Die Darüber-hinaus-Denker | stores+shops

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Princesse Tam Tam in Paris: Dessous-Präsentation ganz ohne Plüsch und Pomp

Die Darüber-hinaus-Denker

Innovationsfreudige Konzepte, die über den Rahmen des Üblichen hinausgehen, sind eine Spezialität der Amsterdamer Store Design-Agentur Uxus. Die beiden Gründer und Inhaber sind aus den USA bzw. aus England kommend in der Stadt der Grachten geblieben und sagen: 80 Prozent des Store Designs ist Visual Merchandising.

Was sind die „Metropolen” des Retail Design? Da fällt einem sicher als Erstes London ein, zurzeit ein richtiger „Design-Supermarkt“: Dort tauchen Einzelhändler auf, wenn sie das Gefühl haben, ihre Läden brauchen einen neuen Look, von dort reisen sie mit einer Lösung im Gepäck heim – und kehren zurück, wenn sie erneut das Gefühl haben, der Laden könnte mal wieder eine Auffrischung vertragen. Auch in Paris arbeitet eine Reihe führender Design-Beratungen, ebenso in den großen deutschen Städten, von denen jede zumindest eine renommierte Agentur beheimatet. Vielleicht auch Italien, das Mutterland des Designs, wohl aber eher mit Schwerpunkt Produktdesign.  

Daneben gibt es in Europa einige Außenposten guten Store Designs, aber selbst da fällt einem nicht auf Anhieb Amsterdam ein, ansonsten eine geschichtsträchtige Stadt mit viel Kultur. Doch man kann sich auch täuschen. 2003 hat dort ein Designer-Duo ein Studio eröffnet, das seitdem in der Welt des Retail Designs, der Markenführung und des Verpackungsdesigns gute Arbeit geleistet hat und sich weiter im Steigflug befindet. Uxus heißt die Agentur. Die beiden Inhaber sind englischsprachig, und der Name setzt sich zusammen aus U als Kürzel für You, multipliziert mit Us.

Funktionalität und Innovation sind unsere Leit-Kriterien.

George Gotti, Oliver Michell

Gründer und Inhaber, Uxus, Amsterdam

George Gotti, die eine Hälfte des kreativen Tandems, erzählt, dass er und sein Partner Oliver Michell sich in ihren Talenten gut ergänzten: „Oliver kommt von der Architektur und ich aus der Modebranche. Ich war bei Nike und habe für Nike in Holland gearbeitet. Danach hat mich Mandarina Duck als Kreativdirektor weltweit abgeworben.“ Auch Michell hat erstklassige Voraussetzungen: eine Ausbildung an der Londoner Bartlett School of Architecture und ein Praktikum im OMA, dem Office of Metropolitan Architecture des berühmten niederländischen Architekten Rem Kolhaas.  

„Wir hatten bei der Gründung bereits einen guten Ruf in der Branche“, erzählt George Gotti. „Die Arbeit, die wir für Nike und für Levis gemacht hatten, war bekannt, und wir hatten vom Start weg Kunden. Wir hatten auch einen Klienten, der in uns investierte. Wir waren gut darin, neue Ideen zu entwickeln. Funktionalität und Innovation sind unsere Leit-Kriterien.“

Tiefeninterviews

Oilily-Flagship Store in New York: Starke Fassade, starkes Visual Merchandising

Oilily-Flagship Store in New York: Starke Fassade, starkes Visual Merchandising

Die Art und Weise, wie die beiden arbeiten, bezeichnet Gotti als „das Destillieren der Essenz einer Einzelhandels-Marke“ mithilfe von „Tiefeninterviews“. Oliver Michell erläutert: „Es geht darum, den wichtigsten Stakeholdern die richtigen Fragen zu stellen. Man muss gut verstanden haben, wohin der Auftraggeber gehen möchte. Der Auftraggeber kennt seine Marke am besten, und es ist wichtig zu verstehen, wie er dahin gekommen ist, wo er ist.“ Es gehe um das Finden einer „eleganten Lösung“, so Michell. Laut Gotti kam der Durchbruch für Uxus, als Levis der noch jungen Agentur die Möglichkeit bot, einen Shop-in-Shop in dem fashionablen Dover Street Market in London zu kreieren. Dover Street Market befindet sich im feinen Stadtteil Mayfair und präsentiert Design-Einzelstücke und Designer-Modekollektionen. Der Store ist eine Schöpfung der Japanerin Rei Kawakubo, der Gründerin und Chefdesignerin des Modehauses Comme des Garçons. Eine Designagentur, die es schafft, in diesen „Olymp“ vorzudringen, muss sich um weitere potente Auftraggeber keine Sorgen machen.  

