Wegbereiter der Selbstbedienung | stores+shops
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Einkaufswagenproduktion bei Wanzl in den 60-er Jahren: Vieles war noch Handarbeit

Wegbereiter der Selbstbedienung

Anfang Februar ist Rudolf Wanzl, Firmengründer der Wanzl Metallwarenfabrik in Leipheim, im Alter von 86 Jahren verstorben. Mit der Entwicklung und Vermarktung der ersten Einkaufswagen in Deutschland hatte Rudolf Wanzl entscheidenden Anteil am Durchbruch des Selbstbedienungsprinzips im Handel.

Mit dem „Pick up“ von 1949 fing alles an

Mit dem „Pick up“ von 1949 fing alles an

1947 startete Rudolf Wanzl mit 23 Jahren – nach Kriegsende und Vertreibung aus dem Sudetenland – gemeinsam mit seinem Vater einen Neuanfang. Beide eröffneten in Leipheim eine Werkstatt für Waagenbau und Reparaturdienste. Der Anstoß, sich zwei Jahre später dem Thema Selbstbedienung zu widmen, kam vom Kassenhersteller NCR in Augsburg. Rudolf Wanzl in einem EHI-Interview 1997: „NCR war aufgrund der Erfahrungen des amerikanischen Mutterhauses stark daran interessiert, das SB-Prinzip auch in Deutschland zu propagieren und durchzusetzen mit Zubehör für Selbstbedienungsläden. Im Gegensatz zu den bereits etablierten größeren drahtverarbeitenden Unternehmen waren mein Vater und ich damals bereit, die für den NCR-Demonstrationsraum benötigten Einkaufskörbe in handwerklicher Einzelfertigung zu bauen.“

Von den einfachen Drahtkörben mit festen Henkeln zu den Einkaufswagen mit Rollen war es nur noch ein kleiner Schritt. Den ersten Auftrag erhielt das Unternehmen 1949 von der Konsumgenossenschaft Produktion in Hamburg, die 40 Wagen (Modell „Pick up“) und 100 Handkörbe für die Eröffnung des ersten SB-Ladens im Nachkriegsdeutschland benötigte. Der Laden, gerade mal 276 qm groß und mit einem bescheidenen Angebot von 600 Artikeln ausgestattet, machte Rudolf Wanzl in der Branche bekannt. Lebensmittelkaufleute, die ihre Läden von „Tante Emma“ auf Selbstbedienung umstellten, orderten Einkaufskörbe in Leipheim.

Der Jungunternehmer, wie sein Vater Schlossermeister, war ein Tüftler und gab sich nie mit bestehenden Lösungen zufrieden. Anfang der 50er-Jahre reiste er in die USA und kam in Kontakt mit dem amerikanischen Geschäftsmann Sylvan N. Goldman, der 1937 den ersten Einkaufswagen für Supermärkte auf den Markt brachte. Doch auch die zwischenzeitlich verbesserte Variante des Ur-Modells war Rudolf Wanzl zu unhandlich Noch auf dem Rückflug nach Deutschland entwarf er ein eigenes, beweglicheres Modell, welches die Basis aller heutigen Einkaufswagen bildet.

SB-Start mit „Pick up“

Einkaufswagen „Concentra“ von 1951

Einkaufswagen „Concentra“ von 1951

Trotz aller Fortschritte kam die Selbstbedienung nur langsam in Schwung. 1950 gab es gerade einmal 20 SB-Läden in Deutschland, vier Jahre später waren es 200. Rudolf Wanzl: „Für uns war es ein Glück, dass es damals nur ganz bescheiden voranging, denn so konnten wir unsere Produktionskapazitäten leichter dem Bedarf anpassen“.

