Angestoßen werden die Warendisposition sowie Transport- und Intralogistik-Prozesse vom Bedarf der Filialen. Die Prognosen der automatischen Filialdisposition sind somit wesentlicher Ausgangspunkt für die gesamte Logistikkette. „Das neue Lagerverwaltungssystem steuert die Prozesse in der Weise, dass bestellte Kommissionen erst dann zusammengestellt werden, wenn entsprechender Platz für die beladenen Kollis im Versand frei geworden ist. Dies erlaubt eine deutlich verbesserte Abwicklung trotz begrenzter Versandkapazität“, erklärt Kathrin Münzenberg, Leiterin der Prozessentwicklung. Mit dem vorhandenen, in die Jahre gekommenen Lagerverwaltungssystem „Dispos II“ wären so komplexe Prozesse wie ein innovatives Versandflächenmanagement nicht zu bewältigen gewesen. Auch die Anbindung eines automatischen Hochregallagers und moderner Fördertechnik sowie echte Online-Dialoge bei der beleglosen Kommissionierung und Staplersteuerung waren mit dem Batch-System nicht möglich.
Mit der Neuausrichtung sollten nicht nur Standards erfüllt, sondern durch innovative Logistikprozesse Wettbewerbsvorteile generiert werden. Mit dieser Zielsetzung begann im Jahr 2006 ein Projektteam mit der Erarbeitung eines Anforderungskatalogs für ein neues Lagerverwaltungssystem. In einem Auswahlverfahren fiel die Entscheidung auf das Dortmunder Systemhaus proLogistik und dessen Lagerund Materialfluss-Steuerungssystem „pLStore“. Bis Mitte 2008 erarbeiteten die Projektteams von Tegut und proLogistik ein detailliertes Pflichtenheft und einen ersten Inbetriebnahmeplan. Seit September 2008 wurde die neue Lösung stufenweise in die verschiedenen Lagerbereiche integriert. Während der Inbetriebnahme der einzelnen Module von „pL-Store“ wurden die Daten weiterhin von „Dispos II“ verarbeitet und erst nach und nach für einzelne Lagerbereiche von „pL-Store“ übernommen. Parallel zum neuen LVS wurde auch ein neues Tourenplanungssystem angeschafft und in Betrieb genommen.
Just-in-time
Beim neuen Versandflächenmanagement mit
„pL-Store“ werden die prognostizierten Soll-Ladehilfsmittel an das Tourenplanungssystem übergeben und je Tour eine Freigabe für die Kommissionierung und für die Suche einer optimalen Bereitstellungsfläche erteilt. Dabei ist jedes Ladehilfsmittel rückverfolgbar. Umplanungen von Touren können, falls notwendig, nach Bereitstellung der kommissionierten Ladehilfsmittel auf der Versandfläche vorgenommen werden. Die Kommunikation zwischen „pL-Store“ Versand und dem Tourenplanungssystem erfolgt per „MQseries“ und „SAP PI“.
Im Oktober 2009 konnte die Inbetriebnahme im Versandbereich Fulda abgeschlossen werden. Mithilfe des neuen Versandflächenmanagements konnte Tegut auf der begrenzten Fläche des Versandlagers bis zum Fünffachen des bisherigen Umschlags realisieren. Als nicht zu unterschätzenden Vorteil des neuen Versandmanagementsystems wird auch wahrgenommen, dass die Kommissionierungen erst kurz vor Tour-Beginn stattfinden und dabei jeweils die aktuellen Bestände berücksichtigt werden. Startet beispielsweise um 11 Uhr eine Tour, kann um 8.45 Uhr angelieferte und vereinnahmte Ware schon bei der Kommissionierung berücksichtigt werden.
Im Februar 2010 folgte die Inbetriebnahme des Versands im Logistikzentrum Seebergen, sodass Tegut und proLogistik im März 2010 mit der Realisierung der Software für die Kommissionierlager beginnen konnten. Als erstes Kommissionierlager unter „pL-Store“ wurde im Mai 2011 das Lager für Molkereiprodukte in Fulda in Betrieb genommen. Das Lager für Obst & Gemüse folgte im September 2011.
Homogene Systeme
Angestoßen werden die Prozesse im Lager durch die automatische Disposition in den Märkten, wobei je Sortiment eine Bestellung abgegeben wird. Vom zentralen Warenwirtschaftssystem „SAP Retail“ wird der Warenbedarf zeitnah an „pL-Store“ übergeben, welches sofort den Bedarf an Ladehilfsmittel errechnet und an das parallel arbeitende Tourenplanungssystem weitergibt. Dieses stellt die optimalen Touren zusammen und gibt die Daten an das Versandmanagement-
system in „pL-Store“ zurück. Erst wenn im Versand eine passende Fläche für die Tour frei ist, werden Bestandsverteilung und Kommissionierung freigegeben. Im Molkereiproduktelager kommissionieren die Lagerarbeiter sprachgeführt mit „pL-Voice“. Staplerfahrer erhalten ihre Transport- und Nachschubaufträge ebenfalls beleglos via Datenfunk auf ihre Bordcomputer übertragen. Sobald die Ware dann an ihrem vorgesehenen Platz angekommen ist, scannt der Mitarbeiter den Barcode des Platzes, sodass das LVS sicher weiß, dass die Ware am bestimmten Platz angekommen ist. Im nächsten Lagerbereich für das Trockensortiment soll neben den bereits bewährten Softwaremodulen auch die Anbindung eines automatischen Hochregallagers und diverse Fördertechnik an „pL-Store“ realisiert werden.
Der Austausch des LVS als „Logistik-Betriebssystem“ ist während des laufenden Betriebes in den ersten Lägern erfolgt. Während des Aufbaus einer homogenen Systemlandschaft entlang der Prozesse wurden alle Instanzen in einem Entwicklungs-, Qualitätssicherungs- und Produktivsystem installiert und mit dem vorhandenen System verknüpft.
Das neue Lagerverwaltungssystem „pLStore“ gilt als entscheidendes Element der neuen Gesamtstrategie, wobei das Flächenplanungssystem im Versand zum Ausgangspunkt der Lagerlogistik wurde. Nicht – wie sonst üblich – der Wareneingang, sondern der Warenausgang ist bei Tegut der Ansatzpunkt aller Betrachtungen, nach dem alle weiteren Funktionen auszurichten sind. Der Just-in-time-Kerngedanke soll sich auch in den kommenden Jahren noch durch die gesamte Beschaffungs-, Lager- und Lieferkette von Tegut ziehen und zu weiteren Prozessoptimierungen führen.