Wandern hat als Freizeitbeschäftigung einen hohen Stellenwert in Deutschland. 3,6 Mrd. Kilometer werden hier jedes Jahr abgelaufen. Dabei geht es weniger ums sportliche Auspowern als vielmehr um Auszeiten vom Alltag, um Naturnähe und Naturerleben. Auf diesen Erkenntnissen basiert das neue Projekt der Kaufhof-Tochter Sportarena. Sie startet eine neue Vertriebslinie mit eigenen Stores unter der Bezeichnung „Wanderzeit“. Der erste Store wurde Mitte Februar in der Neusser Fußgängerzone (Niederstraße 26) eröffnet, der zweite eine Woche später im Elbe Einkaufszentrum in Hamburg. In Kürze sollen ein oder zwei Stores in Süddeutschland eröffnet werden – und nach einer angemessenen Erfahrungszeit und eingehenden Analysen wird dann zum Jahreswechsel 2011/12 über Ausmaß und Geschwindigkeit des Rollouts von Wanderzeit beschlossen.
Bei Wanderzeit geht es nicht um High-End-Produkte, sondern um eine angemessene Ausstattung für entspanntes Wandern.
Gerhard WegertsederRund 500 qm soll ein Wanderzeit-Store schon haben, erklärt Gerhard Wegertseder, Sprecher der Geschäftsführung der Sportarena GmbH, die derzeit 13 Sporthäuser in Deutschland betreibt. Angelegt ist das Wanderzeit-Konzept als Multi-Marken- Stores mit Fachhandelscharakter. Dazu gehört ein Verkaufskonzept mit Personal (ca. 10 Personen) und Beratung. Bekleidung macht rund zwei Drittel des Sortiments aus, das weitere Drittel setzt sich zusammen aus Schuhen und Accessoires vom Rucksack über die Trinkflasche bis hin zu GPS-Geräten. Die Zielgruppe: Menschen mit einer Affinität zur Natur. Die Haupt-Zielgruppe stellen Menschen ab 45 Jahren dar. Dies, so Wegertseder, sei auch unter Beachtung der demografischen Entwicklung in Deutschland wichtig. Die Gruppe „45 plus“ habe Zukunft und verbinde sozusagen die jüngere und die ältere Generation. Konzipiert wurde ein Store mit Atmosphäre. Antje Tiedemann, Leiterin Einrichtung und Visual Merchandising bei Sportarena, hat das Layout so angelegt, dass es Assoziationen mit einer Wanderkarte auslösen (soll). Kunde und Kundin folgen sozusagen einem simulierten Wanderpfad. Die zwei Prinzipien der Einrichtung: Emotion und Einfachheit; keine technischen Angaben zu den Produkten (z.B. keine Wassersäulen-Information neben Anoraks), dafür modische Anmutung. Das Verkaufspersonal soll die Kunden auf erlebbare statt auf technische Produktvorteile hinweisen. Schließlich geht es, so Gerhard Wegertseder, nicht um die Vorbereitung zu einer Bergbesteigung, sondern um Entspannung in der Natur.
Die 45-plus-Kunden sind Marken-affin. Neben der Eigenmarke Unlicensed decken Jack Wolfskin, Schöffel, The North Face und Salewa den klassischen Ausrüstungsbedarf der Wanderer mit wetterfesten Funktionsjacken, Fleece-Pullovern, Softshells, Hosen, Shirts, Hemden und Blusen ab. Durchaus originelle Elemente finden sich in der Einrichtung. Die Trennwände der Umkleidekabinen sind aus Acrylglas, in das natürliche Elemente, zum Beispiel Zweige, eingelassen sind. Die Wände sind blickdicht. Ein Holzblock dient als Sitzgelegenheit, der Vorhang ist aus Leder.
Die Trennwände der Umkleidekabinen stammen nicht aus dem Ladenbau, sondern aus dem Sanitärhandel. „Aus diesem Material können Sie auch Duschkabinen bekommen“, erklärt Wegertseder. Es sei das Ziel gewesen, ein inspirierendes Interieur zu bezahlbaren Preisen zu schaffen. Die Ausstattungskosten liegen bei rund 500 Euro pro Quadratmeter. Dies gehe, so Wegertseder, nur, wenn neue Wege beschritten werden. Das Holz, das in der Dekoration verwendet wird, stellt eine gute Resteverwertung für die Holzindustrie dar – und ist dementsprechend preiswert.
Antje Tiedemann hatte als Ziel formuliert, eine „naturverbundene und freizeitbezogene Wohlfühl-Atmosphäre zu schaffen. Die Hölzer sind deshalb allesamt echt – auch der Fußboden sieht nicht nur aus wie Holz. Der Boden des Neusser Stores wurde von HOS Holzwerkstätte Schüller aus Tönisvorst realisiert. Auch dies ein Prinzip des Konzepts Wanderzeit: Ladenbau mit Unternehmen aus der Region. Ein Ambiente forcierter Sport-Authentizität gehört nicht zum Wanderzeit-Konzept. 80-90 Prozent der Menschen, die wandern, tun dies aus Entspannungsgründen. Sie wollen „draußen“ sein, aber sie suchen nicht die sportliche Herausforderung, weiß Wegertseder. Deshalb spricht das Sortiment in erster Linie die Sprache der Mode. Sport-Accessoires sind die Nordic-Walking-Stöcke, die auch zum entspannten Wandern gehören. Ansonsten sieht Wegertseder sogar das Gassigehen mit dem Hund als Anlass, sich mit einer Mischung aus Mode und Funktionalität zu kleiden. Vogelstimmen-CDs bieten im Store die angemessene akustische Untermalung für den Einkauf. Die Entscheidung für den Start in Neuss fiel mit der richtigen Immobilie in der richtigen Lage. „Wir haben nicht gesagt, wir wollen in dieser oder jener Stadt starten“, so Gerhard Wegertseder. „Wir haben uns umgeschaut und sind in Neuss fündig geworden. Die Stadt ist interessant und hat ein gutes Einzugsgebiet. Es wird klappen“, meint er.
Weiterführende Informationen: www.sportarena.de