Der nächste war dann Oilily, niederländische Marke für Kinderund Damenmode mit eigenen Handelsgeschäften, die Uxus damit beauftragte, das Design für neue Stores zu entwerfen. Es verwundert nicht, wenn Gotti, der als Kreativdirektor für Nikes Bekleidungssparte verantwortlich war, auch in Hinblick auf die Arbeit für Oilily sagt: „80 Prozent des Store Design ist Visual Merchandising.“

H&M Home in Stockholm: Kärtchen statt Produkte im Regal

H&M Home in Stockholm: Kärtchen statt Produkte im Regal

Sozusagen den Ritterschlag des Store Designs erhielt Uxus durch die Arbeit für den Klienten H&M, die vor gut zwei Jahren begann. Zu diesem Zeitpunkt war Uxus bereits eine etablierte Agentur in Büroräumen an der Amsterdamer Kaisergracht mit schönem Ausblick und Reihen schicker Apple-Computer auf bewusst schlichten Arbeitstischen. Gotti erzählt: „H&M ist ein toller Kunde, sehr kooperativ. Sie haben eine sehr flache Hierarchie, Entscheidungen können schnell und einfach getroffen werden. Man hat nicht das Gefühl, mit einem Konzern zu arbeiten.“

Die Arbeit von Uxus für H&M kann man sich unter anderem anschauen in dem Store am Amsterdamer Dam-Platz, gleich bei Uxus um die Ecke, und in den Stores in London am Oxford Circus und an der Oxford Street. Die Zusammenarbeit mit H&M begann 2009, als Uxus den Auftrag bekam, Visual Merchandising-Entwürfe für das neue H&M-Home-Format mit Wohn- und Haushalts-Accessoires zu machen. Da hingen dann Attrappen französischer Betten von der Decke, da gab es ganz minimalistische Warenpräsenter, die vor einfarbiger Rückwand nur die bunte Ware sprechen ließen. Irgendwie erinnerte das Ganze mehr an moderne Kunst als an Warenpräsentation. Das war wohl der Grund, weshalb Teile davon als Dekoration in die H&M-Zentrale in Stockholm wanderten.

Weiß und minimalistisch: H&M Home

Weiß und minimalistisch: H&M Home

In ausgewählten H&M-Stores in ganz Europa entstanden Wohnaccessoires- Abteilungen, die in diesem minimalistischen Design eingerichtet waren, zum Beispiel in Form von weißen Mittelraum-Podesten und an den Wänden gespannten Drahtseilen, an denen die Ware aufgehängt ist. Das Besondere ist ein Karten-System: Wenn die Kunden ein bestimmtes auf der Fläche dekoriertes Produkt kaufen wollen, dann nehmen sie sich eine Karte, auf der das Produkt abgebildet ist und gehen damit zur Kasse, wo sie das Produkt dann ausgehändigt bekommen. Der Vorteil: Die Fläche kann voll für ein attraktives Visual Merchandising genutzt werden anstatt für die Bevorratung der Ware. Ein i-Tüpfelchen des Store Designs ist die Gestaltung der Sortimentsbeschilderung, die an den Stil von Agitprop-Plakaten erinnert.  

Uxus hat auch zahlreiche „Gastro-Projekte“ realisiert, wie Gotti sich ausdrückt. Das reicht von der Kantine der europäischen Nike-Zentrale im niederländischen Hilversum bis zu einem neuen Konzept für die Kinderspielecke bei McDonald’s. „Gastronomie erwächst aus dem Einzelhandel und umgekehrt genauso“, sagt Gotti und gerät ins Schwärmen – zum Beispiel über die Vorstellung eines Cafés für Anthropologie oder ein Urban Outfitter-Hotel. Obwohl soetwas zumindest zurzeit nicht sehr wahrscheinlich ist, zeigt es doch, dass Gotti und Michell stets bereit sind, über die Zwänge und Einschränkungen des normalen Store Designs hinauszudenken.

Oilily New York: alte Stühle als Warenpräsenter

Oilily New York: alte Stühle als Warenpräsenter

Eine andere sehenswerte Arbeit von Uxus ist das neue Konzept für die französische Wäsche-Marke Princesse Tam Tam in Paris. Zurzeit entwickelt wird ein neues Design für den Shop des Londoner Tate Museums, das Projekt soll 2012 realisiert werden. Gotti zeigt sich optimistisch, wenn er über die Zukunftsaussichten der Design-Agentur spricht: „Wir sind noch nicht einmal zehn Jahre alt und haben schon eine Wirtschaftskrise überstanden. Als nächsten Schritt können wir uns die Eröffnung einer Niederlassung vorstellen. Im Moment kommt eine Riesenmenge Arbeit aus den USA“, so Gotti, „aber auch in Europa sieht es wieder besser aus, gerade in den letzten drei bis vier Monaten hatten wir viele Anfragen. Im Übrigen reisen wir viel. Je mehr wir sehen, desto besser wissen wir Bescheid.“  

Uxus hat außer den beiden Gründern keine weiteren Gesellschafter und ist laut Gotti schuldenfrei. Gotti spricht von 25 Prozent Umsatzplus in 2010 und hält diesen Wert auch in 2011 für möglich. Der Erfolg von Uxus macht deutlich, dass wenn eine Agentur über genug Talent und Kreativität verfügt, eine eher abseitige Lage überhaupt kein Problem darstellt. Wenn also einmal wieder ein europäisches Handelsunternehmen das Gefühl hat, ein neues Store Design zu benötigen, dann muss es dafür nicht unbedingt über die Nordsee nach England setzen.  

Weitere Informationen: www.uxusdesign.com

Fotos (5): Uxus

Uxus


Adresse: Uxus, Keizergracht 174, 1016 DW Amsterdam, Niederlande

Gegründet: 2003

Mitarbeiter: 22

Geschäftsfelder: Retail Store Design, Architektur, Retail Marketing, Strategieberatung, Trend- und Marktanalysen

Kunden historisch und aktuell (Auswahl): Nokia, Levis, Sephora, H&M, Heinneken, Dover Street Market, Tate Modern Gallery London, Oilily, Miffy, K-Swiss, Banana Republic

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