapping“ liegt die Gefährdung nach Angaben von Winckel beim Öffnen sowie Verschließen der Geschäftsräume, auf Dienstwegen und im häuslichen Umfeld. In diesen Fällen können Funkhandmelder oder Handy-Apps die Sicherheit erhöhen.
Zum Beispiel lässt sich die „SOS-App“ der Protegon GmbH in einer Gefahrensituation mit einem Knopfdruck starten und signalisiert einer hinterlegten Sicherheitszentrale einen Notruf. Dank des Nutzerprofils sollen Sicherheitskräfte sofort wissen, von wem der Notruf stammt und was zu tun ist. Diese versuchen zunächst, sich mit dem Auslöser in Verbindung zu setzen, um einen Fehlalarm auszuschließen, und alarmieren dann je nach Gefahrenlage Polizei, Feuerwehr oder Notarzt. Darüber hinaus lässt sich auch ein „stiller Alarm“ auslösen. Zudem beinhaltet die App eine Fotofunktion. Dadurch macht das Smartphone in dem Moment, in dem der SOS-Button gedrückt wird, automatisch ein Foto mit der integrierten Kamera und übermittelt es zusammen mit dem Notruf an die Sicherheitszentrale. Sollte es bei einem gesendeten Notruf zu Abweichungen bezüglich der Ortung kommen, wird dies über die Trackingfunktion in den meisten Fällen ausgeglichen.
App-Grafik: Protegon GmbH
Videokamera-Foto: Martin Winckel Unternehmensberatung
Weitere Informationen: www.warndienst.com, www.telenot.com/de und www.protegon.eu