Der eigentliche Durchbruch für den stets vor Ideen sprühenden Unternehmer war der Großauftrag von Herbert Eklöh zur Ausstattung der „Rheinlandhalle“ 1956 in Köln. Für den Supermarkt mit der für damalige Verhältnisse unfassbaren Größe von 2.000 qm lieferte Wanzl rund 500 Einkaufswagen. Der „Großladen“, wie ihn Konsul Eklöh nannte, war so etwas wie die Initialzündung für die weitere Entwicklung. Binnen eines Jahres verdoppelte sich die Zahl der SB-Läden auf 1.400. 1956 stellen 74 Beschäftigte vorwiegend Einkaufskörbe, Einkaufswagen und Verkaufsgeräte her, mit denen erstmals mehr als 1 Mio. DM Umsatz erzielt wird. Zehn Jahre später, 1966, steigern 400 Mitarbeiter den Umsatz auf über 16 Mio. DM. Es folgen die Jahre der internationalen Expansion mit der Gründung von Niederlassungen im europäischen Ausland, später auch auf anderen Kontinenten.

Heute ist Wanzl ein international tätiges Unternehmen mit rund 3.500 Mitarbeitern an sieben Produktionsstandorten. Zu den Geschäfts- und Produktbereichen zählen längst nicht mehr nur Einkaufswagen, sondern auch andere SB-Geräte, Displays, Ladenbau, Zutrittskontrollen, Logistik und Industrie, Passanger Handling Services (z.B. Gepäckwagen auf Flughäfen) und Hotelservice. Rudolf Wanzl hat über sechs Jahrzehnte lang sein ganzes Engagement und seine Leidenschaft in den Auf- und Ausbau des Unternehmens investiert. Bis 1998 leitete er als Vorsitzender der Geschäftsführung die Unternehmensgruppe, die heute von seinem Sohn Gottfried Wanzl geleitet wird. Elf weitere Jahre stand der „Senior“ dem Verwaltungsrat vor, bevor er sich aus gesundheitlichen Gründen zurückzog. Das Lebenswerk von Rudolf Wanzl wurde unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse der Bundesrepublik Deutschland gewürdigt. Es sind aber nicht allein die herausragenden unternehmerischen Erfolge, die in Erinnerung bleiben werden. Rudolf Wanzl war Zeit seines Lebens ein bescheidener, in seinem Auftreten stets verbindlicher Mann mit einem hohen sozialen Verantwortungsgefühl und Engagement für kulturelle und gesellschaftliche Anliegen. 

Fotos (4): Wanzl Metallwarenfabrik

Wanzl Metallwarenfabrik: Meilensteine

Am 5. Mai 1947 eröffneten Rudolf Wanzl sen. und sein Sohn Rudolf eine Werkstätte für Waagenbau und Reparaturdienste in Leipheim. Nachfolgend die wichtigsten Stationen der Firmengeschichte.

1949: Der erste SB-Laden in Hamburg stellt seinen Kunden 20 Einkaufswagen des Modells „Pick-up“ und 40 Einkaufskörbchen von Wanzl bereit.

1950: Das erste Patent: der stapelbare Einkaufskorb mit klappbarem Bügel, in der Form bis heute kaum verändert.

1951: Der erste Einkaufswagen „Concentra“ mit festem Korb wird patentiert.

1956: 74 Beschäftigte stellen vorwiegend Einkaufskörbe, Einkaufswagen und Verkaufsgeräte her, mit denen erstmals mehr als 1 Mio. DM Umsatz erzielt wird.

1966: 400 Mitarbeiter steigern den Umsatz auf über 16 Mio. DM

1970-1985: Gründung von Niederlassungen in Holland, Österreich, Schweiz, England, Frankreich und Belgien.

1990: Das Werk IV in Leipheim, direkt an der Autobahn gelegen, wird in Betrieb genommen.

1991: Der Geschäftsbereich Ladenbau wird gegründet.

1991-1994: Gründung von Niederlassungen in Tschechien, Ungarn und Polen.

1997: Das Unternehmen Wanzl feiert 50-jähriges Jubiläum.

1998: Rudolf Wanzl sen. übernimmt den Vorsitz des Aufsichtsrats. Gottfried Wanzl wird Geschäftsführender Gesellschafter und Vorsitzender der Geschäftsleitung.

2000: Im Wanzl-Werk in Shanghai wird schwerpunktmäßig mit der Produktion von Einkaufswagen begonnen.

2002: Der Geschäftsbereich Logistik+Industrie erschließt neue Kundenkreise auch außerhalb des Handels.

2007: Erstmals werden über 2 Millionen Einkaufswagen produziert.

2009: Fertigstellung des neuen Verwaltungsgebäudes am Werk IV.

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