Gar nicht so einfach, in einer Modegesättigten Stadt wie Shanghai noch eine Überraschung zu bieten, mit der man Kunden in seinen Laden lockt. Vor diesem Problem stand auch das internationale Modeunternehmen Uniqlo. Gegründet wurde das 975 Filialen umfassende Unternehmen von seinem heutigen Präsidenten Tadashi Yanai, der Firmensitz ist in Tokio. Der im Mai 2010 eröffnete Flagship Store in Shanghai, zu dessen Eröffnung 75.000 Besucher kamen, ist bereits der siebte Uniqlo-Store in der chinesischen Metropole. Gelöst wurde das Problem, indem man das normalerweise statische Visual Merchandising dynamisch machte und sowohl horizontal als auch vertikal Bewegung in die Ensembles von Displayfiguren brachte.
Bühnentechnik
Der Auftrag, aus einem vormaligen Bürogebäude einen rasanten Store zu machen, ging an das
US-amerikanische Architekturbüro Bohlin Cywinski Jackson (BCJ) mit Sitz in Seattle. Das Eckgebäude in Dreiecksform bekam eine neue, bemerkenswerte Fassade. Das frühere Wirrwarr aus Fenstern, Ecken und Vorsprüngen verschwand hinter einer weich hinterleuchteten Fassadenhülle aus perforiertem Metall. Die Hinterleuchtung erfolgt mit Neonleuchten.
Für die Innenraumgestaltung bekamen BCJ die ziemlich allgemeine Vorgabe, den Verkaufsraum „lebendig und aktiv“ zu gestalten und die Besucher in die beiden Obergeschosse hineinzuziehen. Die Lösung lieferte das Theater. „Theater-Produktionen können den Raum über den Köpfen des Publikums nutzen“, sagt Robert A. Miller, Chef von BCJ. „Also haben wir in dem Uniqlo-Store eine tagtägliche Dauer-Inszenierung geschaffen, indem wir den Raum über den Köpfen der Besucher und über der Waren präsentation für bewegliche Mannequin-Installationen genutzt haben.“
Mit der Ausführung wurde das Unternehmen ZFX Flying Effects aus Louisville in Kentucky beauftragt, die auch ein europäisches Büro in den Niederlanden unterhalten. Die Spezialisten für bewegte Technik in luftiger Höhe hatten bis dahin noch nie für den Einzelhandel gearbeitet.
Im Erdgeschoss wurde ein von der Decke abgehängtes Figurenensemble mit horizontaler Bewegung installiert. Jede Displayfigur steht in einer transparenten Röhre aus Acrylglas, die in eine runde Schiene in der Decke eingehängt sind. Der Kreis, den die Schiene formt, hat einen Durchmesser von knapp 11 m. Daran bewegen sich die Figuren in der Röhre jeweils im Halbkreis unter der Decke entlang und schweben so über die Verkaufsfläche. Die Installation befindet sich in einer halbrunden Vorwölbung der Verkaufsfläche in der Nähe des Haupteingangs. Darunter befindet sich eine imposante Warenpräsentation mit vier verschiedenen Höhen, auf denen weitere Mannequins drapiert sind. Die gesamte Installation ist wie auf einer Bühne von außen durch die verglaste Front sichtbar. Computergesteuerte Strahler setzen sowohl die Mannequins als auch die Kunden ins Rampenlicht. „Die Strahler schwenken, rotieren, blinken, wechseln die Farbe und formieren sich zu Lichtbündeln“, erläutert die Lichtdesignerin Lauren MacLeod von Candela aus Seattle. „An den Schaufenstern drehen sie sich so, dass sie hinausleuchten und bunte Lichtstrahlen über das Pflaster tanzen.“
Doch die Hauptattraktion erwartet den Kunden im Inneren des Ladens: ein 20 m hohes Atrium, das sich durch fünf Etagen hindurchzieht, die drei Verkaufsetagen und die darüber liegenden zwei Verwaltungsetagen. Die durchsichtige Säule, die dieses Atrium umschließt, besteht aus einer Stahlrohrkonstruktion und Glaswänden, prismenartig und mit spitzen Winkeln, weshalb die Konstruktion auch „The Shard“, die Scherbe, genannt wird. In diesem Atrium bewegt sich ständig ein Ensemble von drei Display Mannequins in einem Theateraufzug auf und ab. Die Geschwindigkeit wird passend zur gespielten Musik programmiert – von langsamen einem Meter pro Sekunde bis zu „Fluggeschwindigkeit“. Am unteren Ende des Atriums ist ein einzelnes, bewegliches Hochleistungs-Leuchtensystem installiert. Auch die Leuchten sind mit der Musik synchronisiert und sorgen so für eine besondere Effektbeleuchtung der „fliegenden“ Mannequins.
Entlang dieses Atriums zieht sich ein weiteres Visual Merchandising-Highlight des Stores: eine kolossale „Shirt-Wand“, in der Shirts farblich sortiert vertikal aufsteigende Farblinien bilden, die über drei Etagen in die Höhe gehen. Überall im Store sind weitere Mannequin-Ensembles angeordnet. Die weißen Rückwände des Verkaufsraums verstärken den massiven Warendruck der bunten Sortimente.